Die Eisenindustrie nahm in dem Jahrzehnt von 1861 bis 1870 einen mächtigen Aufschwung. Die wichtigen Erfindungen, welche in dem vorhergegangenen Jahrzehnt gemacht worden waren, kamen in diesem Zeitabschnitte zur Geltung, Anwendung und vollen Entfaltung. Es waren dies namentlich der Bessemerprozess und Siemens Regenerativfeuerung. Hierzu traten zahlreiche neue Erfindungen, welche in dieser Zeit gemacht wurden. Waren dieselben auch nicht so originell und grundlegend, wie die genannten, so hat doch eine derselben, der Martinprozess, obgleich eigentlich nur eine glück- liche Anwendung von Siemens' Regenerativfeuerung, in ihrer weiteren Ausgestaltung eine grosse praktische Bedeutung erlangt.
Alle diese wichtigen Erfindungen dienten in erster Linie der Stahlbereitung. Um die Darstellung, Verarbeitung und Verwendung des Stahls drehte sich in dieser Zeit das Hauptinteresse. Die Ver- billigung des Stahls vermehrte seine Anwendung von Jahr zu Jahr.
Die technischen Fortschritte waren es aber nicht allein, die den Aufschwung der Eisenindustrie in diesem Jahrzehnt bewirkten. Äussere Umstände wirkten dazu mit und zwar nicht nur Werke des Friedens, sondern in hervorragender Weise auch Werke des Krieges, die des Eisens bedurften und die Eisenindustrie in ausgedehntem Masse beschäftigten. Die uralte Doppelnatur des Eisens, die zerstörende und die schaffende, trat in diesem kriegerischen Jahrzehnt wieder einmal in neue grelle Beleuchtung. In ihm vollzog sich die Umwälzung der Waffentechnik, welche hauptsächlich durch die Fortschritte der Eisenindustrie und durch die Verbilligung des Stahls veranlasst war. Der Umschwung in der Bewaffnung und die Massenerzeugung übten wieder ihre Rückwirkung auf die Entwickelung dieser Industrie aus.
Beck, Geschichte des Eisens. 1
Die Geschichte des Eisens von 1861 bis 1870.
Einleitung.
Die Eisenindustrie nahm in dem Jahrzehnt von 1861 bis 1870 einen mächtigen Aufschwung. Die wichtigen Erfindungen, welche in dem vorhergegangenen Jahrzehnt gemacht worden waren, kamen in diesem Zeitabschnitte zur Geltung, Anwendung und vollen Entfaltung. Es waren dies namentlich der Bessemerprozeſs und Siemens Regenerativfeuerung. Hierzu traten zahlreiche neue Erfindungen, welche in dieser Zeit gemacht wurden. Waren dieselben auch nicht so originell und grundlegend, wie die genannten, so hat doch eine derselben, der Martinprozeſs, obgleich eigentlich nur eine glück- liche Anwendung von Siemens’ Regenerativfeuerung, in ihrer weiteren Ausgestaltung eine groſse praktische Bedeutung erlangt.
Alle diese wichtigen Erfindungen dienten in erster Linie der Stahlbereitung. Um die Darstellung, Verarbeitung und Verwendung des Stahls drehte sich in dieser Zeit das Hauptinteresse. Die Ver- billigung des Stahls vermehrte seine Anwendung von Jahr zu Jahr.
Die technischen Fortschritte waren es aber nicht allein, die den Aufschwung der Eisenindustrie in diesem Jahrzehnt bewirkten. Äuſsere Umstände wirkten dazu mit und zwar nicht nur Werke des Friedens, sondern in hervorragender Weise auch Werke des Krieges, die des Eisens bedurften und die Eisenindustrie in ausgedehntem Maſse beschäftigten. Die uralte Doppelnatur des Eisens, die zerstörende und die schaffende, trat in diesem kriegerischen Jahrzehnt wieder einmal in neue grelle Beleuchtung. In ihm vollzog sich die Umwälzung der Waffentechnik, welche hauptsächlich durch die Fortschritte der Eisenindustrie und durch die Verbilligung des Stahls veranlaſst war. Der Umschwung in der Bewaffnung und die Massenerzeugung übten wieder ihre Rückwirkung auf die Entwickelung dieser Industrie aus.
