Vereinigte Staaten, eingeführten neuen Prozess. Derselbe bestand darin, dass die zerkleinerten Erze mit 25 Proz. Steinkohlen vermengt, in einem horizontal über einem Puddelofen rotierenden Cylinder von ca. 20 Fuss Länge, durch die abgehenden Gase des Puddelofens redu- ziert wurden. Die Vorwärtsbewegung der Masse geschah durch eine Schnecke; das Einfüllen und Entladen erfolgte kontinuierlich bei jeder Umdrehung. Das reduzierte Erz gelangte direkt auf den Herd des Puddelofens, wo es zu einer Luppe zusammengeschweisst wurde. Jeder Austrag lieferte Erz für eine Luppe von 110 bis 120 Pfund. In 221/2 Minuten gelangten 200 Pfund des reinen Magneteisenerzes in den Ofen, in derselben Zeit war die vorhergehende Charge geschweisst 1).
Von Erfolgen dieses Prozesses ist indessen nichts bekannt ge- worden. Dasselbe gilt von einer Reihe englischer Patente, die wie das beschriebene Verfahren von Rogers mehr oder weniger Ähnlich- keit mit Chenots Prozess haben. Eins derselben von Ed. Brown Wilson vom 16. Mai 1863 will Reduktion und Schweissung in einem Ofen mit zwei Kammern ausführen. In der höher gelegenen Reduktions- kammer (reducing chamber) wird das zerkleinerte und mit den Reduk- tionsmitteln vermischte Erz eingesetzt, durch eine Gasflamme reduziert und bis zum Schmelzen erhitzt. Das reduzierte und gekohlte Eisen soll zugleich mit der Gasflamme durch Öffnungen in der Scheide- wand (diaphragm) in die Raffinierkammer (refining chamber) gelangen, in welche ausserdem noch mehr oder weniger oxydierende Gasflammen durch seitliche Öffnungen eintreten und das Eisen reinigen.
W. Henderson nahm am 10. Juli 1863 ein Patent darauf, reiche Eisenerze, namentlich aber die Rückstände der bei der Schwefelsäure- fabrikation fallenden gerösteten Schwefelkiese direkt auf Schmiede- eisen und Stahl zu verarbeiten. Er mischte das gepulverte Erz mit Kohle und Flussmitteln -- Kalk, Kochsalz oder anderen Chloriden --, formte Klumpen daraus und reduzierte diese in Retorten. Die redu- zierten Massen wurden in Gasflammöfen zu Schmiedeeisen, Gusseisen oder Stahl eingeschmolzen. Für Schmiedeeisen sollte der Kohlenzusatz ca. 5 Proz., für Gusseisen 10 Proz. betragen; wollte man Stahl erhalten, so mussten 5 bis 8 Proz. Manganoxyd oder Mangankarbonat zugesetzt werden. Das Reduktionsgefäss war eine ca. 20 Fuss lange, senkrecht stehende Retorte, die unten in Wasser eintaucht wurde. Aus diesem wurde das reduzierte Eisenpulver geschöpft.
1) Siehe Percy-Wedding, I, S. 603.
Direkte Schmiedeeisenbereitung.
Vereinigte Staaten, eingeführten neuen Prozeſs. Derselbe bestand darin, daſs die zerkleinerten Erze mit 25 Proz. Steinkohlen vermengt, in einem horizontal über einem Puddelofen rotierenden Cylinder von ca. 20 Fuſs Länge, durch die abgehenden Gase des Puddelofens redu- ziert wurden. Die Vorwärtsbewegung der Masse geschah durch eine Schnecke; das Einfüllen und Entladen erfolgte kontinuierlich bei jeder Umdrehung. Das reduzierte Erz gelangte direkt auf den Herd des Puddelofens, wo es zu einer Luppe zusammengeschweiſst wurde. Jeder Austrag lieferte Erz für eine Luppe von 110 bis 120 Pfund. In 22½ Minuten gelangten 200 Pfund des reinen Magneteisenerzes in den Ofen, in derselben Zeit war die vorhergehende Charge geschweiſst 1).
