den beiden letztgenannten Hütten hatten je drei Kasten. Alle übrigen Hochöfen wurden noch mit Holzbälgen betrieben und zwar acht mit Doppelbälgen, sechs mit dreifachen Bälgen, welche gekuppelt waren. Von diesen letzteren waren zwei auf Rotehütte, je einer auf Elend, Königshütte, Steinrenne und Gittelde. Eins der beiden Balgengebläse der Rotehütte wurde dann 1807 durch ein dreifaches Kastengebläse er- setzt. Ähnlich war das Verhältnis im übrigen Deutschland und in Frankreich, die Holzbälge herrschten noch bei weitem vor, und man fing erst hier und da an, sie durch Kasten- oder Cylindergebläse zu ersetzen.
Anstatt der kostspieligen eisernen Cylindergebläse versuchte man es an vielen Plätzen mit hölzernen Cylindern, die sich nicht nur billiger, sondern auch leichter überall herrichten liessen. Das Bei- spiel von Radmär wurde oben schon angeführt, ebenso wendete man am Ural und in Sibirien vielfach Holzcylindergebläse an.
O'Reilly konstruierte ein solches Gebläse mit zwei Cylindern für die Hütte von Epine im Jahre 1802. Jeder Kolben machte 9 Touren in der Minute, wobei das Gebläse 800 Kbfss. Wind lieferte 1). Ein sehr sorgfältig konstruiertes Cylindergebläse dieser Art erbaute der Maschinendirektor Henschel auf der Eisenhütte bei Homberg unweit Kassel um 1816. Es bestand aus zwei Cylindern von 31/2 Fuss Weite und 4 Fuss Höhe. Die starken, keilförmigen, abgepassten Dauben waren in gusseiserne Ringe eingetrieben und mit einer besonderen Bohrmaschine glatt ausgebohrt. Die Kolben waren von Gusseisen, mit einer federnden Liderung, die mit gut graphitierten Leinwand- streifen überzogen war, gedichtet. Die eiserne Kolbenstange ging durch eine gut geliderte Stopfbüchse. Die Geradführung der Stange war durch eine Art Parallelogrammkrümmung bewirkt. Das ganze Blasegerüst war aus Eisen. Die beiden Doppelbläser waren mit einem über ihnen angebrachten, etwa 1000 Kbfss. fassenden Windsammelkasten verbunden. Das Gebläse lieferte bis zu 840 Kbfss. in der Minute 2).
Alle diese Gebläse konnten trotz Verbesserungen und sorgfältigster Ausführung nicht mit den englischen eisernen Cylindergebläsen konkurrieren, sowohl hinsichtlich der Leistung als der Haltbarkeit. Die Überlegenheit der Engländer im Hochofenbetrieb beruhte nicht zum kleinsten Teile auf ihren besseren Blasemaschinen. In England wusste man bereits aus Erfahrung zu sehr den Wert eines guten Ge- bläses zu schätzen, um vor den höheren Anlagekosten zurückzuscheuen,
1) Siehe Annales des arts et manufactures, X, 26.
2) Nach Angabe des Hofkammerrats Klipstein in Blumhofs Ency- klopädie, II, 253.
Verbrennung und Windzuführung 1801 bis 1815.
den beiden letztgenannten Hütten hatten je drei Kasten. Alle übrigen Hochöfen wurden noch mit Holzbälgen betrieben und zwar acht mit Doppelbälgen, sechs mit dreifachen Bälgen, welche gekuppelt waren. Von diesen letzteren waren zwei auf Rotehütte, je einer auf Elend, Königshütte, Steinrenne und Gittelde. Eins der beiden Balgengebläse der Rotehütte wurde dann 1807 durch ein dreifaches Kastengebläse er- setzt. Ähnlich war das Verhältnis im übrigen Deutschland und in Frankreich, die Holzbälge herrschten noch bei weitem vor, und man fing erst hier und da an, sie durch Kasten- oder Cylindergebläse zu ersetzen.
Anstatt der kostspieligen eisernen Cylindergebläse versuchte man es an vielen Plätzen mit hölzernen Cylindern, die sich nicht nur billiger, sondern auch leichter überall herrichten lieſsen. Das Bei- spiel von Radmär wurde oben schon angeführt, ebenso wendete man am Ural und in Sibirien vielfach Holzcylindergebläse an.
