Die Entwickelung der Eisenindustrie in den Vereinigten Staaten seit 1870 bietet ein bewundernswertes Schauspiel dar. Es ist ein Siegeszug nach aussen wie nach innen. Die technischen Fortschritte sind ebenso überraschend wie die gewaltige Zunahme der Produktion, die mit dem Jahre 1890 den Vereinigten Staaten die Führerschaft in der Eisenerzeugung erringen lässt. Grossbritannien, das über 100 Jahre diese Rolle unbestritten inne hatte und dessen Produktion um die Mitte des 19. Jahrhunderts grösser war als die aller übrigen Länder der Erde zusammengenommen, wurde von den Vereinigten Staaten überflügelt und muss sich seitdem mit der zweiten Stelle begnügen.
Die Roheisenerzeugung ist von 1871 bis 1901 von 1733828 Tonnen auf 16132408 Tonnen, also um mehr als das Neunfache gestiegen.
Die Zunahme betrug:
[Tabelle]
Die Vereinigten Staaten besitzen, wie bekannt, unermessliche Schätze an Steinkohlen und Eisenerzen von vorzüglicher Güte. Diese bildeten die Grundlage der gewaltigen Entwickelung der ameri- kanischen Eisenindustrie. Den Anstoss dazu gab aber die Einführung des Bessemerprozesses. Dieses Ereignis ist verhältnismässig spät ein- getreten, obgleich der mechanische Prozess, welcher nur wenig Hand- arbeit erfordert und grosse Massen erzeugt, so ganz dem Geschmack der Amerikaner entsprechend war. Die Gründe dieser Verzögerung haben wir an früherer Stelle mitgeteilt. Nachdem man sich aber einmal von der Überlegenheit der Bessemerschienen über die Schweiss- eisenschienen auch in Amerika überzeugt hatte, warf man sich mit der der Nation eigenen Energie auf die Herstellung von Bessemer- stahl und von Stahlschienen und damit begann der gewaltige Auf- schwung der amerikanischen Eisenindustrie.
1870 hatte die eigene Erzeugung von Eisenbahnschienen nur 620 Kilotonnen, die Einfuhr aber 399 Kilotonnen betragen. 1880 belief sich die eigene Erzeugung auf 1326 Kilotonnen, die Einfuhr auf 260 Kilotonnen. Von den 620 Kilotonnen im Jahre 1880 waren nur etwa 30 Tonnen, also noch nicht 5 Prozent, Flussstahlschienen,
Vereinigte Staaten von Nordamerika.
Die Vereinigten Staaten von Nordamerika.
Die Entwickelung der Eisenindustrie in den Vereinigten Staaten seit 1870 bietet ein bewundernswertes Schauspiel dar. Es ist ein Siegeszug nach auſsen wie nach innen. Die technischen Fortschritte sind ebenso überraschend wie die gewaltige Zunahme der Produktion, die mit dem Jahre 1890 den Vereinigten Staaten die Führerschaft in der Eisenerzeugung erringen läſst. Groſsbritannien, das über 100 Jahre diese Rolle unbestritten inne hatte und dessen Produktion um die Mitte des 19. Jahrhunderts gröſser war als die aller übrigen Länder der Erde zusammengenommen, wurde von den Vereinigten Staaten überflügelt und muſs sich seitdem mit der zweiten Stelle begnügen.
Die Roheisenerzeugung ist von 1871 bis 1901 von 1733828 Tonnen auf 16132408 Tonnen, also um mehr als das Neunfache gestiegen.
