Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Eisengiesserei 1831 bis 1850.
Unterbrechung giessen. Der auf 204° C. erhitzte Wind trat aus einer
ringförmigen Windkammer durch sechs Öffnungen, 0,381 m über dem
Herde, ein 1).

Bei Anwendung von Kolbengebläsen war 0,03 m Quecksilber eine
mittlere Pressung; bei den grossen Öfen in Seraing blies man mit
4 bis 5 Zoll (ca. 0,12 m) Quecksilber. Bei starkem Druck wurde das
Roheisen im Kupolofen immer etwas gefrischt, namentlich bei engen
Düsen. Wendete man Ventilatoren an, so nahm man weitere Düsen,
meist von 0,08 bis 0,15 m Durchmesser. Eine andere Neuerung bei
den Kupolöfen bestand darin, dass man sie, wie die Hochöfen, mit
einem Vorherde versah, aus dem man das Eisen mit Kellen schöpfen
konnte. Beim Anblasen wurde der Vorherd mit Holzkohlen gefüllt
und mit einer Platte bedeckt.

In Belgien bediente man sich in kleinen Giessereien eines eigen-
tümlichen Schmelzofens. Es war dies der Pfannenofen oder Cale-
basse
2), der mit den entsprechenden von Reaumur und noch
früher von Biringuccio beschriebenen Schmelzvorrichtungen grosse
Ähnlichkeit hatte. Derselbe war entweder transportabel oder fest-
stehend. Die transportabeln Calebassen wur-
den von hausierenden Schmelzern benutzt,
die von Ort zu Ort wanderten, um kleine
Gegenstände, wie Gewichte, Roststäbe, Schrot
zum Schiessen u. s. w. herzustellen. Auch
zum Guss kleiner Gegenstände, wie Licht-
putzen, Scheren, Messer, welche adouciert
wurden, wendete man häufig diese Pfannen-
öfen an. Sie waren sehr ungleich in der
Grösse. Es gab solche, in denen man nur
einige Kilogramm, andere, in denen man bis
zu 500 kg schmelzen konnte. Als Brenn-
material dienten Koks oder rohe Steinkohlen.

Fig. 178 ist die Abbildung eines solchen
feststehenden Pfannenofens, wie er noch 1850
in Brüssel betrieben wurde. Er bestand aus
dem Tiegel (calebasse) und dem Feuerturm
(tour de feu), beide waren aus starkem Eisen-
blech verfertigt und so an eine Mauer an-

[Abbildung] Fig. 178.

1) Monit. industriel 1846, Nr. 1046; Berg- u. hüttenm. Ztg. 1846, S. 1013.
2) Siehe Valerius, Roheisenfabrikation, S. 604.

Die Eisengieſserei 1831 bis 1850.
Unterbrechung gieſsen. Der auf 204° C. erhitzte Wind trat aus einer
ringförmigen Windkammer durch sechs Öffnungen, 0,381 m über dem
Herde, ein 1).

Bei Anwendung von Kolbengebläsen war 0,03 m Quecksilber eine
mittlere Pressung; bei den groſsen Öfen in Seraing blies man mit
4 bis 5 Zoll (ca. 0,12 m) Quecksilber. Bei starkem Druck wurde das
Roheisen im Kupolofen immer etwas gefrischt, namentlich bei engen
Düsen. Wendete man Ventilatoren an, so nahm man weitere Düsen,
meist von 0,08 bis 0,15 m Durchmesser. Eine andere Neuerung bei
den Kupolöfen bestand darin, daſs man sie, wie die Hochöfen, mit
einem Vorherde versah, aus dem man das Eisen mit Kellen schöpfen
konnte. Beim Anblasen wurde der Vorherd mit Holzkohlen gefüllt
und mit einer Platte bedeckt.