O’Reilly konstruierte ein solches Gebläse mit zwei Cylindern für die Hütte von Epine im Jahre 1802. Jeder Kolben machte 9 Touren in der Minute, wobei das Gebläse 800 Kbfſs. Wind lieferte 1). Ein sehr sorgfältig konstruiertes Cylindergebläse dieser Art erbaute der Maschinendirektor Henschel auf der Eisenhütte bei Homberg unweit Kassel um 1816. Es bestand aus zwei Cylindern von 3½ Fuſs Weite und 4 Fuſs Höhe. Die starken, keilförmigen, abgepaſsten Dauben waren in guſseiserne Ringe eingetrieben und mit einer besonderen Bohrmaschine glatt ausgebohrt. Die Kolben waren von Guſseisen, mit einer federnden Liderung, die mit gut graphitierten Leinwand- streifen überzogen war, gedichtet. Die eiserne Kolbenstange ging durch eine gut geliderte Stopfbüchse. Die Geradführung der Stange war durch eine Art Parallelogrammkrümmung bewirkt. Das ganze Blasegerüst war aus Eisen. Die beiden Doppelbläser waren mit einem über ihnen angebrachten, etwa 1000 Kbfſs. fassenden Windsammelkasten verbunden. Das Gebläse lieferte bis zu 840 Kbfſs. in der Minute 2).
Alle diese Gebläse konnten trotz Verbesserungen und sorgfältigster Ausführung nicht mit den englischen eisernen Cylindergebläsen konkurrieren, sowohl hinsichtlich der Leistung als der Haltbarkeit. Die Überlegenheit der Engländer im Hochofenbetrieb beruhte nicht zum kleinsten Teile auf ihren besseren Blasemaschinen. In England wuſste man bereits aus Erfahrung zu sehr den Wert eines guten Ge- bläses zu schätzen, um vor den höheren Anlagekosten zurückzuscheuen,
1) Siehe Annales des arts et manufactures, X, 26.
2) Nach Angabe des Hofkammerrats Klipstein in Blumhofs Ency- klopädie, II, 253.
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Verbrennung und Windzuführung 1801 bis 1815.
den beiden letztgenannten Hütten hatten je drei Kasten. Alle übrigen
Hochöfen wurden noch mit Holzbälgen betrieben und zwar acht mit
Doppelbälgen, sechs mit dreifachen Bälgen, welche gekuppelt waren.
Von diesen letzteren waren zwei auf Rotehütte, je einer auf Elend,
Königshütte, Steinrenne und Gittelde. Eins der beiden Balgengebläse
der Rotehütte wurde dann 1807 durch ein dreifaches Kastengebläse er-
setzt. Ähnlich war das Verhältnis im übrigen Deutschland und in
Frankreich, die Holzbälge herrschten noch bei weitem vor, und man fing
erst hier und da an, sie durch Kasten- oder Cylindergebläse zu ersetzen.
Anstatt der kostspieligen eisernen Cylindergebläse versuchte man
es an vielen Plätzen mit hölzernen Cylindern, die sich nicht nur
billiger, sondern auch leichter überall herrichten lieſsen. Das Bei-
spiel von Radmär wurde oben schon angeführt, ebenso wendete man
am Ural und in Sibirien vielfach Holzcylindergebläse an.
O’Reilly konstruierte ein solches Gebläse mit zwei Cylindern
für die Hütte von Epine im Jahre 1802. Jeder Kolben machte
9 Touren in der Minute, wobei das Gebläse 800 Kbfſs. Wind lieferte 1).
Ein sehr sorgfältig konstruiertes Cylindergebläse dieser Art erbaute der
Maschinendirektor Henschel auf der Eisenhütte bei Homberg unweit
Kassel um 1816. Es bestand aus zwei Cylindern von 3½ Fuſs Weite
und 4 Fuſs Höhe. Die starken, keilförmigen, abgepaſsten Dauben
waren in guſseiserne Ringe eingetrieben und mit einer besonderen
Bohrmaschine glatt ausgebohrt. Die Kolben waren von Guſseisen,
mit einer federnden Liderung, die mit gut graphitierten Leinwand-
streifen überzogen war, gedichtet. Die eiserne Kolbenstange ging
durch eine gut geliderte Stopfbüchse. Die Geradführung der Stange
war durch eine Art Parallelogrammkrümmung bewirkt. Das ganze
Blasegerüst war aus Eisen. Die beiden Doppelbläser waren mit einem
über ihnen angebrachten, etwa 1000 Kbfſs. fassenden Windsammelkasten
verbunden. Das Gebläse lieferte bis zu 840 Kbfſs. in der Minute 2).
Alle diese Gebläse konnten trotz Verbesserungen und sorgfältigster
Ausführung nicht mit den englischen eisernen Cylindergebläsen
konkurrieren, sowohl hinsichtlich der Leistung als der Haltbarkeit.
Die Überlegenheit der Engländer im Hochofenbetrieb beruhte nicht
zum kleinsten Teile auf ihren besseren Blasemaschinen. In England
wuſste man bereits aus Erfahrung zu sehr den Wert eines guten Ge-
bläses zu schätzen, um vor den höheren Anlagekosten zurückzuscheuen,
1) Siehe Annales des arts et manufactures, X, 26.
2) Nach Angabe des Hofkammerrats Klipstein in Blumhofs Ency-
klopädie, II, 253.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/89>, abgerufen am 29.11.2024.
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