aber, blieb unbegreiflich, solange noch keine Klarheit über das Wesen der Verbrennung und das Wesen des Hochofenprozesses bestand. Indem man die Wirkung des heissen Windes zu erklären suchte, wurde man zum Verständnis der Bedeutung der Verbrennungstemperatur, des pyrometrischen Wärmeeffektes und damit zu dem des Hoch- ofenprozesses hingeführt.
Berthier hatte bereits angenommen, dass die Wirkung der er- hitzten Gebläseluft weder in der grösseren Ausflussgeschwindigkeit des Windes, wie manche behaupteten, noch in der Temperaturerhöhung der Luft an und für sich zu suchen sei, sondern in dem Verbrennungs- prozess. Er nahm an, dass der Sauerstoff durch die Erwärmung in einen Zustand versetzt werde, in dem er sich rascher verbinde, so dass die Verbrennung eine intensivere werde. Diese Annahme Ber- thiers war wohl richtig, da sie aber nicht erwiesen war, blieb sie mehr eine Ahnung als eine Erklärung.
Dufrenoy versuchte die Wirkung des erhitzten Windes aus einer höheren Temperatur im Hochofen herzuleiten. Das Vorhanden- sein dieser höheren Temperatur erweise sich aus den Erscheinungen. Woher sie komme, lasse sich bis jetzt nicht erklären. Teilweise rühre sie daher, dass die kalte Luft, welche durch den Ofen gejagt werde, eine grosse Abkühlung bewirke, welche durch die vorherige Erwärmung der Luft sehr vermindert werde. Die Luftmenge, welche mittels des Gebläses durch einen Hochofen getrieben wird, ist aller- dings eine sehr grosse, nicht nur dem Volum, sondern auch dem Ge- wicht nach. Sie betrug bei einem schottischen Hochofen damals 2800 Kbfss. in der Minute, oder nahezu 125 kg. Die Luftmenge, die in 24 Stunden den Ofen durchströmte, berechnete sich danach auf etwa 180 Tonnen. Verglich man diese Luftmenge mit den festen Substanzen, welche durch die Gicht in den Ofen gelangten und welche nur 44 Tonnen betrugen, so erkannte man, welche Wärmemenge dem Hochofen dadurch entführt wurde, dass diese grosse Luftmenge von einer mittleren Temperatur von 10° beim Eintritt auf die Temperatur von 332° beim Austritt erhitzt werden musste.
Diese Wärmeentziehung ist bei dem erhitzten Winde um so geringer, je mehr sich der Grad der Erhitzung beim Eintritt schon der letztgenannten Grösse nähert. Dazu kam noch, dass das wirkliche Luftquantum bei heissem Winde unter gleichen Umständen kleiner war, und zwar sollte dieses Verhältnis bei den schottischen Öfen sich wie 2100 zu 2800 Kbfss. verhalten und dem entsprechend weniger Luft zu erhitzen sein. Dass diese Erklärung aber nicht genügte, die
Die Wirkung des heiſsen Windes.
aber, blieb unbegreiflich, solange noch keine Klarheit über das Wesen der Verbrennung und das Wesen des Hochofenprozesses bestand. Indem man die Wirkung des heiſsen Windes zu erklären suchte, wurde man zum Verständnis der Bedeutung der Verbrennungstemperatur, des pyrometrischen Wärmeeffektes und damit zu dem des Hoch- ofenprozesses hingeführt.
Berthier hatte bereits angenommen, daſs die Wirkung der er- hitzten Gebläseluft weder in der gröſseren Ausfluſsgeschwindigkeit des Windes, wie manche behaupteten, noch in der Temperaturerhöhung der Luft an und für sich zu suchen sei, sondern in dem Verbrennungs- prozeſs. Er nahm an, daſs der Sauerstoff durch die Erwärmung in einen Zustand versetzt werde, in dem er sich rascher verbinde, so daſs die Verbrennung eine intensivere werde. Diese Annahme Ber- thiers war wohl richtig, da sie aber nicht erwiesen war, blieb sie mehr eine Ahnung als eine Erklärung.
