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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Schweden.
Abhängigkeit von den Wasserkräften wurde die Anlage grosser Werke
erschwert. Es gab damals eigentlich nur eine grosse Anlage, die zu
Motala, die auch die einzigen Puddelöfen Schwedens besass, und die
damals unter der Leitung von Kapitän Carlsund gutes Kesselblech
aus Bessemereisen machte.

Der Martinbetrieb war 1868 in sehr bescheidenem Massstabe zu
Kilafors eingeführt worden; auch der 1869 von J. L. Sebenius in
Munkfors erbaute Ofen mit Gasfeuerung nach Lundins System war
nur für einen Einsatz von 1 Tonne konstruiert.

Zu Losjöfors 1) hatte man 1870 einen Ofen für 30 Centner =
1275 kg Einsatz nach Lundins System mit Gasfeuerung und Konden-
sation erbaut, bei dem ein kräftiger Zug durch einen Ventilator
bewirkt wurde. Dies war nötig, weil das strengflüssige Roheisen von
Persberg eine grössere Hitze verlangte als das zu Munkfors ver-
wendete Tabergeisen. Der erzielte Martinstahl wurde in kleine Blöcke
gegossen, die dann unter dem Hammer ausgereckt wurden. Spiegel-
eisen zum Nachsatz beim Bessemern und im Flammofen, obgleich nur
wenig verwendet, wurde aus Knebelit und manganhaltigem Eisen-
granat erblasen.

Im Jahre 1872 entstanden neue Holzkohlenhochöfen und Bessemer-
werke bei Nya Kopparsberg, zu Bjorneberg, Stjernfors und Nyahammer.
Larsen erfand einen Gasanwärmer für Bessemeröfen, der mit Hoch-
ofengasen gespeist wurde und der sich zu Barka in Darne und auf
Swartnas Eisenwerk in Stora Kopparberg bewährte.

Das gute Kanoneneisen von Finspang und Ankarsrum wurde
aus Magnetit mit Holzkohlen erblasen. Eckman goss 1873 zu
Finspang sehr feste Geschosse. Die Geschütze goss man der Festig-
keit wegen nicht mehr aus dem Hochofen, sondern aus dem Flamm-
ofen, worin man das Roheisen umschmolz.

1873 wurden mancherlei Verbesserungen eingeführt. Ein wichtiges
Ereignis war die Gründung einer englischen Gesellschaft zur Aus-
beutung der grossen Eisenerzlager zu Gellivara in Nordschweden.

Fillafers Gasröstöfen kamen zur Einführung. Zu Schisshyttan
und Finbo bestand ein regelmässiger Hochofenbetrieb auf Spiegeleisen.

Bei dem Frischen kamen die verbesserten Lancashireherde immer
mehr in Anwendung. Zum Schweissen wurden Eckmans Holzkohlen-
gas-Schweissöfen oder Siemens-Schweissöfen mit Lundins Konden-
sation angewendet, so z. B. in Munkfors und Tschilafors. Das

1) Af Uhr in Jern Kontor. Annal. 1871.

Schweden.
Abhängigkeit von den Wasserkräften wurde die Anlage groſser Werke
erschwert. Es gab damals eigentlich nur eine groſse Anlage, die zu
Motala, die auch die einzigen Puddelöfen Schwedens besaſs, und die
damals unter der Leitung von Kapitän Carlsund gutes Kesselblech
aus Bessemereisen machte.

Der Martinbetrieb war 1868 in sehr bescheidenem Maſsstabe zu
Kilafors eingeführt worden; auch der 1869 von J. L. Sebenius in
Munkfors erbaute Ofen mit Gasfeuerung nach Lundins System war
nur für einen Einsatz von 1 Tonne konstruiert.

Zu Losjöfors 1) hatte man 1870 einen Ofen für 30 Centner =
1275 kg Einsatz nach Lundins System mit Gasfeuerung und Konden-
sation erbaut, bei dem ein kräftiger Zug durch einen Ventilator
bewirkt wurde. Dies war nötig, weil das strengflüssige Roheisen von
Persberg eine gröſsere Hitze verlangte als das zu Munkfors ver-
wendete Tabergeisen. Der erzielte Martinstahl wurde in kleine Blöcke
gegossen, die dann unter dem Hammer ausgereckt wurden. Spiegel-
eisen zum Nachsatz beim Bessemern und im Flammofen, obgleich nur
wenig verwendet, wurde aus Knebelit und manganhaltigem Eisen-
granat erblasen.

