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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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sinnen, um der schwierigen Konkurrenz mit dem Auslande, insbesondere
der Überflutung mit englischem Roheisen, entgegenzutreten. Für das
Bessemerroheisen lagen die Verhältnisse hierfür wenig günstig, anders
verhielt es sich mit dem Giessereiroheisen, das seit Jahrzehnten aus
Schottland und England bezogen wurde, und an das nicht nur die
Giessereien Norddeutschlands, sondern auch die von West- und Süd-
deutschland so gewöhnt waren, dass man an einen Ersatz durch ein-
heimisches Produkt kaum dachte. Da aber die Hochofenhütten in
Westdeutschland bei den verbesserten Betriebseinrichtungen sehr wohl
imstande waren, teils aus einheimischen (nassauischen und lothrin-
gischen), teils aus ausländischen (spanischen) Erzen ein vorzügliches
Giessereiroheisen zu erblasen, so trat 1877 auf Anregung des Direktors
Jos. Zervas an der Friedrich-Wilhelmshütte in Mühlheim a. d. Ruhr
und mit Unterstützung des preussischen Handelsministers Achenbach
eine Kommission, bestehend aus Professor H. Wedding und mehreren
Eisenindustriellen, zusammen, die den Hütteninspektor Wachler in
Gleiwitz beauftragte, vergleichende chemische und physikalische Unter-
suchungen über rheinisch-westfälische und ausländische Giesserei-
roheisensorten anzustellen. Das Ergebnis derselben fiel zu Gunsten
des deutschen Giessereiroheisens aus und hat wesentlich dazu bei-
getragen, dem deutschen Giessereiroheisen eine allgemeinere Ver-
wendung zu verschaffen und die englische Einfuhr zu beschränken.
Infolgedessen stieg der Verbrauch von deutschem Giessereiroheisen in
der zweiten Hälfte der siebziger Jahre und zwar 1875 bis 1880 von
236567 Tonnen auf 335363 Tonnen, während der Verbrauch von
ausländischem Giessereiroheisen in demselben Zeitraume von 311013
Tonnen auf 247988 Tonnen zurückging.

Die oben erwähnte Kommission hat auch das Verdienst, die Ein-
richtung öffentlicher und allgemeiner Untersuchungs- und Prüfungs-
anstalten für Eisen- und Eisenfabrikate angeregt zu haben, nachdem
Professor H. Wedding schon seit Ende der sechziger Jahre dafür
eingetreten war. 1878 wurde eine solche Anstalt für Preussen be-
schlossen, die 1880 in Berlin eröffnet wurde. Professor Bauschinger
in München hatte schon 1871 eine kleine Versuchsanstalt in München
gegründet, die dann 1880 zu einer staatlichen Materialprüfungsanstalt
erweitert wurde. Die Materialprüfung und die staatlichen Anstalten
dafür haben einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Qualität
der deutschen Eisensorten, auch des Roheisens, ausgeübt. Überhaupt
hat der deutschen Eisenindustrie die wissenschaftliche Behandlung
der technischen Aufgaben in ganz besonderer Weise genützt und viel

Deutschland (mit Luxemburg).
sinnen, um der schwierigen Konkurrenz mit dem Auslande, insbesondere
der Überflutung mit englischem Roheisen, entgegenzutreten. Für das
Bessemerroheisen lagen die Verhältnisse hierfür wenig günstig, anders
verhielt es sich mit dem Gieſsereiroheisen, das seit Jahrzehnten aus
Schottland und England bezogen wurde, und an das nicht nur die
Gieſsereien Norddeutschlands, sondern auch die von West- und Süd-
deutschland so gewöhnt waren, daſs man an einen Ersatz durch ein-
heimisches Produkt kaum dachte. Da aber die Hochofenhütten in
Westdeutschland bei den verbesserten Betriebseinrichtungen sehr wohl
imstande waren, teils aus einheimischen (nassauischen und lothrin-
gischen), teils aus ausländischen (spanischen) Erzen ein vorzügliches
Gieſsereiroheisen zu erblasen, so trat 1877 auf Anregung des Direktors
Jos. Zervas an der Friedrich-Wilhelmshütte in Mühlheim a. d. Ruhr
und mit Unterstützung des preuſsischen Handelsministers Achenbach
eine Kommission, bestehend aus Professor H. Wedding und mehreren
Eisenindustriellen, zusammen, die den Hütteninspektor Wachler in
Gleiwitz beauftragte, vergleichende chemische und physikalische Unter-
suchungen über rheinisch-westfälische und ausländische Gieſserei-
roheisensorten anzustellen. Das Ergebnis derselben fiel zu Gunsten
des deutschen Gieſsereiroheisens aus und hat wesentlich dazu bei-
getragen, dem deutschen Gieſsereiroheisen eine allgemeinere Ver-
wendung zu verschaffen und die englische Einfuhr zu beschränken.
Infolgedessen stieg der Verbrauch von deutschem Gieſsereiroheisen in
der zweiten Hälfte der siebziger Jahre und zwar 1875 bis 1880 von
236567 Tonnen auf 335363 Tonnen, während der Verbrauch von
ausländischem Gieſsereiroheisen in demselben Zeitraume von 311013
Tonnen auf 247988 Tonnen zurückging.

