John Gibbons von Corbyn-Hall in Staffordshire führte bei seinem Hochofen eine wesentlich abweichende Gestalt ein, die Auf- sehen erregte. Er machte das Gestell weiter, liess das Obergestell fort und liess die Ofenwände über der Form sich ganz langsam er- weitern, so dass der grösste Querschnitt oder der Kohlensack von 14 Fuss Durchmesser 30 Fuss über den Boden zu liegen kam, also über der halben Ofenhöhe. Dabei erweiterte er die Gicht auf 8 Fuss. Dieser Ofen bewährte sich gut und hielten Herd und Rast vorzüglich.
Gibbons war auf diese eigentümliche Form durch seine Be- obachtungen der Gestalten ausgeblasener Hochöfen gekommen. Er fand, dass in den meisten Hochöfen Obergestell und Rast schon nach sechs Monaten grösstenteils weggeschmolzen waren. Dadurch, dass er dem Ofen von vornherein diese Gestalt gab, wollte er ihn vor Zerstörung bewahren. Dies gelang ihm auch angeblich und der Ofen erreichte in viel kürzerer Zeit das Maximum seiner Leistung. Er erzielte eine durchschnittliche Produktion von 100 Tonnen die Woche, welche in der besten Schmelzwoche bis auf 115 Tonnen gestiegen war. Dies galt damals als eine ungewöhnlich hohe Produktion. Er erhielt da- bei ein gleichmässiges, gutes, graues Roheisen. Die Ofenhöhe betrug 50 Fuss, die Herdweite 4 Fuss, der Inhalt 4850 Kubikfuss, während die gewöhnlichen Staffordshirer Hochöfen 45 Fuss Höhe, 12 Fuss Weite im Kohlensack, 4 Fuss in der Gicht und 3 Fuss im Herd hatten und 2660 Kubikfuss fassten.
Die grössten Hochöfen in Süd-Wales waren 1839 die der Plymouth- Eisenwerke, weniger hoch als weit, nämlich 18 Fuss im Kohlensack und 9 oder 10 Fuss in der Gicht bei 40 Fuss Höhe. Ihr Fassungs- raum war 7000 Kubikfuss. In diese Öfen wurden mindestens 20000 Kubikfuss Wind von 11/2 Pfund Pressung in der Minute geblasen. Solche Öfen produzierten bis 120 Tonnen die Woche, was als ein grosser Fortschritt galt. Man war aber der Ansicht, dass man in den weniger weiten Hochöfen besseres Eisen erhielt. Bei der Billigkeit der Steinkohle in Süd-Wales hatte die Benutzung der Hochofengase lange nicht die Bedeutung wie auf dem Kontinent und kam deshalb erst ganz allmählich zur Anwendung. In Süd-Wales führte Budd dieselbe bei seinen Hochöfen zu Ystalifera 1849 zuerst ein.
Bei dem Verfrischen des Eisens hielt man in Süd-Wales am Feinen fest, nachdem man mit dem Rohfrischen von Roheisen in den 30er Jahren keine gute Erfahrungen gemacht hatte. In Staffordshire und Shropshire hatte das Rohfrischen im Puddelofen dagegen Ver- breitung gefunden. Man wärmte das Roheisen vor, entweder in dem
Groſsbritannien 1831 bis 1850.
John Gibbons von Corbyn-Hall in Staffordshire führte bei seinem Hochofen eine wesentlich abweichende Gestalt ein, die Auf- sehen erregte. Er machte das Gestell weiter, lieſs das Obergestell fort und lieſs die Ofenwände über der Form sich ganz langsam er- weitern, so daſs der gröſste Querschnitt oder der Kohlensack von 14 Fuſs Durchmesser 30 Fuſs über den Boden zu liegen kam, also über der halben Ofenhöhe. Dabei erweiterte er die Gicht auf 8 Fuſs. Dieser Ofen bewährte sich gut und hielten Herd und Rast vorzüglich.
Gibbons war auf diese eigentümliche Form durch seine Be- obachtungen der Gestalten ausgeblasener Hochöfen gekommen. Er fand, daſs in den meisten Hochöfen Obergestell und Rast schon nach sechs Monaten gröſstenteils weggeschmolzen waren. Dadurch, daſs er dem Ofen von vornherein diese Gestalt gab, wollte er ihn vor Zerstörung bewahren. Dies gelang ihm auch angeblich und der Ofen erreichte in viel kürzerer Zeit das Maximum seiner Leistung. Er erzielte eine durchschnittliche Produktion von 100 Tonnen die Woche, welche in der besten Schmelzwoche bis auf 115 Tonnen gestiegen war. Dies galt damals als eine ungewöhnlich hohe Produktion. Er erhielt da- bei ein gleichmäſsiges, gutes, graues Roheisen. Die Ofenhöhe betrug 50 Fuſs, die Herdweite 4 Fuſs, der Inhalt 4850 Kubikfuſs, während die gewöhnlichen Staffordshirer Hochöfen 45 Fuſs Höhe, 12 Fuſs Weite im Kohlensack, 4 Fuſs in der Gicht und 3 Fuſs im Herd hatten und 2660 Kubikfuſs faſsten.
