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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Russland.
meinschaftlich ein- und verkauften. Im Gouvernement Novgorod gab
es Ortschaften, die nur Nägel schmiedeten, in Wiatka gab es Schmiede-
genossenschaften, die nur Ketten und Anker machten, in Nischnij-
Tagilsk Genossenschaften, die aus dem guten dort erzeugten Eisen
nur Schaufeln, Bicken und Tröge schmiedeten. Diese Genossen-
schaften hatten freilich schwer zu kämpfen gegen die grossen Fabriken,
die überall entstanden. So gab es grosse Nagelfabriken in Petersburg
und Riga, zwei Staatswerke für Kleineisenzeug für die Eisenbahnen
zu Kolpinsk bei Petersburg und zu Wotkinsk in Perm nahe der Kama,
welch letzteres auch Anker und Schiffsketten lieferte.

Verzinnte Blechteller und Blechbüchsen war ein wichtiger Artikel,
der ebenfalls vielfach von Kleinmeistern durch Hausindustrie hergestellt
wurde; so befasste sich die Ortschaft Kasimow im Gouvernement Riäsan
ausschliesslich mit der Anfertigung von Eisen- und Stahlblechtellern.
Im Gouvernement Moskau werden in ähnlicher Weise Tröge, Wasch-
becken, Brotschüsseln u. s. w. aus Eisenblech gefertigt. Für den enormen
Bedarf von Weissblechbüchsen für den Petroleumversand gestattete die
Regierung die zollfreie Einfuhr von einer Million Pud Weissblech in Batum.
1896 fand die altrussische Gewerbe- und Kunstausstellung in Nischnij-
Nowgorod 1) statt, die über das russische Eisengewerbe einen guten Über-
blick gewährte. Auf die Entwickelung des Kunstgewerbes hatte die Er-
richtung von Gewerbe- und Zeichenschulen einen günstigen Einfluss
geübt und war die Kunstschmiederei sehr in Aufnahme gekommen.
Die Ende der siebziger Jahre gegründeten Kunstwerkstätten leisteten
Vortreffliches, was die Pariser Weltausstellung von 1900 glänzend be-
stätigte.

Ein wichtiger Fortschritt war der Erlass eines Patentgesetzes, das
am 20. Mai 1896 in Kraft trat. Der mächtige Aufschwung der
russischen Eisenindustrie hielt bis Ende des Jahrhunderts in steigendem
Masse an, wie sich aus der Steigerung der Roheisenerzeugung ergiebt.
Der Zuwachs betrug 1895 141539 Tonnen, 1896 157736 Tonnen,
1897 244966 Tonnen, 1898 366537 Tonnen, 1899 450252 Tonnen
In sämtlichen Hauptdistrikten entstanden neue Eisenwerke, nament-
lich hat der Bau der sibirischen Bahn die Anlage neuer Hüttenwerke
veranlasst, wie z. B. das Schienenwalzwerk zu Bogoslowsk im Ural
(Gouvernement Perm), wo der von Gorjainow verbesserte Martin-
prozess mit Erfolg zur Einführung kam, und eine neue Schmelzhütte
mit vier Holzkohlenhochöfen der Frau N. M. Poloozeff. Gebrüder

1) Stahl und Eisen 1896, S. 781.

Ruſsland.
meinschaftlich ein- und verkauften. Im Gouvernement Novgorod gab
es Ortschaften, die nur Nägel schmiedeten, in Wiatka gab es Schmiede-
genossenschaften, die nur Ketten und Anker machten, in Nischnij-
Tagilsk Genossenschaften, die aus dem guten dort erzeugten Eisen
nur Schaufeln, Bicken und Tröge schmiedeten. Diese Genossen-
schaften hatten freilich schwer zu kämpfen gegen die groſsen Fabriken,
die überall entstanden. So gab es groſse Nagelfabriken in Petersburg
und Riga, zwei Staatswerke für Kleineisenzeug für die Eisenbahnen
zu Kolpinsk bei Petersburg und zu Wotkinsk in Perm nahe der Kama,
welch letzteres auch Anker und Schiffsketten lieferte.

Verzinnte Blechteller und Blechbüchsen war ein wichtiger Artikel,
der ebenfalls vielfach von Kleinmeistern durch Hausindustrie hergestellt
wurde; so befaſste sich die Ortschaft Kasimow im Gouvernement Riäsan
ausschlieſslich mit der Anfertigung von Eisen- und Stahlblechtellern.
Im Gouvernement Moskau werden in ähnlicher Weise Tröge, Wasch-
becken, Brotschüsseln u. s. w. aus Eisenblech gefertigt. Für den enormen
Bedarf von Weiſsblechbüchsen für den Petroleumversand gestattete die
Regierung die zollfreie Einfuhr von einer Million Pud Weiſsblech in Batum.
1896 fand die altrussische Gewerbe- und Kunstausstellung in Nischnij-
Nowgorod 1) statt, die über das russische Eisengewerbe einen guten Über-
blick gewährte. Auf die Entwickelung des Kunstgewerbes hatte die Er-
richtung von Gewerbe- und Zeichenschulen einen günstigen Einfluſs
geübt und war die Kunstschmiederei sehr in Aufnahme gekommen.
Die Ende der siebziger Jahre gegründeten Kunstwerkstätten leisteten
Vortreffliches, was die Pariser Weltausstellung von 1900 glänzend be-
stätigte.

