Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite

Mechanische Bearbeitung 1851 bis 1860.
Konstruktion war die, bei welcher die rotierende Walze selbst das
Überheben besorgte 1).

Um den Blechen ein schönes Aussehen zu geben, liess man sie
zum Schluss glatte Hartwalzen passieren (Seraing 1851).

Auf die Fabrikation der sogenannten russischen Bleche, welche
einen schwarzen Spiegelglanz hatten, wurden in dieser Zeit mehrere
Patente in England genommen. Bellford (29. Juli 1852) legte nach
dem Auswalzen 20 rotglühende Bleche übereinander, indem er Holz-
kohlenpulver dazwischen streute und sie unter einem kleinen Hammer
ausschlug. Dann bildete er aus diesen Blechen ein zweites ebenso
grosses Paket, indem er abwechselnd heisse und kalte Bleche ohne
Holzkohlen übereinander legte und sie unter einem grossen Hammer
ausschlug. J. Lackmann (14. März 1855) verfuhr ähnlich, nur
bediente er sich eines Hammers mit polierter Bahn. A. V. Newton
(18. März 1858) tauchte die ausgewalzten Bleche in Säure ein und
liess sie dann durch polierte Hartwalzen gehen. Um sie blau zu
machen, tauchte er sie dann noch in ein geschmolzenes Metallbad.

In England verwendete man 1858 bereits Wellbleche als Dach-
deckmaterial und zu Wänden im Freien. Dieselben wurden mittels
eines schweren Fallwerkes gestampft. Der schwere, gusseiserne Fall-
klotz hatte unten zwei runde Rippen von der Länge der Blechtafeln.
Ihm entsprach als Matrize ein mit zwei runden Furchen versehener
Unterstempel. Der Fallklotz wurde 18 Zoll hoch gehoben und man
liess ihn dann auf das Blech auffallen.

Für Weissblech verwendete man in England schon 1851 statt
der gefrischten Holzkohlenbleche meist aus Anthracitroheisen ge-
puddelte Bleche. Tunner sagt in seinem Berichte über die Londoner
Weltausstellung: "vor ungefähr 15 oder höchstens 20 Jahren glaubte
man allgemein, für Weissbleche sei nur bei Holzkohlen gefrischtes und
mit Koks im Hollowfeuer ausgeheiztes Blech zu verwenden; allein
durch besondere Sorgfalt beim Verpuddeln eines guten, dünn einge-
schmolzenen Roheisens wurde das Holzkohlenfrischeisen von Jahr zu
Jahr mehr verdrängt und dermalen wird zwar für die besten und
feineren Sorten immer noch Holzkohlenstabeisen verwendet, aber im
ganzen werden jetzt viel mehr Weissbleche aus gepuddeltem als aus
gefrischtem Eisen erzeugt."

Das Walzen schmiedeeiserner Röhren war infolge der Aus-
breitung der Gasbeleuchtung ein wichtiger Industriezweig geworden.


1) Siehe Tunners Jahrbuch 1860, S. 187.

Mechanische Bearbeitung 1851 bis 1860.
Konstruktion war die, bei welcher die rotierende Walze selbst das
Überheben besorgte 1).

Um den Blechen ein schönes Aussehen zu geben, lieſs man sie
zum Schluſs glatte Hartwalzen passieren (Seraing 1851).

Auf die Fabrikation der sogenannten russischen Bleche, welche
einen schwarzen Spiegelglanz hatten, wurden in dieser Zeit mehrere
Patente in England genommen. Bellford (29. Juli 1852) legte nach
dem Auswalzen 20 rotglühende Bleche übereinander, indem er Holz-
kohlenpulver dazwischen streute und sie unter einem kleinen Hammer
ausschlug. Dann bildete er aus diesen Blechen ein zweites ebenso
groſses Paket, indem er abwechselnd heiſse und kalte Bleche ohne
Holzkohlen übereinander legte und sie unter einem groſsen Hammer
ausschlug. J. Lackmann (14. März 1855) verfuhr ähnlich, nur
bediente er sich eines Hammers mit polierter Bahn. A. V. Newton
(18. März 1858) tauchte die ausgewalzten Bleche in Säure ein und
lieſs sie dann durch polierte Hartwalzen gehen. Um sie blau zu
machen, tauchte er sie dann noch in ein geschmolzenes Metallbad.

