Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.Stahlbereitung 1851 bis 1860. einen Stahlguss von noch nicht dagewesener Grösse ausgestellt, sonderner hatte auch die Verwendung des Gussstahles für Zwecke, für die man bis dahin nur Schmiede- oder Gusseisen verwendet hatte, wie für Eisenbahnwagenachsen und Kanonenrohre, gezeigt, und die Jury sowohl wie das Publikum begriff alsbald die Tragweite dieser Neuerung. Der Tiegel-Gussstahl war aber ein kostbares, teures Material. Das Bedürfnis nach einem billigeren Ersatzmittel desselben wurde immer dringender. Gelang es, einen billigen Massenstahl zu bereiten, so würde dieser für viele Dinge, für die man sich jetzt mit Schmiedeeisen begnügen musste, Verwendung finden. Diese Betrachtung war es, die den Erfindungs- geist auf neue Wege führte. Die Puddelstahlbereitung war der erste, der mit Erfolg betreten worden war. Es zeigte sich aber bald, dass sich durchaus nicht alle Eisensorten zur Puddelstahlfabrikation eigneten, dass dieselbe vielmehr ein Roheisen von besonderer Güte und besonderen Eigenschaften verlangte, wodurch sie in ihrer Anwendung beschränkt blieb. Auch war der Weg bis zum fertigen Puddelstahl immer noch ein weiter. Erst musste in teuren Hochöfen das hochgekohlte Roh- eisen erzeugt werden, dem man dann in Flammöfen mit grossem Brennstoffaufwand wieder einen Teil des Kohlenstoffs entzog. Dies war ein kostspieliger Umweg. Der direkte Weg mit Umgehung des Hochofenprozesses versprach grosse Vorteile. Dass er möglich war, bezeugten die Katalanschmieden in den Pyrenäen. Diese Betrachtung war es, die Chenot, Renton, Yates, Gurlt und Andere zur Er- findung neuer Stahlprozesse führte. Von diesen erregte der von Chenot das grösste Aufsehen und die grössten Erwartungen, die sich aber nicht erfüllt haben. Andrien Chenot hat mit Eifer und Be- geisterung sein ganzes Leben dieser einen Aufgabe gewidmet und durch Beharrlichkeit und Reklame hat er auch am Schlusse seiner Laufbahn einen Scheinerfolg erzielt, der aber wenige Jahre nach seinem Tode in Nichts verschwand. Schon als Student in der Ecole des mines, 1822, und im folgenden Jahre, 1823, hatte er seine Ver- suche über direkte Eisengewinnung aus den Erzen begonnen 1). 1831 baute er einen Ofen für Versuche im Grossen, 1846 hatte er sein Ver- fahren soweit ausgebildet, dass er in Frankreich und England Patente darauf nahm. 1851 stellte er seine in den Werken von Bagenay & Komp. durch Reduktion der Erze erhaltenen Eisenschwämme (eponges metalliques) und Proben von daraus erzeugtem Stahl und 1) Siehe die Biographie von A. Chenot von Ed. Grateau in Revue uni- verselle, 4. livr., 1859, p. 1. 56*
Stahlbereitung 1851 bis 1860. einen Stahlguſs von noch nicht dagewesener Gröſse ausgestellt, sonderner hatte auch die Verwendung des Guſsstahles für Zwecke, für die man bis dahin nur Schmiede- oder Guſseisen verwendet hatte, wie für Eisenbahnwagenachsen und Kanonenrohre, gezeigt, und die Jury sowohl wie das Publikum begriff alsbald die Tragweite dieser Neuerung. Der Tiegel-Guſsstahl war aber ein kostbares, teures Material. Das Bedürfnis nach einem billigeren Ersatzmittel desselben wurde immer dringender. Gelang es, einen billigen Massenstahl zu bereiten, so würde dieser für viele Dinge, für die man sich jetzt mit Schmiedeeisen begnügen muſste, Verwendung finden. Diese Betrachtung war es, die den Erfindungs- geist auf neue Wege führte. Die Puddelstahlbereitung war der erste, der mit Erfolg betreten worden war. Es zeigte sich aber bald, daſs sich durchaus nicht alle Eisensorten zur Puddelstahlfabrikation eigneten, daſs dieselbe vielmehr ein Roheisen von besonderer Güte und besonderen Eigenschaften verlangte, wodurch sie in ihrer Anwendung beschränkt blieb. Auch war der Weg bis zum fertigen Puddelstahl immer noch ein weiter. Erst muſste in teuren Hochöfen das hochgekohlte Roh- eisen erzeugt werden, dem man dann in Flammöfen mit groſsem Brennstoffaufwand wieder einen Teil des