Dufrénoy versuchte die Wirkung des erhitzten Windes aus einer höheren Temperatur im Hochofen herzuleiten. Das Vorhanden- sein dieser höheren Temperatur erweise sich aus den Erscheinungen. Woher sie komme, lasse sich bis jetzt nicht erklären. Teilweise rühre sie daher, daſs die kalte Luft, welche durch den Ofen gejagt werde, eine groſse Abkühlung bewirke, welche durch die vorherige Erwärmung der Luft sehr vermindert werde. Die Luftmenge, welche mittels des Gebläses durch einen Hochofen getrieben wird, ist aller- dings eine sehr groſse, nicht nur dem Volum, sondern auch dem Ge- wicht nach. Sie betrug bei einem schottischen Hochofen damals 2800 Kbfſs. in der Minute, oder nahezu 125 kg. Die Luftmenge, die in 24 Stunden den Ofen durchströmte, berechnete sich danach auf etwa 180 Tonnen. Verglich man diese Luftmenge mit den festen Substanzen, welche durch die Gicht in den Ofen gelangten und welche nur 44 Tonnen betrugen, so erkannte man, welche Wärmemenge dem Hochofen dadurch entführt wurde, daſs diese groſse Luftmenge von einer mittleren Temperatur von 10° beim Eintritt auf die Temperatur von 332° beim Austritt erhitzt werden muſste.
Diese Wärmeentziehung ist bei dem erhitzten Winde um so geringer, je mehr sich der Grad der Erhitzung beim Eintritt schon der letztgenannten Gröſse nähert. Dazu kam noch, daſs das wirkliche Luftquantum bei heiſsem Winde unter gleichen Umständen kleiner war, und zwar sollte dieses Verhältnis bei den schottischen Öfen sich wie 2100 zu 2800 Kbfſs. verhalten und dem entsprechend weniger Luft zu erhitzen sein. Daſs diese Erklärung aber nicht genügte, die
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Die Wirkung des heiſsen Windes.
aber, blieb unbegreiflich, solange noch keine Klarheit über das Wesen
der Verbrennung und das Wesen des Hochofenprozesses bestand. Indem
man die Wirkung des heiſsen Windes zu erklären suchte, wurde man
zum Verständnis der Bedeutung der Verbrennungstemperatur, des
pyrometrischen Wärmeeffektes und damit zu dem des Hoch-
ofenprozesses hingeführt.
Berthier hatte bereits angenommen, daſs die Wirkung der er-
hitzten Gebläseluft weder in der gröſseren Ausfluſsgeschwindigkeit des
Windes, wie manche behaupteten, noch in der Temperaturerhöhung
der Luft an und für sich zu suchen sei, sondern in dem Verbrennungs-
prozeſs. Er nahm an, daſs der Sauerstoff durch die Erwärmung in
einen Zustand versetzt werde, in dem er sich rascher verbinde, so
daſs die Verbrennung eine intensivere werde. Diese Annahme Ber-
thiers war wohl richtig, da sie aber nicht erwiesen war, blieb sie
mehr eine Ahnung als eine Erklärung.
Dufrénoy versuchte die Wirkung des erhitzten Windes aus
einer höheren Temperatur im Hochofen herzuleiten. Das Vorhanden-
sein dieser höheren Temperatur erweise sich aus den Erscheinungen.
Woher sie komme, lasse sich bis jetzt nicht erklären. Teilweise
rühre sie daher, daſs die kalte Luft, welche durch den Ofen gejagt
werde, eine groſse Abkühlung bewirke, welche durch die vorherige
Erwärmung der Luft sehr vermindert werde. Die Luftmenge, welche
mittels des Gebläses durch einen Hochofen getrieben wird, ist aller-
dings eine sehr groſse, nicht nur dem Volum, sondern auch dem Ge-
wicht nach. Sie betrug bei einem schottischen Hochofen damals
2800 Kbfſs. in der Minute, oder nahezu 125 kg. Die Luftmenge, die in
24 Stunden den Ofen durchströmte, berechnete sich danach auf etwa
180 Tonnen. Verglich man diese Luftmenge mit den festen Substanzen,
welche durch die Gicht in den Ofen gelangten und welche nur
44 Tonnen betrugen, so erkannte man, welche Wärmemenge dem
Hochofen dadurch entführt wurde, daſs diese groſse Luftmenge von
einer mittleren Temperatur von 10° beim Eintritt auf die Temperatur
von 332° beim Austritt erhitzt werden muſste.
Diese Wärmeentziehung ist bei dem erhitzten Winde um so
geringer, je mehr sich der Grad der Erhitzung beim Eintritt schon
der letztgenannten Gröſse nähert. Dazu kam noch, daſs das wirkliche
Luftquantum bei heiſsem Winde unter gleichen Umständen kleiner
war, und zwar sollte dieses Verhältnis bei den schottischen Öfen sich
wie 2100 zu 2800 Kbfſs. verhalten und dem entsprechend weniger
Luft zu erhitzen sein. Daſs diese Erklärung aber nicht genügte, die
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/448>, abgerufen am 22.11.2024.
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