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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Japan.

Japan. Früher lagen die Verhältnisse in Japan ähnlich wie in
China, es herrschte starrer Konservatismus und eine feindliche Ab-
lehnung alles Fremden. Hierin trat aber in den sechziger Jahren eine
Wandlung ein, und die Restauration im Jahre 1868 mit der Thron-
besteigung des Mikado, des Nengö Meiji, bewirkte einen vollständigen
Umschwung. Die Macht der Lehnsfürsten (Daimios), die seither den
Fortschritt hauptsächlich gehemmt hatten, wurde gebrochen und die
Kaisermacht wieder hergestellt. Mit vollem Bewusstsein wandte sich
Regierung und Volk der modernen europäischen Kultur zu und es ist
bewunderungswürdig, wieviel das hochbegabte, energische und tapfere
Volk seitdem geleistet hat. Nach der Verlegung der Residenz von
Kioto nach Jeddo, welches seitdem den Namen Tokio erhielt, wurde
daselbst 1872 eine Universität nach europäischem Muster und unter
Berufung europäischer Lehrkräfte gegründet, in Verbindung damit
entstand eine technische Hochschule, die in der Folge mit der Uni-
versität vereinigt wurde. Die technische Hochschule gründete wieder
einen Ingenieurverein, der rasch in Blüte kam und segensreich wirkte.
Im Jahre 1871/72 wurde auch die erste Eisenbahn gebaut und 1873
nahm Japan bereits an der Weltausstellung in Wien in ehrenvoller
Weise teil. Die Eisenindustrie war allerdings noch sehr im Rück-
stand und die ungenügende Erzeugung wurde nach recht veralteten
Verfahren dargestellt. Hierüber entnehmen wir dem Berichte von
Franz Kuppelwieser über die Wiener Weltausstellung von 1873
das Folgende.

Japan ist reich an Eisenerzen und Steinkohlen. 1871 wurden
über 11000 Tonnen Kohlen gefördert und 9375 Tonnen Schmiede-
eisen erzeugt. Ein Bergbau auf Eisenerze findet nicht statt, vielmehr
wird das Erz aus erzreichem Sand gewaschen. Dieser Eisensand wird
in kleinen Stück- oder Blauöfen mit Holzkohlen geschmolzen. Zur
Winderzeugung dienen meist liegende, doppeltwirkende Kastengebläse
für Handbetrieb, während man für grössere Öfen auch einfache
oszillierende Cylinder-Kolbengebläse, die zuweilen durch Wasserräder
bewegt werden, verwendet. Das bei der ersten Schmelzung erblasene
Produkt ist entweder schmiedbares Eisen oder ein unvollkommen ge-
flossenes graues bis kleinluckiges Roheisen. Ein Stückofen schmilzt
in drei Tagen aus 100 Centner Erz etwa 36 Centner Eisen.
Dieses Roheisen wird in einer Art von Kupolöfen umgeschmolzen und
vergossen. Diese Kupolöfen sind der Höhe nach aus drei Teilen zu-
sammengesetzt. Der untere besteht aus einem Gusseisen-Kessel, der
mit einer fünf Zoll dicken Masseschicht ausgekleidet ist und

Japan.

Japan. Früher lagen die Verhältnisse in Japan ähnlich wie in
China, es herrschte starrer Konservatismus und eine feindliche Ab-
lehnung alles Fremden. Hierin trat aber in den sechziger Jahren eine
Wandlung ein, und die Restauration im Jahre 1868 mit der Thron-
besteigung des Mikado, des Nengö Meiji, bewirkte einen vollständigen
Umschwung. Die Macht der Lehnsfürsten (Daimios), die seither den
Fortschritt hauptsächlich gehemmt hatten, wurde gebrochen und die
Kaisermacht wieder hergestellt. Mit vollem Bewuſstsein wandte sich
Regierung und Volk der modernen europäischen Kultur zu und es ist
bewunderungswürdig, wieviel das hochbegabte, energische und tapfere
Volk seitdem geleistet hat. Nach der Verlegung der Residenz von
Kioto nach Jeddo, welches seitdem den Namen Tokio erhielt, wurde
daselbst 1872 eine Universität nach europäischem Muster und unter
Berufung europäischer Lehrkräfte gegründet, in Verbindung damit
entstand eine technische Hochschule, die in der Folge mit der Uni-
versität vereinigt wurde. Die technische Hochschule gründete wieder
einen Ingenieurverein, der rasch in Blüte kam und segensreich wirkte.
Im Jahre 1871/72 wurde auch die erste Eisenbahn gebaut und 1873
nahm Japan bereits an der Weltausstellung in Wien in ehrenvoller
Weise teil. Die Eisenindustrie war allerdings noch sehr im Rück-
stand und die ungenügende Erzeugung wurde nach recht veralteten
Verfahren dargestellt. Hierüber entnehmen wir dem Berichte von
Franz Kuppelwieser über die Wiener Weltausstellung von 1873
das Folgende.