Im Jahre 1872 entstanden neue Holzkohlenhochöfen und Bessemer-
werke bei Nya Kopparsberg, zu Bjorneberg, Stjernfors und Nyahammer.
Larsen erfand einen Gasanwärmer für Bessemeröfen, der mit Hoch-
ofengasen gespeist wurde und der sich zu Barka in Darne und auf
Swartnas Eisenwerk in Stora Kopparberg bewährte.

Das gute Kanoneneisen von Finspång und Ankarsrum wurde
aus Magnetit mit Holzkohlen erblasen. Eckman goſs 1873 zu
Finspång sehr feste Geschosse. Die Geschütze goſs man der Festig-
keit wegen nicht mehr aus dem Hochofen, sondern aus dem Flamm-
ofen, worin man das Roheisen umschmolz.

1873 wurden mancherlei Verbesserungen eingeführt. Ein wichtiges
Ereignis war die Gründung einer englischen Gesellschaft zur Aus-
beutung der groſsen Eisenerzlager zu Gellivara in Nordschweden.

Fillafers Gasröstöfen kamen zur Einführung. Zu Schiſshyttan
und Finbo bestand ein regelmäſsiger Hochofenbetrieb auf Spiegeleisen.

Bei dem Frischen kamen die verbesserten Lancashireherde immer
mehr in Anwendung. Zum Schweiſsen wurden Eckmans Holzkohlen-
gas-Schweiſsöfen oder Siemens-Schweiſsöfen mit Lundins Konden-
sation angewendet, so z. B. in Munkfors und Tschilafors. Das

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[1188/1204] Schweden. Abhängigkeit von den Wasserkräften wurde die Anlage groſser Werke erschwert. Es gab damals eigentlich nur eine groſse Anlage, die zu Motala, die auch die einzigen Puddelöfen Schwedens besaſs, und die damals unter der Leitung von Kapitän Carlsund gutes Kesselblech aus Bessemereisen machte. Der Martinbetrieb war 1868 in sehr bescheidenem Maſsstabe zu Kilafors eingeführt worden; auch der 1869 von J. L. Sebenius in Munkfors erbaute Ofen mit Gasfeuerung nach Lundins System war nur für einen Einsatz von 1 Tonne konstruiert. Zu Losjöfors 1) hatte man 1870 einen Ofen für 30 Centner = 1275 kg Einsatz nach Lundins System mit Gasfeuerung und Konden- sation erbaut, bei dem ein kräftiger Zug durch einen Ventilator bewirkt wurde. Dies war nötig, weil das strengflüssige Roheisen von Persberg eine gröſsere Hitze verlangte als das zu Munkfors ver- wendete Tabergeisen. Der erzielte Martinstahl wurde in kleine Blöcke gegossen, die dann unter dem Hammer ausgereckt wurden. Spiegel- eisen zum Nachsatz beim Bessemern und im Flammofen, obgleich nur wenig verwendet, wurde aus Knebelit und manganhaltigem Eisen- granat erblasen. Im Jahre 1872 entstanden neue Holzkohlenhochöfen und Bessemer- werke bei Nya Kopparsberg, zu Bjorneberg, Stjernfors und Nyahammer. Larsen erfand einen Gasanwärmer für Bessemeröfen, der mit Hoch- ofengasen gespeist wurde und der sich zu Barka in Darne und auf Swartnas Eisenwerk in Stora Kopparberg bewährte. Das gute Kanoneneisen von Finspång und Ankarsrum wurde aus Magnetit mit Holzkohlen erblasen. Eckman goſs 1873 zu Finspång sehr feste Geschosse. Die Geschütze goſs man der Festig- keit wegen nicht mehr aus dem Hochofen, sondern aus dem Flamm- ofen, worin man das Roheisen umschmolz. 1873 wurden mancherlei Verbesserungen eingeführt. Ein wichtiges Ereignis war die Gründung einer englischen Gesellschaft zur Aus- beutung der groſsen Eisenerzlager zu Gellivara in Nordschweden. Fillafers Gasröstöfen kamen zur Einführung. Zu Schiſshyttan und Finbo bestand ein regelmäſsiger Hochofenbetrieb auf Spiegeleisen. Bei dem Frischen kamen die verbesserten Lancashireherde immer mehr in Anwendung. Zum Schweiſsen wurden Eckmans Holzkohlen- gas-Schweiſsöfen oder Siemens-Schweiſsöfen mit Lundins Konden- sation angewendet, so z. B. in Munkfors und Tschilafors. Das 1) Af Uhr in Jern Kontor. Annal. 1871.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 1188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1204>, abgerufen am 26.11.2024.