fehltes, denn es mangelte so ziemlich an allem, was zum Hütten- betriebe gehört. Die Kohlen von Neuhaus, auf welche dasselbe in erster Linie begründet war, waren für den Hochofenbetrieb unbrauch- bar. Die Erze mussten von kleinen, ungenügend aufgeschlossenen Gruben bezogen, grossenteils aber im Hennebergischen gekauft werden. Die Kommunikationsmittel waren so schlecht wie nur möglich. Nur gänzliche Unkenntnis der technischen Grundlagen eines grossen Eisen- werkes konnte eine solche Gründung ermöglichen, die pomphaft in die Welt posaunt wurde, aber kaum erstanden, auch schon zu Grunde ging. Den Mittelpunkt des Werkes 1) bildeten 4 Hochöfen mit ihren Schmelzhallen, an deren Seite sich eine grosse Maschinen- fabrik hinzog, während vor ihnen die für die Stabeisen- und Schienen- fabrikation bestimmte Halle mit den Puddel- und Schweissöfen, den Hämmern und Walzwerken sich befand. Die Koksofenanlage lag hinter den Hochöfen. Die Einrichtungen waren grossartig und ent- sprachen den höchsten technischen Anforderungen. Um so trauriger war es, dass dieselben an einem so verkehrten Platze errichtet worden waren. Das unzweckmässige, um nicht zu sagen schwindelhafte Unter- nehmen hat den Kredit der deutschen Eisenindustrie damals sehr geschädigt.
Die alten Eisenwerke in den Reussischen Ländern lieferten um 1840 gegen 600 Tonnen Stabeisen, in dem Schwarzburgischen Ge- biete 700 bis 750 Tonnen. In den Anhaltischen Ländern lag das bekannte Hüttenwerk Mägdesprung, welches damals 200 Tonnen Guss- waren, 300 Tonnen Stabeisen und 20 Tonnen Rohstahl lieferte. Hier wirkte Bischof in den 40er Jahren, und stellte hier zum Teil seine Versuche mit Generatorgasen an. Beträchtlicher war noch die ebenfalls sehr alte Eisenindustrie im Fürstentum Waldeck. v. Reden giebt die Eisenproduktion 1840 auf 1000 Tonnen Roheisen an. 1847 betrug sie 1050 Tonnen Roheisen, wovon ein Teil auf 3 Frischfeuern zu 300 Tonnen Stabeisen verarbeitet wurde. Der Rest des Roheisens wurde als solches verkauft.
Im Kurfürstentum Hessen war die Eisenindustrie teilweise staatlich und ist früher schon von dem verdienstvollen Wirken des Hütteninspektors Pfort wiederholt die Rede gewesen. Ausser zu Veckerhagen wurden Hochöfen zu Homberg, Rommershausen und Bieber betrieben. Diese vier Werke lieferten 1835 bis 1839 im Durch-
1) Siehe die Schilderung von Dr. Heeren in der deutschen Gewerbezeitung Jahrgang 1847, Nr. 9. Mischler a. a. O. I., 534.
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Auſserpreuſsische deutsche Staaten 1831 bis 1850.
fehltes, denn es mangelte so ziemlich an allem, was zum Hütten- betriebe gehört. Die Kohlen von Neuhaus, auf welche dasselbe in erster Linie begründet war, waren für den Hochofenbetrieb unbrauch- bar. Die Erze muſsten von kleinen, ungenügend aufgeschlossenen Gruben bezogen, groſsenteils aber im Hennebergischen gekauft werden. Die Kommunikationsmittel waren so schlecht wie nur möglich. Nur gänzliche Unkenntnis der technischen Grundlagen eines groſsen Eisen- werkes konnte eine solche Gründung ermöglichen, die pomphaft in die Welt posaunt wurde, aber kaum erstanden, auch schon zu Grunde ging. Den Mittelpunkt des Werkes 1) bildeten 4 Hochöfen mit ihren Schmelzhallen, an deren Seite sich eine groſse Maschinen- fabrik hinzog, während vor ihnen die für die Stabeisen- und Schienen- fabrikation bestimmte Halle mit den Puddel- und Schweiſsöfen, den Hämmern und Walzwerken sich befand. Die Koksofenanlage lag hinter den Hochöfen. Die Einrichtungen waren groſsartig und ent- sprachen den höchsten technischen Anforderungen. Um so trauriger war es, daſs dieselben an einem so verkehrten Platze errichtet worden waren. Das unzweckmäſsige, um nicht zu sagen schwindelhafte Unter- nehmen hat den Kredit der deutschen Eisenindustrie damals sehr geschädigt.