Ein wichtiger Fortschritt war der Erlaſs eines Patentgesetzes, das
am 20. Mai 1896 in Kraft trat. Der mächtige Aufschwung der
russischen Eisenindustrie hielt bis Ende des Jahrhunderts in steigendem
Maſse an, wie sich aus der Steigerung der Roheisenerzeugung ergiebt.
Der Zuwachs betrug 1895 141539 Tonnen, 1896 157736 Tonnen,
1897 244966 Tonnen, 1898 366537 Tonnen, 1899 450252 Tonnen
In sämtlichen Hauptdistrikten entstanden neue Eisenwerke, nament-
lich hat der Bau der sibirischen Bahn die Anlage neuer Hüttenwerke
veranlaſst, wie z. B. das Schienenwalzwerk zu Bogoslowsk im Ural
(Gouvernement Perm), wo der von Gorjainow verbesserte Martin-
prozeſs mit Erfolg zur Einführung kam, und eine neue Schmelzhütte
mit vier Holzkohlenhochöfen der Frau N. M. Poloozeff. Gebrüder

1) Stahl und Eisen 1896, S. 781.
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[1215/1231] Ruſsland. meinschaftlich ein- und verkauften. Im Gouvernement Novgorod gab es Ortschaften, die nur Nägel schmiedeten, in Wiatka gab es Schmiede- genossenschaften, die nur Ketten und Anker machten, in Nischnij- Tagilsk Genossenschaften, die aus dem guten dort erzeugten Eisen nur Schaufeln, Bicken und Tröge schmiedeten. Diese Genossen- schaften hatten freilich schwer zu kämpfen gegen die groſsen Fabriken, die überall entstanden. So gab es groſse Nagelfabriken in Petersburg und Riga, zwei Staatswerke für Kleineisenzeug für die Eisenbahnen zu Kolpinsk bei Petersburg und zu Wotkinsk in Perm nahe der Kama, welch letzteres auch Anker und Schiffsketten lieferte. Verzinnte Blechteller und Blechbüchsen war ein wichtiger Artikel, der ebenfalls vielfach von Kleinmeistern durch Hausindustrie hergestellt wurde; so befaſste sich die Ortschaft Kasimow im Gouvernement Riäsan ausschlieſslich mit der Anfertigung von Eisen- und Stahlblechtellern. Im Gouvernement Moskau werden in ähnlicher Weise Tröge, Wasch- becken, Brotschüsseln u. s. w. aus Eisenblech gefertigt. Für den enormen Bedarf von Weiſsblechbüchsen für den Petroleumversand gestattete die Regierung die zollfreie Einfuhr von einer Million Pud Weiſsblech in Batum. 1896 fand die altrussische Gewerbe- und Kunstausstellung in Nischnij- Nowgorod 1) statt, die über das russische Eisengewerbe einen guten Über- blick gewährte. Auf die Entwickelung des Kunstgewerbes hatte die Er- richtung von Gewerbe- und Zeichenschulen einen günstigen Einfluſs geübt und war die Kunstschmiederei sehr in Aufnahme gekommen. Die Ende der siebziger Jahre gegründeten Kunstwerkstätten leisteten Vortreffliches, was die Pariser Weltausstellung von 1900 glänzend be- stätigte. Ein wichtiger Fortschritt war der Erlaſs eines Patentgesetzes, das am 20. Mai 1896 in Kraft trat. Der mächtige Aufschwung der russischen Eisenindustrie hielt bis Ende des Jahrhunderts in steigendem Maſse an, wie sich aus der Steigerung der Roheisenerzeugung ergiebt. Der Zuwachs betrug 1895 141539 Tonnen, 1896 157736 Tonnen, 1897 244966 Tonnen, 1898 366537 Tonnen, 1899 450252 Tonnen In sämtlichen Hauptdistrikten entstanden neue Eisenwerke, nament- lich hat der Bau der sibirischen Bahn die Anlage neuer Hüttenwerke veranlaſst, wie z. B. das Schienenwalzwerk zu Bogoslowsk im Ural (Gouvernement Perm), wo der von Gorjainow verbesserte Martin- prozeſs mit Erfolg zur Einführung kam, und eine neue Schmelzhütte mit vier Holzkohlenhochöfen der Frau N. M. Poloozeff. Gebrüder 1) Stahl und Eisen 1896, S. 781.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 1215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1231>, abgerufen am 22.11.2024.