In Belgien bediente man sich in kleinen Gieſsereien eines eigen-
tümlichen Schmelzofens. Es war dies der Pfannenofen oder Cale-
basse
2), der mit den entsprechenden von Reaumur und noch
früher von Biringuccio beschriebenen Schmelzvorrichtungen groſse
Ähnlichkeit hatte. Derselbe war entweder transportabel oder fest-
stehend. Die transportabeln Calebassen wur-
den von hausierenden Schmelzern benutzt,
die von Ort zu Ort wanderten, um kleine
Gegenstände, wie Gewichte, Roststäbe, Schrot
zum Schieſsen u. s. w. herzustellen. Auch
zum Guſs kleiner Gegenstände, wie Licht-
putzen, Scheren, Messer, welche adouciert
wurden, wendete man häufig diese Pfannen-
öfen an. Sie waren sehr ungleich in der
Gröſse. Es gab solche, in denen man nur
einige Kilogramm, andere, in denen man bis
zu 500 kg schmelzen konnte. Als Brenn-
material dienten Koks oder rohe Steinkohlen.

Fig. 178 ist die Abbildung eines solchen
feststehenden Pfannenofens, wie er noch 1850
in Brüssel betrieben wurde. Er bestand aus
dem Tiegel (calebasse) und dem Feuerturm
(tour de feu), beide waren aus starkem Eisen-
blech verfertigt und so an eine Mauer an-

[Abbildung] Fig. 178.