Japan ist reich an Eisenerzen und Steinkohlen. 1871 wurden
über 11000 Tonnen Kohlen gefördert und 9375 Tonnen Schmiede-
eisen erzeugt. Ein Bergbau auf Eisenerze findet nicht statt, vielmehr
wird das Erz aus erzreichem Sand gewaschen. Dieser Eisensand wird
in kleinen Stück- oder Blauöfen mit Holzkohlen geschmolzen. Zur
Winderzeugung dienen meist liegende, doppeltwirkende Kastengebläse
für Handbetrieb, während man für gröſsere Öfen auch einfache
oszillierende Cylinder-Kolbengebläse, die zuweilen durch Wasserräder
bewegt werden, verwendet. Das bei der ersten Schmelzung erblasene
Produkt ist entweder schmiedbares Eisen oder ein unvollkommen ge-
flossenes graues bis kleinluckiges Roheisen. Ein Stückofen schmilzt
in drei Tagen aus 100 Centner Erz etwa 36 Centner Eisen.
Dieses Roheisen wird in einer Art von Kupolöfen umgeschmolzen und
vergossen. Diese Kupolöfen sind der Höhe nach aus drei Teilen zu-
sammengesetzt. Der untere besteht aus einem Guſseisen-Kessel, der
mit einer fünf Zoll dicken Masseschicht ausgekleidet ist und

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[1356/1372] Japan. Japan. Früher lagen die Verhältnisse in Japan ähnlich wie in China, es herrschte starrer Konservatismus und eine feindliche Ab- lehnung alles Fremden. Hierin trat aber in den sechziger Jahren eine Wandlung ein, und die Restauration im Jahre 1868 mit der Thron- besteigung des Mikado, des Nengö Meiji, bewirkte einen vollständigen Umschwung. Die Macht der Lehnsfürsten (Daimios), die seither den Fortschritt hauptsächlich gehemmt hatten, wurde gebrochen und die Kaisermacht wieder hergestellt. Mit vollem Bewuſstsein wandte sich Regierung und Volk der modernen europäischen Kultur zu und es ist bewunderungswürdig, wieviel das hochbegabte, energische und tapfere Volk seitdem geleistet hat. Nach der Verlegung der Residenz von Kioto nach Jeddo, welches seitdem den Namen Tokio erhielt, wurde daselbst 1872 eine Universität nach europäischem Muster und unter Berufung europäischer Lehrkräfte gegründet, in Verbindung damit entstand eine technische Hochschule, die in der Folge mit der Uni- versität vereinigt wurde. Die technische Hochschule gründete wieder einen Ingenieurverein, der rasch in Blüte kam und segensreich wirkte. Im Jahre 1871/72 wurde auch die erste Eisenbahn gebaut und 1873 nahm Japan bereits an der Weltausstellung in Wien in ehrenvoller Weise teil. Die Eisenindustrie war allerdings noch sehr im Rück- stand und die ungenügende Erzeugung wurde nach recht veralteten Verfahren dargestellt. Hierüber entnehmen wir dem Berichte von Franz Kuppelwieser über die Wiener Weltausstellung von 1873 das Folgende. Japan ist reich an Eisenerzen und Steinkohlen. 1871 wurden über 11000 Tonnen Kohlen gefördert und 9375 Tonnen Schmiede- eisen erzeugt. Ein Bergbau auf Eisenerze findet nicht statt, vielmehr wird das Erz aus erzreichem Sand gewaschen. Dieser Eisensand wird in kleinen Stück- oder Blauöfen mit Holzkohlen geschmolzen. Zur Winderzeugung dienen meist liegende, doppeltwirkende Kastengebläse für Handbetrieb, während man für gröſsere Öfen auch einfache oszillierende Cylinder-Kolbengebläse, die zuweilen durch Wasserräder bewegt werden, verwendet. Das bei der ersten Schmelzung erblasene Produkt ist entweder schmiedbares Eisen oder ein unvollkommen ge- flossenes graues bis kleinluckiges Roheisen. Ein Stückofen schmilzt in drei Tagen aus 100 Centner Erz etwa 36 Centner Eisen. Dieses Roheisen wird in einer Art von Kupolöfen umgeschmolzen und vergossen. Diese Kupolöfen sind der Höhe nach aus drei Teilen zu- sammengesetzt. Der untere besteht aus einem Guſseisen-Kessel, der mit einer fünf Zoll dicken Masseschicht ausgekleidet ist und

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 1356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1372>, abgerufen am 23.11.2024.