Die alten Eisenwerke in den Reuſsischen Ländern lieferten um 1840 gegen 600 Tonnen Stabeisen, in dem Schwarzburgischen Ge- biete 700 bis 750 Tonnen. In den Anhaltischen Ländern lag das bekannte Hüttenwerk Mägdesprung, welches damals 200 Tonnen Guſs- waren, 300 Tonnen Stabeisen und 20 Tonnen Rohstahl lieferte. Hier wirkte Bischof in den 40er Jahren, und stellte hier zum Teil seine Versuche mit Generatorgasen an. Beträchtlicher war noch die ebenfalls sehr alte Eisenindustrie im Fürstentum Waldeck. v. Reden giebt die Eisenproduktion 1840 auf 1000 Tonnen Roheisen an. 1847 betrug sie 1050 Tonnen Roheisen, wovon ein Teil auf 3 Frischfeuern zu 300 Tonnen Stabeisen verarbeitet wurde. Der Rest des Roheisens wurde als solches verkauft.
Im Kurfürstentum Hessen war die Eisenindustrie teilweise staatlich und ist früher schon von dem verdienstvollen Wirken des Hütteninspektors Pfort wiederholt die Rede gewesen. Auſser zu Veckerhagen wurden Hochöfen zu Homberg, Rommershausen und Bieber betrieben. Diese vier Werke lieferten 1835 bis 1839 im Durch-
1) Siehe die Schilderung von Dr. Heeren in der deutschen Gewerbezeitung Jahrgang 1847, Nr. 9. Mischler a. a. O. I., 534.
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Auſserpreuſsische deutsche Staaten 1831 bis 1850.
fehltes, denn es mangelte so ziemlich an allem, was zum Hütten-
betriebe gehört. Die Kohlen von Neuhaus, auf welche dasselbe in
erster Linie begründet war, waren für den Hochofenbetrieb unbrauch-
bar. Die Erze muſsten von kleinen, ungenügend aufgeschlossenen
Gruben bezogen, groſsenteils aber im Hennebergischen gekauft werden.
Die Kommunikationsmittel waren so schlecht wie nur möglich. Nur
gänzliche Unkenntnis der technischen Grundlagen eines groſsen Eisen-
werkes konnte eine solche Gründung ermöglichen, die pomphaft
in die Welt posaunt wurde, aber kaum erstanden, auch schon zu
Grunde ging. Den Mittelpunkt des Werkes 1) bildeten 4 Hochöfen
mit ihren Schmelzhallen, an deren Seite sich eine groſse Maschinen-
fabrik hinzog, während vor ihnen die für die Stabeisen- und Schienen-
fabrikation bestimmte Halle mit den Puddel- und Schweiſsöfen, den
Hämmern und Walzwerken sich befand. Die Koksofenanlage lag
hinter den Hochöfen. Die Einrichtungen waren groſsartig und ent-
sprachen den höchsten technischen Anforderungen. Um so trauriger
war es, daſs dieselben an einem so verkehrten Platze errichtet worden
waren. Das unzweckmäſsige, um nicht zu sagen schwindelhafte Unter-
nehmen hat den Kredit der deutschen Eisenindustrie damals sehr
geschädigt.
Die alten Eisenwerke in den Reuſsischen Ländern lieferten um
1840 gegen 600 Tonnen Stabeisen, in dem Schwarzburgischen Ge-
biete 700 bis 750 Tonnen. In den Anhaltischen Ländern lag das
bekannte Hüttenwerk Mägdesprung, welches damals 200 Tonnen Guſs-
waren, 300 Tonnen Stabeisen und 20 Tonnen Rohstahl lieferte. Hier
wirkte Bischof in den 40er Jahren, und stellte hier zum Teil seine
Versuche mit Generatorgasen an. Beträchtlicher war noch die ebenfalls
sehr alte Eisenindustrie im Fürstentum Waldeck. v. Reden giebt die
Eisenproduktion 1840 auf 1000 Tonnen Roheisen an. 1847 betrug
sie 1050 Tonnen Roheisen, wovon ein Teil auf 3 Frischfeuern zu
300 Tonnen Stabeisen verarbeitet wurde. Der Rest des Roheisens
wurde als solches verkauft.
Im Kurfürstentum Hessen war die Eisenindustrie teilweise
staatlich und ist früher schon von dem verdienstvollen Wirken des
Hütteninspektors Pfort wiederholt die Rede gewesen. Auſser zu
Veckerhagen wurden Hochöfen zu Homberg, Rommershausen und
Bieber betrieben. Diese vier Werke lieferten 1835 bis 1839 im Durch-
1) Siehe die Schilderung von Dr. Heeren in der deutschen Gewerbezeitung
Jahrgang 1847, Nr. 9. Mischler a. a. O. I., 534.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 723. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/739>, abgerufen am 22.11.2024.
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