158000 Tonnen, doch fing man an, grössere Hochöfen zu bauen. Oberschlesien war gegen Rheinland und Westfalen zurückgeblieben, woran seine armen Erze und sein schlechter Koks schuld waren. Die Erze waren mulmig, strengflüssig und nur für graues Roheisen ge- eignet; dieses enthielt 3 bis 4 Prozent Silicium und 0,2 bis 0,5 Pro- zent Phosphor und war zur Flusseisenerzeugung nicht verwendbar. Es wurde in Puddelöfen auf Schweisseisen verarbeitet und hierfür zum Teil noch vorher gefeint. Auf 100 Roheisen wurden 150 bis 160 Backkoks oder 200 Sinterkoks verbraucht. Man konnte meist nur Stückkohlen verkoken. Der grösste Hochofen in Gleiwitz war damals 13,7 m hoch, 5,24 m im Kohlensack und 4 m in der Gicht weit, hatte geschlossene Brust und acht Formen und schmolz 250 Tonnen in der Woche. Im Herbst 1871 begann man mit dem Bau eines grossen Hochofens auf der Königshütte.
Friedrich Krupp in Essen erwarb 1871 die Hermannshütte bei Neuwied zur Erzeugung von manganreichem Roheisen und 1872 die Johanneshütte bei Duisburg zum Verschmelzen spanischer Erze zu Bessemerroheisen. Auf der Mühlhofenerhütte wurde 1871 ein pneumatischer Aufzug erbaut. Die Georg-Marienhütte bei Osnabrück blies ebenfalls Bessemerroheisen, und man hatte dort 1872 eiserne Winderhitzer mit Hängeröhren von Burg. Hängeröhren-Wind- erhitzer führte Hupfeld 1872 auch im Siegerland ein. In Hörde baute man dagegen steinerne Whitwellapparate. Die Hochofen- schlacken wurden auf der Georg-Marienhütte zu Schlackensteinen und zu Schlackenwolle verarbeitet. 1872 entstand die Dortmunder Union durch Vereinigung einer grösseren Anzahl Berg- und Hütten- werke, darunter die Hochofenanlagen zu Dortmund, Henrichshütte bei Hattingen, Neu-Schottland bei Duisburg. In diesem Jahre wurden auch die gräflich Einsiedelschen Werke Lauchhammer, Gröditz und Burg- hammer in ein Aktienunternehmen umgewandelt. 1873 erregte, wie bereits erwähnt, Bütgenbachs Hochofen mit dünner Schachtwand auf der Wiener Weltausstellung Aufsehen. Ähnliche Öfen waren aber bereits auf der Ilseder, Georg-Marien- und Königshütte erbaut worden. Die Eisen- industrie in Lothringen und Luxemburg entwickelte sich immer rascher. Zu Esch in Luxemburg erzielte man mit Whitwell-Winderhitzern gute Erfolge und eine hohe Tagesproduktion. Zu Ilseder Hütte hatten die Hochöfen 216 cbm Inhalt, und man erblies durchschnittlich bei 300° C. Windtemperatur und 0,265 kg pro Quadratcentimeter Pressung aus 234,5 Tonnen Erz und 94,25 Tonnen Koks 85,3 Tonnen Roheisen; doch war schon 1872 eine Höchstproduktion von 101,9 Tonnen erzielt
Deutschland (mit Luxemburg).
158000 Tonnen, doch fing man an, gröſsere Hochöfen zu bauen. Oberschlesien war gegen Rheinland und Westfalen zurückgeblieben, woran seine armen Erze und sein schlechter Koks schuld waren. Die Erze waren mulmig, strengflüssig und nur für graues Roheisen ge- eignet; dieses enthielt 3 bis 4 Prozent Silicium und 0,2 bis 0,5 Pro- zent Phosphor und war zur Fluſseisenerzeugung nicht verwendbar. Es wurde in Puddelöfen auf Schweiſseisen verarbeitet und hierfür zum Teil noch vorher gefeint. Auf 100 Roheisen wurden 150 bis 160 Backkoks oder 200 Sinterkoks verbraucht. Man konnte meist nur Stückkohlen verkoken. Der gröſste Hochofen in Gleiwitz war damals 13,7 m hoch, 5,24 m im Kohlensack und 4 m in der Gicht weit, hatte geschlossene Brust und acht Formen und schmolz 250 Tonnen in der Woche. Im Herbst 1871 begann man mit dem Bau eines groſsen Hochofens auf der Königshütte.
