versehen". Die etwa 7 km lange Bahn wurde als Pferdebahn gebaut und erhielt 1831 den Namen Prinz Wilhelmsbahn.
Gustav Harkort und Friedrich List waren es, welche die erste grosse Lokomotivbahn, die Bahn von Leipzig nach Dresden 1837, ins Leben gerufen haben.
Die preussische Regierung that anfangs wenig, den Bau von Eisen- bahnen zu fördern; sie verhielt sich sogar vielfach ablehnend, so namentlich gegen Friedrich Harkorts mit Eifer verfochtenes Projekt einer Bahn von Köln nach Minden 1). Dagegen genehmigte sie die Linie Düsseldorf-Elberfeld, wovon die Teilstrecke Düsseldorf-Erkrath am 20. Dezember 1839 eröffnet wurde. Trotzdem besass Deutschland Ende 1850 bereits 5860 km Eisenbahnen, während Frankreich nur 2996 km zählte.
Da der grössere Teil des für die deutschen Eisenbahnen ver- wendeten Eisens aus dem Auslande bezogen wurde, für welches Deckung durch eigene Ausfuhr nicht vorhanden war, so lässt sich ermessen, welche Summen damals von Deutschland in das Ausland flossen. Auf ein Kilometer Bahn rechnete man einschliesslich des Fahrmaterials 445 Tonnen Eisen. Es waren also zur Herstellung der deutschen Bahnen 2607700 Tonnen Eisen verbraucht worden, welche, zu nur 200 Mark für die Tonne gerechnet, einen Aufwand von 321540000 Mark erforderten. Dieser enorme Geldabfluss bewirkte eine grosse Geld- knappheit in Deutschland.
Dennoch trug der lebhafte Eisenbahnbau in Deutschland am meisten zur Förderung der heimischen Eisenindustrie bei, denn nicht nur wurde ein nicht unbedeutender Bruchteil des Eisenbedarfes der Eisenbahnen doch nach und nach im Inlande gedeckt, sondern die Eisenindustrie Deutschlands war auch auf das eifrigste bemüht, sich für den Bedarf der Bahnen leistungsfähig zu machen, um mit dem Auslande konkurrieren und die Lieferungen im eigenen Lande übernehmen zu können. Infolge- dessen entstanden grosse Walzwerke, namentlich in Rheinland und West- falen, welche zum Teil mit ausländischem, besonders belgischem Roh- eisen Eisenbahnschienen und sonstiges Eisenbahnmaterial fabrizierten.
Betrachten wir ganz kurz die verschiedenen Stadien der wirt- schaftlichen Entwickelung in diesem Zeitabschnitte, so beginnt 1834 ein allgemeiner Aufschwung der deutschen Industrie infolge der Grün- dung des Zollvereins. Seit 1837 begann eine starke Zunahme des Eisenbedarfs infolge des Eisenbahnbaues. Dieser führte zugleich
1) Siehe L. Berger, Der alte Harkort, S. 244.
Deutschland 1831 bis 1850.
versehen“. Die etwa 7 km lange Bahn wurde als Pferdebahn gebaut und erhielt 1831 den Namen Prinz Wilhelmsbahn.
Gustav Harkort und Friedrich List waren es, welche die erste groſse Lokomotivbahn, die Bahn von Leipzig nach Dresden 1837, ins Leben gerufen haben.
Die preuſsische Regierung that anfangs wenig, den Bau von Eisen- bahnen zu fördern; sie verhielt sich sogar vielfach ablehnend, so namentlich gegen Friedrich Harkorts mit Eifer verfochtenes Projekt einer Bahn von Köln nach Minden 1). Dagegen genehmigte sie die Linie Düsseldorf-Elberfeld, wovon die Teilstrecke Düsseldorf-Erkrath am 20. Dezember 1839 eröffnet wurde. Trotzdem besaſs Deutschland Ende 1850 bereits 5860 km Eisenbahnen, während Frankreich nur 2996 km zählte.
Da der gröſsere Teil des für die deutschen Eisenbahnen ver- wendeten Eisens aus dem Auslande bezogen wurde, für welches Deckung durch eigene Ausfuhr nicht vorhanden war, so läſst sich ermessen, welche Summen damals von Deutschland in das Ausland flossen. Auf ein Kilometer Bahn rechnete man einschlieſslich des Fahrmaterials 445 Tonnen Eisen. Es waren also zur Herstellung der deutschen Bahnen 2607700 Tonnen Eisen verbraucht worden, welche, zu nur 200 Mark für die Tonne gerechnet, einen Aufwand von 321540000 Mark erforderten. Dieser enorme Geldabfluſs bewirkte eine groſse Geld- knappheit in Deutschland.