Die oben erwähnte Kommission hat auch das Verdienst, die Ein-
richtung öffentlicher und allgemeiner Untersuchungs- und Prüfungs-
anstalten für Eisen- und Eisenfabrikate angeregt zu haben, nachdem
Professor H. Wedding schon seit Ende der sechziger Jahre dafür
eingetreten war. 1878 wurde eine solche Anstalt für Preuſsen be-
schlossen, die 1880 in Berlin eröffnet wurde. Professor Bauschinger
in München hatte schon 1871 eine kleine Versuchsanstalt in München
gegründet, die dann 1880 zu einer staatlichen Materialprüfungsanstalt
erweitert wurde. Die Materialprüfung und die staatlichen Anstalten
dafür haben einen nicht zu unterschätzenden Einfluſs auf die Qualität
der deutschen Eisensorten, auch des Roheisens, ausgeübt. Überhaupt
hat der deutschen Eisenindustrie die wissenschaftliche Behandlung
der technischen Aufgaben in ganz besonderer Weise genützt und viel

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[988/1004] Deutschland (mit Luxemburg). sinnen, um der schwierigen Konkurrenz mit dem Auslande, insbesondere der Überflutung mit englischem Roheisen, entgegenzutreten. Für das Bessemerroheisen lagen die Verhältnisse hierfür wenig günstig, anders verhielt es sich mit dem Gieſsereiroheisen, das seit Jahrzehnten aus Schottland und England bezogen wurde, und an das nicht nur die Gieſsereien Norddeutschlands, sondern auch die von West- und Süd- deutschland so gewöhnt waren, daſs man an einen Ersatz durch ein- heimisches Produkt kaum dachte. Da aber die Hochofenhütten in Westdeutschland bei den verbesserten Betriebseinrichtungen sehr wohl imstande waren, teils aus einheimischen (nassauischen und lothrin- gischen), teils aus ausländischen (spanischen) Erzen ein vorzügliches Gieſsereiroheisen zu erblasen, so trat 1877 auf Anregung des Direktors Jos. Zervas an der Friedrich-Wilhelmshütte in Mühlheim a. d. Ruhr und mit Unterstützung des preuſsischen Handelsministers Achenbach eine Kommission, bestehend aus Professor H. Wedding und mehreren Eisenindustriellen, zusammen, die den Hütteninspektor Wachler in Gleiwitz beauftragte, vergleichende chemische und physikalische Unter- suchungen über rheinisch-westfälische und ausländische Gieſserei- roheisensorten anzustellen. Das Ergebnis derselben fiel zu Gunsten des deutschen Gieſsereiroheisens aus und hat wesentlich dazu bei- getragen, dem deutschen Gieſsereiroheisen eine allgemeinere Ver- wendung zu verschaffen und die englische Einfuhr zu beschränken. Infolgedessen stieg der Verbrauch von deutschem Gieſsereiroheisen in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre und zwar 1875 bis 1880 von 236567 Tonnen auf 335363 Tonnen, während der Verbrauch von ausländischem Gieſsereiroheisen in demselben Zeitraume von 311013 Tonnen auf 247988 Tonnen zurückging. Die oben erwähnte Kommission hat auch das Verdienst, die Ein- richtung öffentlicher und allgemeiner Untersuchungs- und Prüfungs- anstalten für Eisen- und Eisenfabrikate angeregt zu haben, nachdem Professor H. Wedding schon seit Ende der sechziger Jahre dafür eingetreten war. 1878 wurde eine solche Anstalt für Preuſsen be- schlossen, die 1880 in Berlin eröffnet wurde. Professor Bauschinger in München hatte schon 1871 eine kleine Versuchsanstalt in München gegründet, die dann 1880 zu einer staatlichen Materialprüfungsanstalt erweitert wurde. Die Materialprüfung und die staatlichen Anstalten dafür haben einen nicht zu unterschätzenden Einfluſs auf die Qualität der deutschen Eisensorten, auch des Roheisens, ausgeübt. Überhaupt hat der deutschen Eisenindustrie die wissenschaftliche Behandlung der technischen Aufgaben in ganz besonderer Weise genützt und viel

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 988. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1004>, abgerufen am 22.11.2024.