Die gröſsten Hochöfen in Süd-Wales waren 1839 die der Plymouth- Eisenwerke, weniger hoch als weit, nämlich 18 Fuſs im Kohlensack und 9 oder 10 Fuſs in der Gicht bei 40 Fuſs Höhe. Ihr Fassungs- raum war 7000 Kubikfuſs. In diese Öfen wurden mindestens 20000 Kubikfuſs Wind von 1½ Pfund Pressung in der Minute geblasen. Solche Öfen produzierten bis 120 Tonnen die Woche, was als ein groſser Fortschritt galt. Man war aber der Ansicht, daſs man in den weniger weiten Hochöfen besseres Eisen erhielt. Bei der Billigkeit der Steinkohle in Süd-Wales hatte die Benutzung der Hochofengase lange nicht die Bedeutung wie auf dem Kontinent und kam deshalb erst ganz allmählich zur Anwendung. In Süd-Wales führte Budd dieselbe bei seinen Hochöfen zu Ystalifera 1849 zuerst ein.
Bei dem Verfrischen des Eisens hielt man in Süd-Wales am Feinen fest, nachdem man mit dem Rohfrischen von Roheisen in den 30er Jahren keine gute Erfahrungen gemacht hatte. In Staffordshire und Shropshire hatte das Rohfrischen im Puddelofen dagegen Ver- breitung gefunden. Man wärmte das Roheisen vor, entweder in dem
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Groſsbritannien 1831 bis 1850.
John Gibbons von Corbyn-Hall in Staffordshire führte bei
seinem Hochofen eine wesentlich abweichende Gestalt ein, die Auf-
sehen erregte. Er machte das Gestell weiter, lieſs das Obergestell
fort und lieſs die Ofenwände über der Form sich ganz langsam er-
weitern, so daſs der gröſste Querschnitt oder der Kohlensack von
14 Fuſs Durchmesser 30 Fuſs über den Boden zu liegen kam, also
über der halben Ofenhöhe. Dabei erweiterte er die Gicht auf 8 Fuſs.
Dieser Ofen bewährte sich gut und hielten Herd und Rast vorzüglich.
Gibbons war auf diese eigentümliche Form durch seine Be-
obachtungen der Gestalten ausgeblasener Hochöfen gekommen. Er
fand, daſs in den meisten Hochöfen Obergestell und Rast schon nach
sechs Monaten gröſstenteils weggeschmolzen waren. Dadurch, daſs er
dem Ofen von vornherein diese Gestalt gab, wollte er ihn vor Zerstörung
bewahren. Dies gelang ihm auch angeblich und der Ofen erreichte
in viel kürzerer Zeit das Maximum seiner Leistung. Er erzielte eine
durchschnittliche Produktion von 100 Tonnen die Woche, welche in
der besten Schmelzwoche bis auf 115 Tonnen gestiegen war. Dies
galt damals als eine ungewöhnlich hohe Produktion. Er erhielt da-
bei ein gleichmäſsiges, gutes, graues Roheisen. Die Ofenhöhe betrug
50 Fuſs, die Herdweite 4 Fuſs, der Inhalt 4850 Kubikfuſs, während
die gewöhnlichen Staffordshirer Hochöfen 45 Fuſs Höhe, 12 Fuſs Weite
im Kohlensack, 4 Fuſs in der Gicht und 3 Fuſs im Herd hatten und
2660 Kubikfuſs faſsten.
Die gröſsten Hochöfen in Süd-Wales waren 1839 die der Plymouth-
Eisenwerke, weniger hoch als weit, nämlich 18 Fuſs im Kohlensack
und 9 oder 10 Fuſs in der Gicht bei 40 Fuſs Höhe. Ihr Fassungs-
raum war 7000 Kubikfuſs. In diese Öfen wurden mindestens 20000
Kubikfuſs Wind von 1½ Pfund Pressung in der Minute geblasen.
Solche Öfen produzierten bis 120 Tonnen die Woche, was als ein
groſser Fortschritt galt. Man war aber der Ansicht, daſs man in den
weniger weiten Hochöfen besseres Eisen erhielt. Bei der Billigkeit
der Steinkohle in Süd-Wales hatte die Benutzung der Hochofengase
lange nicht die Bedeutung wie auf dem Kontinent und kam deshalb
erst ganz allmählich zur Anwendung. In Süd-Wales führte Budd
dieselbe bei seinen Hochöfen zu Ystalifera 1849 zuerst ein.
Bei dem Verfrischen des Eisens hielt man in Süd-Wales am
Feinen fest, nachdem man mit dem Rohfrischen von Roheisen in den
30er Jahren keine gute Erfahrungen gemacht hatte. In Staffordshire
und Shropshire hatte das Rohfrischen im Puddelofen dagegen Ver-
breitung gefunden. Man wärmte das Roheisen vor, entweder in dem
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 662. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/678>, abgerufen am 22.11.2024.
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