Dennoch trug der lebhafte Eisenbahnbau in Deutschland am meisten zur Förderung der heimischen Eisenindustrie bei, denn nicht nur wurde ein nicht unbedeutender Bruchteil des Eisenbedarfes der Eisenbahnen doch nach und nach im Inlande gedeckt, sondern die Eisenindustrie Deutschlands war auch auf das eifrigste bemüht, sich für den Bedarf der Bahnen leistungsfähig zu machen, um mit dem Auslande konkurrieren und die Lieferungen im eigenen Lande übernehmen zu können. Infolge- dessen entstanden groſse Walzwerke, namentlich in Rheinland und West- falen, welche zum Teil mit ausländischem, besonders belgischem Roh- eisen Eisenbahnschienen und sonstiges Eisenbahnmaterial fabrizierten.
Betrachten wir ganz kurz die verschiedenen Stadien der wirt- schaftlichen Entwickelung in diesem Zeitabschnitte, so beginnt 1834 ein allgemeiner Aufschwung der deutschen Industrie infolge der Grün- dung des Zollvereins. Seit 1837 begann eine starke Zunahme des Eisenbedarfs infolge des Eisenbahnbaues. Dieser führte zugleich
1) Siehe L. Berger, Der alte Harkort, S. 244.
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Deutschland 1831 bis 1850.
versehen“. Die etwa 7 km lange Bahn wurde als Pferdebahn gebaut
und erhielt 1831 den Namen Prinz Wilhelmsbahn.
Gustav Harkort und Friedrich List waren es, welche die
erste groſse Lokomotivbahn, die Bahn von Leipzig nach Dresden 1837,
ins Leben gerufen haben.
Die preuſsische Regierung that anfangs wenig, den Bau von Eisen-
bahnen zu fördern; sie verhielt sich sogar vielfach ablehnend, so
namentlich gegen Friedrich Harkorts mit Eifer verfochtenes Projekt
einer Bahn von Köln nach Minden 1). Dagegen genehmigte sie die
Linie Düsseldorf-Elberfeld, wovon die Teilstrecke Düsseldorf-Erkrath
am 20. Dezember 1839 eröffnet wurde. Trotzdem besaſs Deutschland
Ende 1850 bereits 5860 km Eisenbahnen, während Frankreich nur
2996 km zählte.
Da der gröſsere Teil des für die deutschen Eisenbahnen ver-
wendeten Eisens aus dem Auslande bezogen wurde, für welches Deckung
durch eigene Ausfuhr nicht vorhanden war, so läſst sich ermessen,
welche Summen damals von Deutschland in das Ausland flossen.
Auf ein Kilometer Bahn rechnete man einschlieſslich des Fahrmaterials
445 Tonnen Eisen. Es waren also zur Herstellung der deutschen
Bahnen 2607700 Tonnen Eisen verbraucht worden, welche, zu nur
200 Mark für die Tonne gerechnet, einen Aufwand von 321540000 Mark
erforderten. Dieser enorme Geldabfluſs bewirkte eine groſse Geld-
knappheit in Deutschland.
Dennoch trug der lebhafte Eisenbahnbau in Deutschland am meisten
zur Förderung der heimischen Eisenindustrie bei, denn nicht nur wurde
ein nicht unbedeutender Bruchteil des Eisenbedarfes der Eisenbahnen
doch nach und nach im Inlande gedeckt, sondern die Eisenindustrie
Deutschlands war auch auf das eifrigste bemüht, sich für den Bedarf der
Bahnen leistungsfähig zu machen, um mit dem Auslande konkurrieren
und die Lieferungen im eigenen Lande übernehmen zu können. Infolge-
dessen entstanden groſse Walzwerke, namentlich in Rheinland und West-
falen, welche zum Teil mit ausländischem, besonders belgischem Roh-
eisen Eisenbahnschienen und sonstiges Eisenbahnmaterial fabrizierten.
Betrachten wir ganz kurz die verschiedenen Stadien der wirt-
schaftlichen Entwickelung in diesem Zeitabschnitte, so beginnt 1834
ein allgemeiner Aufschwung der deutschen Industrie infolge der Grün-
dung des Zollvereins. Seit 1837 begann eine starke Zunahme des
Eisenbedarfs infolge des Eisenbahnbaues. Dieser führte zugleich
1) Siehe L. Berger, Der alte Harkort, S. 244.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 693. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/709>, abgerufen am 22.11.2024.
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