aber kein Stahl. Ebenso urteilte Truran, der ausserdem der Er- findung die Originalität absprach.
Im Auslande ging es dem Erfinder meist nicht besser. In Frank- reich veröffentlichte Pion einen ungünstigen Bericht über den Bessemer- prozess. Er behauptete, dass nach Versuchen, die in Wales gemacht worden seien, der Abbrand nicht 12,5, wie Bessemer angäbe, sondern 40 Proz. betragen habe. Er selbst hätte Versuchen beigewohnt, die zu Ebbw-Vale in einem kleinen Kupolofen mit zwei Öffnungen zum Eintragen des Eisens und zwei Öffnungen für den Austritt der Flamme, sieben Düsen am Boden und seitlichem Abstich gemacht worden waren. Nach 2 Minuten wäre die Reaktion sehr deutlich eingetreten. Das Ausströmen der Funkengarben dauerte etwa 10 Minuten, der ganze Versuch nahm etwa 18 Minuten in Anspruch. Das Erzeugnis war ein Eisen von mittelmässiger Qualität, das bei 40 Proz. Abbrand sehr teuer zu stehen kam. Pion bemerkt übrigens, dass man schlechtes Roheisen zu dem Versuch verwendet hätte. Versuche zu Dowlais sollen aber noch schlechter ausgefallen sein. Die Hitze entstehe durch verbrennendes Eisen. Kein Ofen habe mehr als drei Chargen ausgehalten.
Diesem ungünstigen Urteil von Pion schloss sich der französische Metallurg Gruner damals an, der den Prozess verwarf, weil die Hitze durch verbrennendes Eisen erzeugt und der Phosphor- und Schwefel- gehalt des Roheisens nicht entfernt würde, weshalb man aus den gewöhnlichen Roheisensorten nie ein brauchbares Produkt erhalten könne.
Die zu Cere (Dep. des Landes) in Frankreich angestellten Ver- suche hatten auch kein befriedigendes Resultat gegeben.
In Belgien fielen Proben mit Bessemermetall ungünstig aus; es erwies sich als faulbrüchig. Die Versuche, welche Margesson, der Inhaber des Privilegiums für Belgien, auf der Hütte zu Esperance anstellte, sollen dagegen befriedigende Resultate ergeben haben.
Der belgische Ingenieur Gillon veröffentlichte eine längere Arbeit über Bessemers Erfindung, in welcher er zu dem Schluss kommt, dass das Frischen des Eisens bei diesem Verfahren nur ein ganz unvollkommenes sei und dass alle Unreinigkeiten des Roheisens in dem Metall blieben; dass es sehr schwer sei, ein bestimmtes Produkt zu erzielen und dass das erhaltene Produkt sowohl durch seine chemische wie seine physikalische Beschaffenheit, seine Unreinheit und seine körnige Struktur schlecht sei. Ein Hauptnachteil des Prozesses sei, dass er ohne Schlacke und viel zu rasch verlaufe, einerlei
Henry Bessemer und seine Erfindung.
aber kein Stahl. Ebenso urteilte Truran, der auſserdem der Er- findung die Originalität absprach.
Im Auslande ging es dem Erfinder meist nicht besser. In Frank- reich veröffentlichte Pion einen ungünstigen Bericht über den Bessemer- prozeſs. Er behauptete, daſs nach Versuchen, die in Wales gemacht worden seien, der Abbrand nicht 12,5, wie Bessemer angäbe, sondern 40 Proz. betragen habe. Er selbst hätte Versuchen beigewohnt, die zu Ebbw-Vale in einem kleinen Kupolofen mit zwei Öffnungen zum Eintragen des Eisens und zwei Öffnungen für den Austritt der Flamme, sieben Düsen am Boden und seitlichem Abstich gemacht worden waren. Nach 2 Minuten wäre die Reaktion sehr deutlich eingetreten. Das Ausströmen der Funkengarben dauerte etwa 10 Minuten, der ganze Versuch nahm etwa 18 Minuten in Anspruch. Das Erzeugnis war ein Eisen von mittelmäſsiger Qualität, das bei 40 Proz. Abbrand sehr teuer zu stehen kam. Pion bemerkt übrigens, daſs man schlechtes Roheisen zu dem Versuch verwendet hätte. Versuche zu Dowlais sollen aber noch schlechter ausgefallen sein. Die Hitze entstehe durch verbrennendes Eisen. Kein Ofen habe mehr als drei Chargen ausgehalten.