Von Erfolgen dieses Prozesses ist indessen nichts bekannt ge- worden. Dasselbe gilt von einer Reihe englischer Patente, die wie das beschriebene Verfahren von Rogers mehr oder weniger Ähnlich- keit mit Chenots Prozeſs haben. Eins derselben von Ed. Brown Wilson vom 16. Mai 1863 will Reduktion und Schweiſsung in einem Ofen mit zwei Kammern ausführen. In der höher gelegenen Reduktions- kammer (reducing chamber) wird das zerkleinerte und mit den Reduk- tionsmitteln vermischte Erz eingesetzt, durch eine Gasflamme reduziert und bis zum Schmelzen erhitzt. Das reduzierte und gekohlte Eisen soll zugleich mit der Gasflamme durch Öffnungen in der Scheide- wand (diaphragm) in die Raffinierkammer (refining chamber) gelangen, in welche auſserdem noch mehr oder weniger oxydierende Gasflammen durch seitliche Öffnungen eintreten und das Eisen reinigen.
W. Henderson nahm am 10. Juli 1863 ein Patent darauf, reiche Eisenerze, namentlich aber die Rückstände der bei der Schwefelsäure- fabrikation fallenden gerösteten Schwefelkiese direkt auf Schmiede- eisen und Stahl zu verarbeiten. Er mischte das gepulverte Erz mit Kohle und Fluſsmitteln — Kalk, Kochsalz oder anderen Chloriden —, formte Klumpen daraus und reduzierte diese in Retorten. Die redu- zierten Massen wurden in Gasflammöfen zu Schmiedeeisen, Guſseisen oder Stahl eingeschmolzen. Für Schmiedeeisen sollte der Kohlenzusatz ca. 5 Proz., für Guſseisen 10 Proz. betragen; wollte man Stahl erhalten, so muſsten 5 bis 8 Proz. Manganoxyd oder Mangankarbonat zugesetzt werden. Das Reduktionsgefäſs war eine ca. 20 Fuſs lange, senkrecht stehende Retorte, die unten in Wasser eintaucht wurde. Aus diesem wurde das reduzierte Eisenpulver geschöpft.
1) Siehe Percy-Wedding, I, S. 603.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0107"n="91"/><fwplace="top"type="header">Direkte Schmiedeeisenbereitung.</fw><lb/>
Vereinigte Staaten, eingeführten neuen Prozeſs. Derselbe bestand<lb/>
darin, daſs die zerkleinerten Erze mit 25 Proz. Steinkohlen vermengt,<lb/>
in einem horizontal über einem Puddelofen rotierenden Cylinder von<lb/>
ca. 20 Fuſs Länge, durch die abgehenden Gase des Puddelofens redu-<lb/>
ziert wurden. Die Vorwärtsbewegung der Masse geschah durch eine<lb/>
Schnecke; das Einfüllen und Entladen erfolgte kontinuierlich bei jeder<lb/>
Umdrehung. Das reduzierte Erz gelangte direkt auf den Herd des<lb/>
Puddelofens, wo es zu einer Luppe zusammengeschweiſst wurde.<lb/>
Jeder Austrag lieferte Erz für eine Luppe von 110 bis 120 Pfund.<lb/>
In 22½ Minuten gelangten 200 Pfund des reinen Magneteisenerzes<lb/>
in den Ofen, in derselben Zeit war die vorhergehende Charge<lb/>
geschweiſst <noteplace="foot"n="1)">Siehe <hirendition="#g">Percy-Wedding</hi>, I, S. 603.</note>.</p><lb/><p>Von Erfolgen dieses Prozesses ist indessen nichts bekannt ge-<lb/>
worden. Dasselbe gilt von einer Reihe englischer Patente, die wie<lb/>
das beschriebene Verfahren von <hirendition="#g">Rogers</hi> mehr oder weniger Ähnlich-<lb/>
keit mit <hirendition="#g">Chenots</hi> Prozeſs haben. Eins derselben von <hirendition="#g">Ed. Brown<lb/>
Wilson</hi> vom 16. Mai 1863 will Reduktion und Schweiſsung in einem<lb/>
Ofen mit zwei Kammern ausführen. In der höher gelegenen Reduktions-<lb/>
kammer (reducing chamber) wird das zerkleinerte und mit den Reduk-<lb/>
tionsmitteln vermischte Erz eingesetzt, durch eine Gasflamme reduziert<lb/>
und bis zum Schmelzen erhitzt. Das reduzierte und gekohlte Eisen<lb/>
soll zugleich mit der Gasflamme durch Öffnungen in der Scheide-<lb/>
wand (diaphragm) in die Raffinierkammer (refining chamber) gelangen,<lb/>
in welche auſserdem noch mehr oder weniger oxydierende Gasflammen<lb/>
durch seitliche Öffnungen eintreten und das Eisen reinigen.</p><lb/><p>W. <hirendition="#g">Henderson</hi> nahm am 10. Juli 1863 ein Patent darauf, reiche<lb/>
Eisenerze, namentlich aber die Rückstände der bei der Schwefelsäure-<lb/>
fabrikation fallenden gerösteten Schwefelkiese direkt auf Schmiede-<lb/>
eisen und Stahl zu verarbeiten. Er mischte das gepulverte Erz mit<lb/>
Kohle und Fluſsmitteln — Kalk, Kochsalz oder anderen Chloriden —,<lb/>
formte Klumpen daraus und reduzierte diese in Retorten. Die redu-<lb/>
zierten Massen wurden in Gasflammöfen zu Schmiedeeisen, Guſseisen<lb/>
oder Stahl eingeschmolzen. Für Schmiedeeisen sollte der Kohlenzusatz<lb/>
ca. 5 Proz., für Guſseisen 10 Proz. betragen; wollte man Stahl erhalten,<lb/>
so muſsten 5 bis 8 Proz. Manganoxyd oder Mangankarbonat zugesetzt<lb/>
werden. Das Reduktionsgefäſs war eine ca. 20 Fuſs lange, senkrecht<lb/>
stehende Retorte, die unten in Wasser eintaucht wurde. Aus diesem<lb/>
wurde das reduzierte Eisenpulver geschöpft.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[91/0107]
Direkte Schmiedeeisenbereitung.