Friedrich Krupp in Essen erwarb 1871 die Hermannshütte bei Neuwied zur Erzeugung von manganreichem Roheisen und 1872 die Johanneshütte bei Duisburg zum Verschmelzen spanischer Erze zu Bessemerroheisen. Auf der Mühlhofenerhütte wurde 1871 ein pneumatischer Aufzug erbaut. Die Georg-Marienhütte bei Osnabrück blies ebenfalls Bessemerroheisen, und man hatte dort 1872 eiserne Winderhitzer mit Hängeröhren von Burg. Hängeröhren-Wind- erhitzer führte Hupfeld 1872 auch im Siegerland ein. In Hörde baute man dagegen steinerne Whitwellapparate. Die Hochofen- schlacken wurden auf der Georg-Marienhütte zu Schlackensteinen und zu Schlackenwolle verarbeitet. 1872 entstand die Dortmunder Union durch Vereinigung einer gröſseren Anzahl Berg- und Hütten- werke, darunter die Hochofenanlagen zu Dortmund, Henrichshütte bei Hattingen, Neu-Schottland bei Duisburg. In diesem Jahre wurden auch die gräflich Einsiedelschen Werke Lauchhammer, Gröditz und Burg- hammer in ein Aktienunternehmen umgewandelt. 1873 erregte, wie bereits erwähnt, Bütgenbachs Hochofen mit dünner Schachtwand auf der Wiener Weltausstellung Aufsehen. Ähnliche Öfen waren aber bereits auf der Ilseder, Georg-Marien- und Königshütte erbaut worden. Die Eisen- industrie in Lothringen und Luxemburg entwickelte sich immer rascher. Zu Esch in Luxemburg erzielte man mit Whitwell-Winderhitzern gute Erfolge und eine hohe Tagesproduktion. Zu Ilseder Hütte hatten die Hochöfen 216 cbm Inhalt, und man erblies durchschnittlich bei 300° C. Windtemperatur und 0,265 kg pro Quadratcentimeter Pressung aus 234,5 Tonnen Erz und 94,25 Tonnen Koks 85,3 Tonnen Roheisen; doch war schon 1872 eine Höchstproduktion von 101,9 Tonnen erzielt
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Deutschland (mit Luxemburg).
158000 Tonnen, doch fing man an, gröſsere Hochöfen zu bauen.
Oberschlesien war gegen Rheinland und Westfalen zurückgeblieben,
woran seine armen Erze und sein schlechter Koks schuld waren. Die
Erze waren mulmig, strengflüssig und nur für graues Roheisen ge-
eignet; dieses enthielt 3 bis 4 Prozent Silicium und 0,2 bis 0,5 Pro-
zent Phosphor und war zur Fluſseisenerzeugung nicht verwendbar.
Es wurde in Puddelöfen auf Schweiſseisen verarbeitet und hierfür
zum Teil noch vorher gefeint. Auf 100 Roheisen wurden 150 bis 160
Backkoks oder 200 Sinterkoks verbraucht. Man konnte meist nur
Stückkohlen verkoken. Der gröſste Hochofen in Gleiwitz war damals
13,7 m hoch, 5,24 m im Kohlensack und 4 m in der Gicht weit, hatte
geschlossene Brust und acht Formen und schmolz 250 Tonnen in
der Woche. Im Herbst 1871 begann man mit dem Bau eines groſsen
Hochofens auf der Königshütte.
Friedrich Krupp in Essen erwarb 1871 die Hermannshütte
bei Neuwied zur Erzeugung von manganreichem Roheisen und 1872
die Johanneshütte bei Duisburg zum Verschmelzen spanischer Erze
zu Bessemerroheisen. Auf der Mühlhofenerhütte wurde 1871 ein
pneumatischer Aufzug erbaut. Die Georg-Marienhütte bei Osnabrück
blies ebenfalls Bessemerroheisen, und man hatte dort 1872 eiserne
Winderhitzer mit Hängeröhren von Burg. Hängeröhren-Wind-
erhitzer führte Hupfeld 1872 auch im Siegerland ein. In Hörde
baute man dagegen steinerne Whitwellapparate. Die Hochofen-
schlacken wurden auf der Georg-Marienhütte zu Schlackensteinen
und zu Schlackenwolle verarbeitet. 1872 entstand die Dortmunder
Union durch Vereinigung einer gröſseren Anzahl Berg- und Hütten-
werke, darunter die Hochofenanlagen zu Dortmund, Henrichshütte bei
Hattingen, Neu-Schottland bei Duisburg. In diesem Jahre wurden auch
die gräflich Einsiedelschen Werke Lauchhammer, Gröditz und Burg-
hammer in ein Aktienunternehmen umgewandelt. 1873 erregte, wie
bereits erwähnt, Bütgenbachs Hochofen mit dünner Schachtwand auf der
Wiener Weltausstellung Aufsehen. Ähnliche Öfen waren aber bereits auf
der Ilseder, Georg-Marien- und Königshütte erbaut worden. Die Eisen-
industrie in Lothringen und Luxemburg entwickelte sich immer rascher.
Zu Esch in Luxemburg erzielte man mit Whitwell-Winderhitzern
gute Erfolge und eine hohe Tagesproduktion. Zu Ilseder Hütte hatten
die Hochöfen 216 cbm Inhalt, und man erblies durchschnittlich bei
300° C. Windtemperatur und 0,265 kg pro Quadratcentimeter Pressung
aus 234,5 Tonnen Erz und 94,25 Tonnen Koks 85,3 Tonnen Roheisen;
doch war schon 1872 eine Höchstproduktion von 101,9 Tonnen erzielt
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 990. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1006>, abgerufen am 22.11.2024.
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