Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.Deutscher Zollverein 1851 bis 1860. wirtschaftlich enger mit Österreich zu verbinden. Es verhielt sichdeshalb ablehnend gegen die weitgehenden Projekte Brucks, schloss mit Hannover und den mit diesem verbundenen Steuervereinsstaaten am 7. September 1851 einen Vertrag zur Gründung eines gemein- schaftlichen Zollverbandes und kündigte sodann am 15. November 1851 die Verträge mit den seitherigen Zollvereinsstaaten auf den 1. Januar 1854, indem es erklärte, nur mit denjenigen Staaten, welche dem Septembervertrag beitreten würden, in einen Zollbund treten zu wollen. Mit Österreich trat Preussen in Unterhandlung wegen Abschluss eines Zollvertrages, der denn auch am 13. Februar 1853 auf sehr liberaler Grundlage zustande kam. Den dadurch isolierten süddeutschen Staaten blieb nichts anderes übrig, als sich wieder mit Preussen zu verständigen und so wurden am 4. April 1853 die Zollvereinsverträge bis zum 31. Dezember 1865 erneuert. Ein neuer grosser Zollbund, der jetzt ganz Deutschland ausser Österreich und den hanseatischen Seestädten umfasste, war dadurch erstanden. Derselbe war mit Österreich durch den neuen Handelsvertrag in ein freundschaftliches Verhältnis getreten. Der gegenseitige Zoll auf Roheisen betrug nur 1 Mark für 100 kg, für Stabeisen 4 Mark für 100 kg. Der Ausfuhrzoll auf Roh- eisen an der Ostgrenze des Zollvereinsgebietes wurde aufgehoben. Dagegen hatte sich Belgien schon 1852 dazu verstanden, dass der Differentialzoll auf Roheisen von 1 Mark auf 1,50 Mark erhöht wurde. 1853 trat dann nach Ablauf des siebenjährigen Begünstigungsvertrages der allgemeine Zollsatz von 2 Mark und 9 Mark für 100 kg Roh- und Stabeisen wieder in Kraft. Die kluge Zollpolitik Preussens in Ver- bindung mit der friedlichen politischen Entwickelung in Deutschland wirkte segensreich auf die Eisenindustrie ein, dazu kamen die technischen Fortschritte, worunter der Übergang zum Kokshochofenbetrieb, besonders im Rheinland und Westfalen, einen grossen Aufschwung der Roheisen- produktion und der Eisenindustrie überhaupt zur Folge hatte. Diese günstige Entwickelung findet ihren Ausdruck in der umstehenden statistischen Tabelle der Roheisenerzeugung, Eiseneinfuhr, -Ausfuhr und Verbrauch auf Roheisen berechnet. Aus der oberen Tabelle ist eine starke Zunahme des Eisenver- Deutscher Zollverein 1851 bis 1860. wirtschaftlich enger mit Österreich zu verbinden. Es verhielt sichdeshalb ablehnend gegen die weitgehenden Projekte Brucks, schloſs mit Hannover und den mit diesem verbundenen Steuervereinsstaaten am 7. September 1851 einen Vertrag zur Gründung eines gemein- schaftlichen Zollverbandes und kündigte sodann am 15. November 1851 die Verträge mit den seitherigen Zollvereinsstaaten auf den 1. Januar 1854, indem es erklärte, nur mit denjenigen Staaten, welche dem Septembervertrag beitreten würden, in einen Zollbund treten zu wollen. Mit Österreich trat Preuſsen in Unterhandlung wegen Abschluſs eines Zollvertrages, der denn auch am 13. Februar 1853 auf sehr liberaler Grundlage zustande kam. Den dadurch isolierten süddeutschen Staaten blieb nichts anderes übrig, als sich wieder mit Preuſsen zu verständigen und so wurden am 4. April 1853 die Zollvereinsverträge bis zum 31. Dezember 1865 erneuert. Ein neuer groſser Zollbund, der jetzt ganz Deutschland auſser Österreich und den hanseatischen Seestädten umfaſste, war dadurch erstanden. Derselbe war mit Österreich durch den neuen Handelsvertrag in ein freundschaftliches Verhältnis getreten. Der gegenseitige Zoll auf Roheisen betrug nur 1 Mark für 100 kg, für Stabeisen 4 Mark für 100 kg. Der Ausfuhrzoll auf Roh- eisen an der Ostgrenze des Zollvereinsgebietes wurde aufgehoben. Dagegen hatte sich Belgien schon 1852 dazu verstanden, daſs der Differentialzoll auf Roheisen von 1 Mark auf 1,50 Mark erhöht wurde. 