In England verwendete man 1858 bereits Wellbleche als Dach-
deckmaterial und zu Wänden im Freien. Dieselben wurden mittels
eines schweren Fallwerkes gestampft. Der schwere, guſseiserne Fall-
klotz hatte unten zwei runde Rippen von der Länge der Blechtafeln.
Ihm entsprach als Matrize ein mit zwei runden Furchen versehener
Unterstempel. Der Fallklotz wurde 18 Zoll hoch gehoben und man
liess ihn dann auf das Blech auffallen.

Für Weiſsblech verwendete man in England schon 1851 statt
der gefrischten Holzkohlenbleche meist aus Anthracitroheisen ge-
puddelte Bleche. Tunner sagt in seinem Berichte über die Londoner
Weltausstellung: „vor ungefähr 15 oder höchstens 20 Jahren glaubte
man allgemein, für Weiſsbleche sei nur bei Holzkohlen gefrischtes und
mit Koks im Hollowfeuer ausgeheiztes Blech zu verwenden; allein
durch besondere Sorgfalt beim Verpuddeln eines guten, dünn einge-
schmolzenen Roheisens wurde das Holzkohlenfrischeisen von Jahr zu
Jahr mehr verdrängt und dermalen wird zwar für die besten und
feineren Sorten immer noch Holzkohlenstabeisen verwendet, aber im
ganzen werden jetzt viel mehr Weiſsbleche aus gepuddeltem als aus
gefrischtem Eisen erzeugt.“

Das Walzen schmiedeeiserner Röhren war infolge der Aus-
breitung der Gasbeleuchtung ein wichtiger Industriezweig geworden.