1) Monit. industriel 1846, Nr. 1046; Berg- u. hüttenm. Ztg. 1846, S. 1013.
2) Siehe Valerius, Roheisenfabrikation, S. 604.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0549" n="533"/><fw place="top" type="header">Die Eisengie&#x017F;serei 1831 bis 1850.</fw><lb/>
Unterbrechung gie&#x017F;sen. Der auf 204° C. erhitzte Wind trat aus einer<lb/>
ringförmigen Windkammer durch sechs Öffnungen, 0,381 m über dem<lb/>
Herde, ein <note place="foot" n="1)">Monit. industriel 1846, Nr. 1046; Berg- u. hüttenm. Ztg. 1846, S. 1013.</note>.</p><lb/>
            <p>Bei Anwendung von Kolbengebläsen war 0,03 m Quecksilber eine<lb/>
mittlere Pressung; bei den gro&#x017F;sen Öfen in Seraing blies man mit<lb/>
4 bis 5 Zoll (ca. 0,12 m) Quecksilber. Bei starkem Druck wurde das<lb/>
Roheisen im Kupolofen immer etwas gefrischt, namentlich bei engen<lb/>
Düsen. Wendete man Ventilatoren an, so nahm man weitere Düsen,<lb/>
meist von 0,08 bis 0,15 m Durchmesser. Eine andere Neuerung bei<lb/>
den Kupolöfen bestand darin, da&#x017F;s man sie, wie die Hochöfen, mit<lb/>
einem Vorherde versah, aus dem man das Eisen mit Kellen schöpfen<lb/>
konnte. Beim Anblasen wurde der Vorherd mit Holzkohlen gefüllt<lb/>
und mit einer Platte bedeckt.</p><lb/>
            <p>In Belgien bediente man sich in kleinen Gie&#x017F;sereien eines eigen-<lb/>
tümlichen Schmelzofens. Es war dies der <hi rendition="#g">Pfannenofen</hi> oder <hi rendition="#g">Cale-<lb/>
basse</hi> <note place="foot" n="2)">Siehe <hi rendition="#g">Valerius</hi>, Roheisenfabrikation, S. 604.</note>, der mit den entsprechenden von <hi rendition="#g">Reaumur</hi> und noch<lb/>
früher von <hi rendition="#g">Biringuccio</hi> beschriebenen Schmelzvorrichtungen gro&#x017F;se<lb/>
Ähnlichkeit hatte. Derselbe war entweder transportabel oder fest-<lb/>
stehend. Die transportabeln Calebassen wur-<lb/>
den von hausierenden Schmelzern benutzt,<lb/>
die von Ort zu Ort wanderten, um kleine<lb/>
Gegenstände, wie Gewichte, Roststäbe, Schrot<lb/>
zum Schie&#x017F;sen u. s. w. herzustellen. Auch<lb/>
zum Gu&#x017F;s kleiner Gegenstände, wie Licht-<lb/>
putzen, Scheren, Messer, welche adouciert<lb/>
wurden, wendete man häufig diese Pfannen-<lb/>
öfen an. Sie waren sehr ungleich in der<lb/>
Grö&#x017F;se. Es gab solche, in denen man nur<lb/>
einige Kilogramm, andere, in denen man bis<lb/>
zu 500 kg schmelzen konnte. Als Brenn-<lb/>
material dienten Koks oder rohe Steinkohlen.</p><lb/>
            <p>Fig. 178 ist die Abbildung eines solchen<lb/>
feststehenden Pfannenofens, wie er noch 1850<lb/>
in Brüssel betrieben wurde. Er bestand aus<lb/>
dem Tiegel (calebasse) und dem Feuerturm<lb/>
(tour de feu), beide waren aus starkem Eisen-<lb/>
blech verfertigt und so an eine Mauer an-<lb/><figure><head>Fig. 178.</head></figure><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[533/0549] Die Eisengieſserei 1831 bis 1850. Unterbrechung gieſsen. Der auf 204° C. erhitzte Wind trat aus einer ringförmigen Windkammer durch sechs Öffnungen, 0,381 m über dem Herde, ein 1). Bei Anwendung von Kolbengebläsen war 0,03 m Quecksilber eine mittlere Pressung; bei den groſsen Öfen in Seraing blies man mit 4 bis 5 Zoll (ca. 0,12 m) Quecksilber. Bei starkem Druck wurde das Roheisen im Kupolofen immer etwas gefrischt, namentlich bei engen Düsen. Wendete man Ventilatoren an, so nahm man weitere Düsen, meist von 0,08 bis 0,15 m Durchmesser. Eine andere Neuerung bei den Kupolöfen bestand darin, daſs man sie, wie die Hochöfen, mit einem Vorherde versah, aus dem man das Eisen mit Kellen schöpfen konnte. Beim Anblasen wurde der Vorherd mit Holzkohlen gefüllt und mit einer Platte bedeckt. In Belgien bediente man sich in kleinen Gieſsereien eines eigen- tümlichen Schmelzofens. Es war dies der Pfannenofen oder Cale- basse 2), der mit den entsprechenden von Reaumur und noch früher von Biringuccio beschriebenen Schmelzvorrichtungen groſse Ähnlichkeit hatte. Derselbe war entweder transportabel oder fest- stehend. Die transportabeln Calebassen wur- den von hausierenden Schmelzern benutzt, die von Ort zu Ort wanderten, um kleine Gegenstände, wie Gewichte, Roststäbe, Schrot zum Schieſsen u. s. w. herzustellen. Auch zum Guſs kleiner Gegenstände, wie Licht- putzen, Scheren, Messer, welche adouciert wurden, wendete man häufig diese Pfannen- öfen an. Sie waren sehr ungleich in der Gröſse. Es gab solche, in denen man nur einige Kilogramm, andere, in denen man bis zu 500 kg schmelzen konnte. Als Brenn- material dienten Koks oder rohe Steinkohlen. Fig. 178 ist die Abbildung eines solchen feststehenden Pfannenofens, wie er noch 1850 in Brüssel betrieben wurde. Er bestand aus dem Tiegel (calebasse) und dem Feuerturm (tour de feu), beide waren aus starkem Eisen- blech verfertigt und so an eine Mauer an- [Abbildung Fig. 178.] 1) Monit. industriel 1846, Nr. 1046; Berg- u. hüttenm. Ztg. 1846, S. 1013. 2) Siehe Valerius, Roheisenfabrikation, S. 604.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/549
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/549>, abgerufen am 22.11.2024.