Beck, Geschichte des Eisens. 1
<TEI><text><front><pbfacs="#f0015"/></front><body><divn="1"><head><hirendition="#b">Die Geschichte des Eisens von 1861 bis 1870.</hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Einleitung</hi>.</hi></head><lb/><p>Die Eisenindustrie nahm in dem Jahrzehnt von 1861 bis 1870<lb/>
einen mächtigen Aufschwung. Die wichtigen Erfindungen, welche in<lb/>
dem vorhergegangenen Jahrzehnt gemacht worden waren, kamen in<lb/>
diesem Zeitabschnitte zur Geltung, Anwendung und vollen Entfaltung.<lb/>
Es waren dies namentlich der <hirendition="#g">Bessemerprozeſs</hi> und <hirendition="#g">Siemens<lb/>
Regenerativfeuerung</hi>. Hierzu traten zahlreiche neue Erfindungen,<lb/>
welche in dieser Zeit gemacht wurden. Waren dieselben auch nicht<lb/>
so originell und grundlegend, wie die genannten, so hat doch eine<lb/>
derselben, der <hirendition="#g">Martinprozeſs</hi>, obgleich eigentlich nur eine glück-<lb/>
liche Anwendung von <hirendition="#g">Siemens’</hi> Regenerativfeuerung, in ihrer weiteren<lb/>
Ausgestaltung eine groſse praktische Bedeutung erlangt.</p><lb/><p>Alle diese wichtigen Erfindungen dienten in erster Linie der<lb/><hirendition="#g">Stahlbereitung</hi>. Um die Darstellung, Verarbeitung und Verwendung<lb/>
des <hirendition="#g">Stahls</hi> drehte sich in dieser Zeit das Hauptinteresse. Die Ver-<lb/>
billigung des Stahls vermehrte seine Anwendung von Jahr zu Jahr.</p><lb/><p>Die technischen Fortschritte waren es aber nicht allein, die den<lb/>
Aufschwung der Eisenindustrie in diesem Jahrzehnt bewirkten. Äuſsere<lb/>
Umstände wirkten dazu mit und zwar nicht nur Werke des Friedens,<lb/>
sondern in hervorragender Weise auch Werke des Krieges, die des<lb/>
Eisens bedurften und die Eisenindustrie in ausgedehntem Maſse<lb/>
beschäftigten. Die uralte Doppelnatur des Eisens, die zerstörende<lb/>
und die schaffende, trat in diesem kriegerischen Jahrzehnt wieder<lb/>
einmal in neue grelle Beleuchtung. In ihm vollzog sich die Umwälzung<lb/>
der Waffentechnik, welche hauptsächlich durch die Fortschritte der<lb/>
Eisenindustrie und durch die Verbilligung des Stahls veranlaſst war.<lb/>
Der Umschwung in der Bewaffnung und die Massenerzeugung übten<lb/>
wieder ihre Rückwirkung auf die Entwickelung dieser Industrie aus.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#g">Beck,</hi> Geschichte des Eisens. 1</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[0015]
Die Geschichte des Eisens von 1861 bis 1870.
Einleitung.
Die Eisenindustrie nahm in dem Jahrzehnt von 1861 bis 1870
einen mächtigen Aufschwung. Die wichtigen Erfindungen, welche in
dem vorhergegangenen Jahrzehnt gemacht worden waren, kamen in
diesem Zeitabschnitte zur Geltung, Anwendung und vollen Entfaltung.
Es waren dies namentlich der Bessemerprozeſs und Siemens
Regenerativfeuerung. Hierzu traten zahlreiche neue Erfindungen,
welche in dieser Zeit gemacht wurden. Waren dieselben auch nicht
so originell und grundlegend, wie die genannten, so hat doch eine
derselben, der Martinprozeſs, obgleich eigentlich nur eine glück-
liche Anwendung von Siemens’ Regenerativfeuerung, in ihrer weiteren
Ausgestaltung eine groſse praktische Bedeutung erlangt.
Alle diese wichtigen Erfindungen dienten in erster Linie der
Stahlbereitung. Um die Darstellung, Verarbeitung und Verwendung
des Stahls drehte sich in dieser Zeit das Hauptinteresse. Die Ver-
billigung des Stahls vermehrte seine Anwendung von Jahr zu Jahr.
Die technischen Fortschritte waren es aber nicht allein, die den
Aufschwung der Eisenindustrie in diesem Jahrzehnt bewirkten. Äuſsere
Umstände wirkten dazu mit und zwar nicht nur Werke des Friedens,
sondern in hervorragender Weise auch Werke des Krieges, die des
Eisens bedurften und die Eisenindustrie in ausgedehntem Maſse
beschäftigten. Die uralte Doppelnatur des Eisens, die zerstörende
und die schaffende, trat in diesem kriegerischen Jahrzehnt wieder
einmal in neue grelle Beleuchtung. In ihm vollzog sich die Umwälzung
der Waffentechnik, welche hauptsächlich durch die Fortschritte der
Eisenindustrie und durch die Verbilligung des Stahls veranlaſst war.
Der Umschwung in der Bewaffnung und die Massenerzeugung übten
wieder ihre Rückwirkung auf die Entwickelung dieser Industrie aus.
Beck, Geschichte des Eisens. 1
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/15>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.