1) Siehe Tunners Jahrbuch 1860, S. 187.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0895" n="879"/><fw place="top" type="header">Mechanische Bearbeitung 1851 bis 1860.</fw><lb/>
Konstruktion war die, bei welcher die rotierende Walze selbst das<lb/>
Überheben besorgte <note place="foot" n="1)">Siehe Tunners Jahrbuch 1860, S. 187.</note>.</p><lb/>
            <p>Um den Blechen ein schönes Aussehen zu geben, lie&#x017F;s man sie<lb/>
zum Schlu&#x017F;s glatte Hartwalzen passieren (Seraing 1851).</p><lb/>
            <p>Auf die Fabrikation der sogenannten <hi rendition="#g">russischen</hi> Bleche, welche<lb/>
einen schwarzen Spiegelglanz hatten, wurden in dieser Zeit mehrere<lb/>
Patente in England genommen. <hi rendition="#g">Bellford</hi> (29. Juli 1852) legte nach<lb/>
dem Auswalzen 20 rotglühende Bleche übereinander, indem er Holz-<lb/>
kohlenpulver dazwischen streute und sie unter einem kleinen Hammer<lb/>
ausschlug. Dann bildete er aus diesen Blechen ein zweites ebenso<lb/>
gro&#x017F;ses Paket, indem er abwechselnd hei&#x017F;se und kalte Bleche ohne<lb/>
Holzkohlen übereinander legte und sie unter einem gro&#x017F;sen Hammer<lb/>
ausschlug. J. <hi rendition="#g">Lackmann</hi> (14. März 1855) verfuhr ähnlich, nur<lb/>
bediente er sich eines Hammers mit polierter Bahn. A. V. <hi rendition="#g">Newton</hi><lb/>
(18. März 1858) tauchte die ausgewalzten Bleche in Säure ein und<lb/>
lie&#x017F;s sie dann durch polierte Hartwalzen gehen. Um sie blau zu<lb/>
machen, tauchte er sie dann noch in ein geschmolzenes Metallbad.</p><lb/>
            <p>In England verwendete man 1858 bereits <hi rendition="#g">Wellbleche</hi> als Dach-<lb/>
deckmaterial und zu Wänden im Freien. Dieselben wurden mittels<lb/>
eines schweren Fallwerkes gestampft. Der schwere, gu&#x017F;seiserne Fall-<lb/>
klotz hatte unten zwei runde Rippen von der Länge der Blechtafeln.<lb/>
Ihm entsprach als Matrize ein mit zwei runden Furchen versehener<lb/>
Unterstempel. Der Fallklotz wurde 18 Zoll hoch gehoben und man<lb/>
liess ihn dann auf das Blech auffallen.</p><lb/>
            <p>Für <hi rendition="#g">Wei&#x017F;sblech</hi> verwendete man in England schon 1851 statt<lb/>
der gefrischten Holzkohlenbleche meist aus Anthracitroheisen ge-<lb/>
puddelte Bleche. <hi rendition="#g">Tunner</hi> sagt in seinem Berichte über die Londoner<lb/>
Weltausstellung: &#x201E;vor ungefähr 15 oder höchstens 20 Jahren glaubte<lb/>
man allgemein, für Wei&#x017F;sbleche sei nur bei Holzkohlen gefrischtes und<lb/>
mit Koks im Hollowfeuer ausgeheiztes Blech zu verwenden; allein<lb/>
durch besondere Sorgfalt beim Verpuddeln eines guten, dünn einge-<lb/>
schmolzenen Roheisens wurde das Holzkohlenfrischeisen von Jahr zu<lb/>
Jahr mehr verdrängt und dermalen wird zwar für die besten und<lb/>
feineren Sorten immer noch Holzkohlenstabeisen verwendet, aber im<lb/>
ganzen werden jetzt viel mehr Wei&#x017F;sbleche aus gepuddeltem als aus<lb/>
gefrischtem Eisen erzeugt.&#x201C;</p><lb/>
            <p>Das <hi rendition="#g">Walzen schmiedeeiserner Röhren</hi> war infolge der Aus-<lb/>
breitung der Gasbeleuchtung ein wichtiger Industriezweig geworden.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[879/0895] Mechanische Bearbeitung 1851 bis 1860. Konstruktion war die, bei welcher die rotierende Walze selbst das Überheben besorgte 1). Um den Blechen ein schönes Aussehen zu geben, lieſs man sie zum Schluſs glatte Hartwalzen passieren (Seraing 1851). Auf die Fabrikation der sogenannten russischen Bleche, welche einen schwarzen Spiegelglanz hatten, wurden in dieser Zeit mehrere Patente in England genommen. Bellford (29. Juli 1852) legte nach dem Auswalzen 20 rotglühende Bleche übereinander, indem er Holz- kohlenpulver dazwischen streute und sie unter einem kleinen Hammer ausschlug. Dann bildete er aus diesen Blechen ein zweites ebenso groſses Paket, indem er abwechselnd heiſse und kalte Bleche ohne Holzkohlen übereinander legte und sie unter einem groſsen Hammer ausschlug. J. Lackmann (14. März 1855) verfuhr ähnlich, nur bediente er sich eines Hammers mit polierter Bahn. A. V. Newton (18. März 1858) tauchte die ausgewalzten Bleche in Säure ein und lieſs sie dann durch polierte Hartwalzen gehen. Um sie blau zu machen, tauchte er sie dann noch in ein geschmolzenes Metallbad. In England verwendete man 1858 bereits Wellbleche als Dach- deckmaterial und zu Wänden im Freien. Dieselben wurden mittels eines schweren Fallwerkes gestampft. Der schwere, guſseiserne Fall- klotz hatte unten zwei runde Rippen von der Länge der Blechtafeln. Ihm entsprach als Matrize ein mit zwei runden Furchen versehener Unterstempel. Der Fallklotz wurde 18 Zoll hoch gehoben und man liess ihn dann auf das Blech auffallen. Für Weiſsblech verwendete man in England schon 1851 statt der gefrischten Holzkohlenbleche meist aus Anthracitroheisen ge- puddelte Bleche. Tunner sagt in seinem Berichte über die Londoner Weltausstellung: „vor ungefähr 15 oder höchstens 20 Jahren glaubte man allgemein, für Weiſsbleche sei nur bei Holzkohlen gefrischtes und mit Koks im Hollowfeuer ausgeheiztes Blech zu verwenden; allein durch besondere Sorgfalt beim Verpuddeln eines guten, dünn einge- schmolzenen Roheisens wurde das Holzkohlenfrischeisen von Jahr zu Jahr mehr verdrängt und dermalen wird zwar für die besten und feineren Sorten immer noch Holzkohlenstabeisen verwendet, aber im ganzen werden jetzt viel mehr Weiſsbleche aus gepuddeltem als aus gefrischtem Eisen erzeugt.“ Das Walzen schmiedeeiserner Röhren war infolge der Aus- breitung der Gasbeleuchtung ein wichtiger Industriezweig geworden. 1) Siehe Tunners Jahrbuch 1860, S. 187.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/895
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 879. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/895>, abgerufen am 22.11.2024.