In mehreren Hütten bewahrte man die Profile aller Schienen- kaliber, gute und schlechte, auf und bemerkte die an jedem Kaliber erfolgten Resultate. -- Um sich diese Profile zu verschaffen, walzte man Stäbe in den Kalibern aus, schnitt ihre Enden scharf ab und verzeichnete die Profile auf dem Papier, oder was noch besser war, schnitt sie in einem Stück dünnen Bleches aus. Diese Profile konnten später, wenn man andere Walzen kalibrieren oder alte reparieren wollte, gute Dienste leisten und zwar um so wertvollere, als sich die Kaliber fortwährend veränderten, durch den Gebrauch ihre Form verloren und unaufhörlich auf der Drehbank nachgeholfen bekommen mussten.
Allmählich hatten sich aus den einzelnen Erfahrungen gewisse allgemeine Regeln herausgebildet:
1. Der Druck in den aufeinander folgenden Kalibern und folglich auch die Verlängerung, welche das Eisen annimmt, müssen sich in dem Masse vermindern, als man sich dem letzten Kaliber nähert, welches gewissermassen nur zum Schlichten des Eisens dient.
2. Man muss auf die dickeren Teile der Schiene, wo das meiste Eisen vorhanden ist, und auf die schwächeren, wo weniger ist und das Metall am schnellsten erkaltet, einen ungleichen Druck ausüben.
3. Die Schienenkaliber müssen sich in Übereinstimmung mit der erlangten Breite und mit dem Druck, den man anwendet, erweitern. Das Mass der Erweiterung ist Erfahrungssache. Zu Couillet betrug die Erweiterung in den Schienenschlichtwalzen gewöhnlich 3 mm von einem Kaliber zum andern.
Um die Kalibrierung verschiedener Arten von Schienen anschaulich zu machen, teilen wir die Abbildungen verschiedener älterer Profile mit.
[Abbildung]
Fig. 247.
Fig. 247 zeigt Schienenwalzen der Hütte von Terre noire nach Le Blanc und Walter, welche zur Anfertigung der Schienen von Andrezieux nach Roanne im Loire-Departement angewendet wurden. Die aufeinanderfolgenden Furchen, welche teils mehr in der oberen, teils in der unteren Walze liegen, sind so angeordnet, dass das Eisen bei jedem Durchgang in der umgekehrten Richtung durchgeht. Die beiden letzten Profile sind fast ganz in die untere Walze gelegt. Damit die Walzen ihre Stellung nicht verändern können, hat die untere an ihren Enden Scheiben, welche in die obere Walze eingreifen.
Die Formgebung 1831 bis 1850.
In mehreren Hütten bewahrte man die Profile aller Schienen- kaliber, gute und schlechte, auf und bemerkte die an jedem Kaliber erfolgten Resultate. — Um sich diese Profile zu verschaffen, walzte man Stäbe in den Kalibern aus, schnitt ihre Enden scharf ab und verzeichnete die Profile auf dem Papier, oder was noch besser war, schnitt sie in einem Stück dünnen Bleches aus. Diese Profile konnten später, wenn man andere Walzen kalibrieren oder alte reparieren wollte, gute Dienste leisten und zwar um so wertvollere, als sich die Kaliber fortwährend veränderten, durch den Gebrauch ihre Form verloren und unaufhörlich auf der Drehbank nachgeholfen bekommen muſsten.
Allmählich hatten sich aus den einzelnen Erfahrungen gewisse allgemeine Regeln herausgebildet:
1. Der Druck in den aufeinander folgenden Kalibern und folglich auch die Verlängerung, welche das Eisen annimmt, müssen sich in dem Maſse vermindern, als man sich dem letzten Kaliber nähert, welches gewissermaſsen nur zum Schlichten des Eisens dient.
2. Man muſs auf die dickeren Teile der Schiene, wo das meiste Eisen vorhanden ist, und auf die schwächeren, wo weniger ist und das Metall am schnellsten erkaltet, einen ungleichen Druck ausüben.