Kohlenstoffs entzog. Dies war ein kostspieliger Umweg. Der direkte Weg mit Umgehung des Hochofenprozesses versprach groſse Vorteile. Daſs er möglich war, bezeugten die Katalanschmieden in den Pyrenäen. Diese Betrachtung war es, die Chenot, Renton, Yates, Gurlt und Andere zur Er- findung neuer Stahlprozesse führte. Von diesen erregte der von Chenot das gröſste Aufsehen und die gröſsten Erwartungen, die sich aber nicht erfüllt haben. Andrien Chenot hat mit Eifer und Be- geisterung sein ganzes Leben dieser einen Aufgabe gewidmet und durch Beharrlichkeit und Reklame hat er auch am Schlusse seiner Laufbahn einen Scheinerfolg erzielt, der aber wenige Jahre nach seinem Tode in Nichts verschwand. Schon als Student in der École des mines, 1822, und im folgenden Jahre, 1823, hatte er seine Ver- suche über direkte Eisengewinnung aus den Erzen begonnen 1). 1831 baute er einen Ofen für Versuche im Groſsen, 1846 hatte er sein Ver- fahren soweit ausgebildet, daſs er in Frankreich und England Patente darauf nahm. 1851 stellte er seine in den Werken von Bagenay & Komp. durch Reduktion der Erze erhaltenen Eisenschwämme (éponges metalliques) und Proben von daraus erzeugtem Stahl und 1) Siehe die Biographie von A. Chenot von Ed. Grateau in Revue uni- verselle, 4. livr., 1859, p. 1. 56*
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Stahlbereitung 1851 bis 1860.
einen Stahlguſs von noch nicht dagewesener Gröſse ausgestellt, sondern
er hatte auch die Verwendung des Guſsstahles für Zwecke, für die
man bis dahin nur Schmiede- oder Guſseisen verwendet hatte, wie für
Eisenbahnwagenachsen und Kanonenrohre, gezeigt, und die Jury sowohl
wie das Publikum begriff alsbald die Tragweite dieser Neuerung. Der
Tiegel-Guſsstahl war aber ein kostbares, teures Material. Das Bedürfnis
nach einem billigeren Ersatzmittel desselben wurde immer dringender.
Gelang es, einen billigen Massenstahl zu bereiten, so würde dieser für
viele Dinge, für die man sich jetzt mit Schmiedeeisen begnügen muſste,
Verwendung finden. Diese Betrachtung war es, die den Erfindungs-
geist auf neue Wege führte. Die Puddelstahlbereitung war der erste, der
mit Erfolg betreten worden war. Es zeigte sich aber bald, daſs sich
durchaus nicht alle Eisensorten zur Puddelstahlfabrikation eigneten,
daſs dieselbe vielmehr ein Roheisen von besonderer Güte und besonderen
Eigenschaften verlangte, wodurch sie in ihrer Anwendung beschränkt
blieb. Auch war der Weg bis zum fertigen Puddelstahl immer noch
ein weiter. Erst muſste in teuren Hochöfen das hochgekohlte Roh-
eisen erzeugt werden, dem man dann in Flammöfen mit groſsem
Brennstoffaufwand wieder einen Teil des Kohlenstoffs entzog. Dies
war ein kostspieliger Umweg. Der direkte Weg mit Umgehung des
Hochofenprozesses versprach groſse Vorteile. Daſs er möglich war,
bezeugten die Katalanschmieden in den Pyrenäen. Diese Betrachtung
war es, die Chenot, Renton, Yates, Gurlt und Andere zur Er-
findung neuer Stahlprozesse führte. Von diesen erregte der von
Chenot das gröſste Aufsehen und die gröſsten Erwartungen, die sich
aber nicht erfüllt haben. Andrien Chenot hat mit Eifer und Be-
geisterung sein ganzes Leben dieser einen Aufgabe gewidmet und
durch Beharrlichkeit und Reklame hat er auch am Schlusse seiner
Laufbahn einen Scheinerfolg erzielt, der aber wenige Jahre nach
seinem Tode in Nichts verschwand. Schon als Student in der École
des mines, 1822, und im folgenden Jahre, 1823, hatte er seine Ver-
suche über direkte Eisengewinnung aus den Erzen begonnen 1). 1831
baute er einen Ofen für Versuche im Groſsen, 1846 hatte er sein Ver-
fahren soweit ausgebildet, daſs er in Frankreich und England Patente
darauf nahm. 1851 stellte er seine in den Werken von Bagenay
& Komp. durch Reduktion der Erze erhaltenen Eisenschwämme
(éponges metalliques) und Proben von daraus erzeugtem Stahl und
1) Siehe die Biographie von A. Chenot von Ed. Grateau in Revue uni-
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