Vereinigte Staaten, eingeführten neuen Prozeſs. Derselbe bestand
darin, daſs die zerkleinerten Erze mit 25 Proz. Steinkohlen vermengt,
in einem horizontal über einem Puddelofen rotierenden Cylinder von
ca. 20 Fuſs Länge, durch die abgehenden Gase des Puddelofens redu-
ziert wurden. Die Vorwärtsbewegung der Masse geschah durch eine
Schnecke; das Einfüllen und Entladen erfolgte kontinuierlich bei jeder
Umdrehung. Das reduzierte Erz gelangte direkt auf den Herd des
Puddelofens, wo es zu einer Luppe zusammengeschweiſst wurde.
Jeder Austrag lieferte Erz für eine Luppe von 110 bis 120 Pfund.
In 22½ Minuten gelangten 200 Pfund des reinen Magneteisenerzes
in den Ofen, in derselben Zeit war die vorhergehende Charge
geschweiſst 1).
Von Erfolgen dieses Prozesses ist indessen nichts bekannt ge-
worden. Dasselbe gilt von einer Reihe englischer Patente, die wie
das beschriebene Verfahren von Rogers mehr oder weniger Ähnlich-
keit mit Chenots Prozeſs haben. Eins derselben von Ed. Brown
Wilson vom 16. Mai 1863 will Reduktion und Schweiſsung in einem
Ofen mit zwei Kammern ausführen. In der höher gelegenen Reduktions-
kammer (reducing chamber) wird das zerkleinerte und mit den Reduk-
tionsmitteln vermischte Erz eingesetzt, durch eine Gasflamme reduziert
und bis zum Schmelzen erhitzt. Das reduzierte und gekohlte Eisen
soll zugleich mit der Gasflamme durch Öffnungen in der Scheide-
wand (diaphragm) in die Raffinierkammer (refining chamber) gelangen,
in welche auſserdem noch mehr oder weniger oxydierende Gasflammen
durch seitliche Öffnungen eintreten und das Eisen reinigen.
W. Henderson nahm am 10. Juli 1863 ein Patent darauf, reiche
Eisenerze, namentlich aber die Rückstände der bei der Schwefelsäure-
fabrikation fallenden gerösteten Schwefelkiese direkt auf Schmiede-
eisen und Stahl zu verarbeiten. Er mischte das gepulverte Erz mit
Kohle und Fluſsmitteln — Kalk, Kochsalz oder anderen Chloriden —,
formte Klumpen daraus und reduzierte diese in Retorten. Die redu-
zierten Massen wurden in Gasflammöfen zu Schmiedeeisen, Guſseisen
oder Stahl eingeschmolzen. Für Schmiedeeisen sollte der Kohlenzusatz
ca. 5 Proz., für Guſseisen 10 Proz. betragen; wollte man Stahl erhalten,
so muſsten 5 bis 8 Proz. Manganoxyd oder Mangankarbonat zugesetzt
werden. Das Reduktionsgefäſs war eine ca. 20 Fuſs lange, senkrecht
stehende Retorte, die unten in Wasser eintaucht wurde. Aus diesem
wurde das reduzierte Eisenpulver geschöpft.
1) Siehe Percy-Wedding, I, S. 603.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/107>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.