3. Die Schienenkaliber müssen sich in Übereinstimmung mit der erlangten Breite und mit dem Druck, den man anwendet, erweitern. Das Maſs der Erweiterung ist Erfahrungssache. Zu Couillet betrug die Erweiterung in den Schienenschlichtwalzen gewöhnlich 3 mm von einem Kaliber zum andern.
Um die Kalibrierung verschiedener Arten von Schienen anschaulich zu machen, teilen wir die Abbildungen verschiedener älterer Profile mit.
[Abbildung]
Fig. 247.
Fig. 247 zeigt Schienenwalzen der Hütte von Terre noire nach Le Blanc und Walter, welche zur Anfertigung der Schienen von Andrezieux nach Roanne im Loire-Departement angewendet wurden. Die aufeinanderfolgenden Furchen, welche teils mehr in der oberen, teils in der unteren Walze liegen, sind so angeordnet, daſs das Eisen bei jedem Durchgang in der umgekehrten Richtung durchgeht. Die beiden letzten Profile sind fast ganz in die untere Walze gelegt. Damit die Walzen ihre Stellung nicht verändern können, hat die untere an ihren Enden Scheiben, welche in die obere Walze eingreifen.
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Die Formgebung 1831 bis 1850.
In mehreren Hütten bewahrte man die Profile aller Schienen-
kaliber, gute und schlechte, auf und bemerkte die an jedem Kaliber
erfolgten Resultate. — Um sich diese Profile zu verschaffen, walzte
man Stäbe in den Kalibern aus, schnitt ihre Enden scharf ab und
verzeichnete die Profile auf dem Papier, oder was noch besser war,
schnitt sie in einem Stück dünnen Bleches aus. Diese Profile konnten
später, wenn man andere Walzen kalibrieren oder alte reparieren
wollte, gute Dienste leisten und zwar um so wertvollere, als sich die
Kaliber fortwährend veränderten, durch den Gebrauch ihre Form
verloren und unaufhörlich auf der Drehbank nachgeholfen bekommen
muſsten.
Allmählich hatten sich aus den einzelnen Erfahrungen gewisse
allgemeine Regeln herausgebildet:
1. Der Druck in den aufeinander folgenden Kalibern und folglich
auch die Verlängerung, welche das Eisen annimmt, müssen sich in
dem Maſse vermindern, als man sich dem letzten Kaliber nähert,
welches gewissermaſsen nur zum Schlichten des Eisens dient.
2. Man muſs auf die dickeren Teile der Schiene, wo das meiste
Eisen vorhanden ist, und auf die schwächeren, wo weniger ist und
das Metall am schnellsten erkaltet, einen ungleichen Druck ausüben.
3. Die Schienenkaliber müssen sich in Übereinstimmung mit der
erlangten Breite und mit dem Druck, den man anwendet, erweitern.
Das Maſs der Erweiterung ist Erfahrungssache. Zu Couillet betrug
die Erweiterung in den Schienenschlichtwalzen gewöhnlich 3 mm von
einem Kaliber zum andern.
Um die Kalibrierung verschiedener Arten von Schienen anschaulich
zu machen, teilen wir die Abbildungen verschiedener älterer Profile mit.
[Abbildung Fig. 247.]
Fig. 247 zeigt Schienenwalzen der Hütte von Terre noire nach
Le Blanc und Walter, welche zur Anfertigung der Schienen von
Andrezieux nach Roanne im Loire-Departement angewendet wurden.
Die aufeinanderfolgenden Furchen, welche teils mehr in der oberen,
teils in der unteren Walze liegen, sind so angeordnet, daſs das Eisen
bei jedem Durchgang in der umgekehrten Richtung durchgeht. Die
beiden letzten Profile sind fast ganz in die untere Walze gelegt.
Damit die Walzen ihre Stellung nicht verändern können, hat die
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 626. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/642>, abgerufen am 22.11.2024.
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