Diesem ungünstigen Urteil von Pion schloſs sich der französische Metallurg Gruner damals an, der den Prozeſs verwarf, weil die Hitze durch verbrennendes Eisen erzeugt und der Phosphor- und Schwefel- gehalt des Roheisens nicht entfernt würde, weshalb man aus den gewöhnlichen Roheisensorten nie ein brauchbares Produkt erhalten könne.
Die zu Cère (Dep. des Landes) in Frankreich angestellten Ver- suche hatten auch kein befriedigendes Resultat gegeben.
In Belgien fielen Proben mit Bessemermetall ungünstig aus; es erwies sich als faulbrüchig. Die Versuche, welche Margesson, der Inhaber des Privilegiums für Belgien, auf der Hütte zu Esperance anstellte, sollen dagegen befriedigende Resultate ergeben haben.
Der belgische Ingenieur Gillon veröffentlichte eine längere Arbeit über Bessemers Erfindung, in welcher er zu dem Schluſs kommt, daſs das Frischen des Eisens bei diesem Verfahren nur ein ganz unvollkommenes sei und daſs alle Unreinigkeiten des Roheisens in dem Metall blieben; daſs es sehr schwer sei, ein bestimmtes Produkt zu erzielen und daſs das erhaltene Produkt sowohl durch seine chemische wie seine physikalische Beschaffenheit, seine Unreinheit und seine körnige Struktur schlecht sei. Ein Hauptnachteil des Prozesses sei, daſs er ohne Schlacke und viel zu rasch verlaufe, einerlei
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Henry Bessemer und seine Erfindung.
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Im Auslande ging es dem Erfinder meist nicht besser. In Frank-
reich veröffentlichte Pion einen ungünstigen Bericht über den Bessemer-
prozeſs. Er behauptete, daſs nach Versuchen, die in Wales gemacht
worden seien, der Abbrand nicht 12,5, wie Bessemer angäbe, sondern
40 Proz. betragen habe. Er selbst hätte Versuchen beigewohnt, die
zu Ebbw-Vale in einem kleinen Kupolofen mit zwei Öffnungen zum
Eintragen des Eisens und zwei Öffnungen für den Austritt der Flamme,
sieben Düsen am Boden und seitlichem Abstich gemacht worden waren.
Nach 2 Minuten wäre die Reaktion sehr deutlich eingetreten. Das
Ausströmen der Funkengarben dauerte etwa 10 Minuten, der ganze
Versuch nahm etwa 18 Minuten in Anspruch. Das Erzeugnis war
ein Eisen von mittelmäſsiger Qualität, das bei 40 Proz. Abbrand sehr
teuer zu stehen kam. Pion bemerkt übrigens, daſs man schlechtes
Roheisen zu dem Versuch verwendet hätte. Versuche zu Dowlais
sollen aber noch schlechter ausgefallen sein. Die Hitze entstehe
durch verbrennendes Eisen. Kein Ofen habe mehr als drei Chargen
ausgehalten.
Diesem ungünstigen Urteil von Pion schloſs sich der französische
Metallurg Gruner damals an, der den Prozeſs verwarf, weil die Hitze
durch verbrennendes Eisen erzeugt und der Phosphor- und Schwefel-
gehalt des Roheisens nicht entfernt würde, weshalb man aus den
gewöhnlichen Roheisensorten nie ein brauchbares Produkt erhalten
könne.
Die zu Cère (Dep. des Landes) in Frankreich angestellten Ver-
suche hatten auch kein befriedigendes Resultat gegeben.
In Belgien fielen Proben mit Bessemermetall ungünstig aus; es
erwies sich als faulbrüchig. Die Versuche, welche Margesson, der
Inhaber des Privilegiums für Belgien, auf der Hütte zu Esperance
anstellte, sollen dagegen befriedigende Resultate ergeben haben.
Der belgische Ingenieur Gillon veröffentlichte eine längere
Arbeit über Bessemers Erfindung, in welcher er zu dem Schluſs
kommt, daſs das Frischen des Eisens bei diesem Verfahren nur ein
ganz unvollkommenes sei und daſs alle Unreinigkeiten des Roheisens
in dem Metall blieben; daſs es sehr schwer sei, ein bestimmtes
Produkt zu erzielen und daſs das erhaltene Produkt sowohl durch
seine chemische wie seine physikalische Beschaffenheit, seine Unreinheit
und seine körnige Struktur schlecht sei. Ein Hauptnachteil des
Prozesses sei, daſs er ohne Schlacke und viel zu rasch verlaufe, einerlei
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 927. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/943>, abgerufen am 22.11.2024.
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