Die Zunahme betrug:
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Die Vereinigten Staaten besitzen, wie bekannt, unermeſsliche Schätze an Steinkohlen und Eisenerzen von vorzüglicher Güte. Diese bildeten die Grundlage der gewaltigen Entwickelung der ameri- kanischen Eisenindustrie. Den Anstoſs dazu gab aber die Einführung des Bessemerprozesses. Dieses Ereignis ist verhältnismäſsig spät ein- getreten, obgleich der mechanische Prozeſs, welcher nur wenig Hand- arbeit erfordert und groſse Massen erzeugt, so ganz dem Geschmack der Amerikaner entsprechend war. Die Gründe dieser Verzögerung haben wir an früherer Stelle mitgeteilt. Nachdem man sich aber einmal von der Überlegenheit der Bessemerschienen über die Schweiſs- eisenschienen auch in Amerika überzeugt hatte, warf man sich mit der der Nation eigenen Energie auf die Herstellung von Bessemer- stahl und von Stahlschienen und damit begann der gewaltige Auf- schwung der amerikanischen Eisenindustrie.
1870 hatte die eigene Erzeugung von Eisenbahnschienen nur 620 Kilotonnen, die Einfuhr aber 399 Kilotonnen betragen. 1880 belief sich die eigene Erzeugung auf 1326 Kilotonnen, die Einfuhr auf 260 Kilotonnen. Von den 620 Kilotonnen im Jahre 1880 waren nur etwa 30 Tonnen, also noch nicht 5 Prozent, Fluſsstahlschienen,
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Vereinigte Staaten von Nordamerika.
Die Vereinigten Staaten von Nordamerika.
Die Entwickelung der Eisenindustrie in den Vereinigten Staaten
seit 1870 bietet ein bewundernswertes Schauspiel dar. Es ist ein
Siegeszug nach auſsen wie nach innen. Die technischen Fortschritte
sind ebenso überraschend wie die gewaltige Zunahme der Produktion,
die mit dem Jahre 1890 den Vereinigten Staaten die Führerschaft in
der Eisenerzeugung erringen läſst. Groſsbritannien, das über 100 Jahre
diese Rolle unbestritten inne hatte und dessen Produktion um die
Mitte des 19. Jahrhunderts gröſser war als die aller übrigen Länder
der Erde zusammengenommen, wurde von den Vereinigten Staaten
überflügelt und muſs sich seitdem mit der zweiten Stelle begnügen.
Die Roheisenerzeugung ist von 1871 bis 1901 von 1733828 Tonnen
auf 16132408 Tonnen, also um mehr als das Neunfache gestiegen.
Die Zunahme betrug:
Die Vereinigten Staaten besitzen, wie bekannt, unermeſsliche
Schätze an Steinkohlen und Eisenerzen von vorzüglicher Güte. Diese
bildeten die Grundlage der gewaltigen Entwickelung der ameri-
kanischen Eisenindustrie. Den Anstoſs dazu gab aber die Einführung
des Bessemerprozesses. Dieses Ereignis ist verhältnismäſsig spät ein-
getreten, obgleich der mechanische Prozeſs, welcher nur wenig Hand-
arbeit erfordert und groſse Massen erzeugt, so ganz dem Geschmack
der Amerikaner entsprechend war. Die Gründe dieser Verzögerung
haben wir an früherer Stelle mitgeteilt. Nachdem man sich aber
einmal von der Überlegenheit der Bessemerschienen über die Schweiſs-
eisenschienen auch in Amerika überzeugt hatte, warf man sich mit
der der Nation eigenen Energie auf die Herstellung von Bessemer-
stahl und von Stahlschienen und damit begann der gewaltige Auf-
schwung der amerikanischen Eisenindustrie.
1870 hatte die eigene Erzeugung von Eisenbahnschienen nur
620 Kilotonnen, die Einfuhr aber 399 Kilotonnen betragen. 1880
belief sich die eigene Erzeugung auf 1326 Kilotonnen, die Einfuhr
auf 260 Kilotonnen. Von den 620 Kilotonnen im Jahre 1880 waren
nur etwa 30 Tonnen, also noch nicht 5 Prozent, Fluſsstahlschienen,
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 1276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1292>, abgerufen am 23.11.2024.
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