1853 trat dann nach Ablauf des siebenjährigen Begünstigungsvertrages der allgemeine Zollsatz von 2 Mark und 9 Mark für 100 kg Roh- und Stabeisen wieder in Kraft. Die kluge Zollpolitik Preuſsens in Ver- bindung mit der friedlichen politischen Entwickelung in Deutschland wirkte segensreich auf die Eisenindustrie ein, dazu kamen die technischen Fortschritte, worunter der Übergang zum Kokshochofenbetrieb, besonders im Rheinland und Westfalen, einen groſsen Aufschwung der Roheisen- produktion und der Eisenindustrie überhaupt zur Folge hatte. Diese günstige Entwickelung findet ihren Ausdruck in der umstehenden statistischen Tabelle der Roheisenerzeugung, Eiseneinfuhr, -Ausfuhr und Verbrauch auf Roheisen berechnet. Aus der oberen Tabelle ist eine starke Zunahme des Eisenver- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0997" n="981"/><fw place="top" type="header">Deutscher Zollverein 1851 bis 1860.</fw><lb/> wirtschaftlich enger mit Österreich zu verbinden. Es verhielt sich<lb/> deshalb ablehnend gegen die weitgehenden Projekte <hi rendition="#g">Brucks</hi>, schloſs<lb/> mit Hannover und den mit diesem verbundenen Steuervereinsstaaten<lb/> am 7. September 1851 einen Vertrag zur Gründung eines gemein-<lb/> schaftlichen Zollverbandes und kündigte sodann am 15. November 1851<lb/> die Verträge mit den seitherigen Zollvereinsstaaten auf den 1. Januar<lb/> 1854, indem es erklärte, nur mit denjenigen Staaten, welche dem<lb/> Septembervertrag beitreten würden, in einen Zollbund treten zu wollen.<lb/> Mit Österreich trat Preuſsen in Unterhandlung wegen Abschluſs eines<lb/> Zollvertrages, der denn auch am 13. Februar 1853 auf sehr liberaler<lb/> Grundlage zustande kam. 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Deutscher Zollverein 1851 bis 1860.
wirtschaftlich enger mit Österreich zu verbinden. Es verhielt sich
deshalb ablehnend gegen die weitgehenden Projekte Brucks, schloſs
mit Hannover und den mit diesem verbundenen Steuervereinsstaaten
am 7. September 1851 einen Vertrag zur Gründung eines gemein-
schaftlichen Zollverbandes und kündigte sodann am 15. November 1851
die Verträge mit den seitherigen Zollvereinsstaaten auf den 1. Januar
1854, indem es erklärte, nur mit denjenigen Staaten, welche dem
Septembervertrag beitreten würden, in einen Zollbund treten zu wollen.
Mit Österreich trat Preuſsen in Unterhandlung wegen Abschluſs eines
Zollvertrages, der denn auch am 13. Februar 1853 auf sehr liberaler
Grundlage zustande kam. Den dadurch isolierten süddeutschen
Staaten blieb nichts anderes übrig, als sich wieder mit Preuſsen zu
verständigen und so wurden am 4. April 1853 die Zollvereinsverträge
bis zum 31. Dezember 1865 erneuert. Ein neuer groſser Zollbund,
der jetzt ganz Deutschland auſser Österreich und den hanseatischen
Seestädten umfaſste, war dadurch erstanden. Derselbe war mit Österreich
durch den neuen Handelsvertrag in ein freundschaftliches Verhältnis
getreten. Der gegenseitige Zoll auf Roheisen betrug nur 1 Mark für
100 kg, für Stabeisen 4 Mark für 100 kg. Der Ausfuhrzoll auf Roh-
eisen an der Ostgrenze des Zollvereinsgebietes wurde aufgehoben.
Dagegen hatte sich Belgien schon 1852 dazu verstanden, daſs der
Differentialzoll auf Roheisen von 1 Mark auf 1,50 Mark erhöht wurde.
1853 trat dann nach Ablauf des siebenjährigen Begünstigungsvertrages
der allgemeine Zollsatz von 2 Mark und 9 Mark für 100 kg Roh- und
Stabeisen wieder in Kraft. Die kluge Zollpolitik Preuſsens in Ver-
bindung mit der friedlichen politischen Entwickelung in Deutschland
wirkte segensreich auf die Eisenindustrie ein, dazu kamen die technischen
Fortschritte, worunter der Übergang zum Kokshochofenbetrieb, besonders
im Rheinland und Westfalen, einen groſsen Aufschwung der Roheisen-
produktion und der Eisenindustrie überhaupt zur Folge hatte. Diese
günstige Entwickelung findet ihren Ausdruck in der umstehenden
statistischen Tabelle der Roheisenerzeugung, Eiseneinfuhr, -Ausfuhr
und Verbrauch auf Roheisen berechnet.
Aus der oberen Tabelle ist eine starke Zunahme des Eisenver-
brauchs entsprechend dem groſsen Aufschwung der Eisenindustrie bis
1858 ersichtlich, von da ab fand ein Rückschlag statt. Die Entwickelung
war groſsenteils den technischen Fortschritten der Eisenindustrie in den
einzelnen Staaten zu verdanken. Der Bau von Eisenbahnen spielte
dabei eine wichtige Rolle. Die Eisenbahnlinien Deutschlands ver-
mehrten sich von 1850 bis 1860 von 5785 auf 10805 km.
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