Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870.
abgehoben werden könne. Der mit dem Boden verbundene Wind- kasten soll mit Rädern versehen werden, so dass der Boden, sobald er schadhaft wird, weggefahren und ein neuer an seine Stelle gebracht werden kann. Will man dem Roheisen eine andere Beimischung geben, so soll dies in der Gusspfanne geschehen, in welche ein Rühr- werk eingetaucht werden kann. Der Zusatz von Spiegeleisen oder einer entsprechenden Legierung soll genau nach dem Gewicht geschehen. Zu dem Zwecke sind die Gusspfanne und die Zusatzpfanne mit Wiege- vorrichtungen versehen, so dass man nach der Ermittelung des Gewichtes des entkohlten Metalls den erforderlichen Spiegeleisenzusatz genau bemessen kann.
Mushet schlug dagegen vor, die Mischung mit Hülfe von zwei Konvertern vorzunehmen, von denen der eine in den andern ausgiesst, wodurch letzterer zugleich ohne Kosten vorgewärmt wird (Patent vom 26. März 1863), oder er liess die beiden flüssigen Metalle, die ver- mischt werden sollen, gleichzeitig in Strahlen in die Gusspfanne ein- fliessen und rührte dann noch mit Holzstangen um (Patent vom 26. Juni 1863). Um billigeren Stahl zu erzeugen, setzt Mushet ausser Spiegeleisen auch noch schwedisches oder anderes Holzkohlen- oder Hämatitroheisen zu. Gussstahl will er erhalten durch Mischen von entkohltem Bessemereisen mit flüssigem gefeinten Roheisen (100 20 bis 50).
Von grösserer Bedeutung war ein Patent von E. Vickers vom 28. August 1863, in welchem dem Gedanken Ausdruck gegeben war, die Homogenität des Stahls dadurch zu erhöhen, dass man das flüssige Metall vor dem Vergiessen erst noch in ein anderes Gefäss oder einen Ofen leitet und dort einer Glühhitze aussetzt, "bis die Umwandlung vollendet ist", worauf man beim Vergiessen eine dichte, feste, blasen- und löcherfreie Masse erhalte. Diese Erfahrung ist in der Folge vielfach benutzt worden.
Am 5. November 1863 nahm Bessemer zwei neue Patente. Von diesen bezieht sich das erste auf die Fabrikation von Bessemerschienen und lehrt die Vernutzung alter Schienen bei der Fabrikation, indem man dieselben einfach in Stücke geschnitten und vorgewärmt in das heisse Metallbad einwirft und dann wie sonst bläst. Das zweite Patent knüpft hieran an, indem eine Verbilligung des Verfahrens dadurch erzielt werden soll, dass man nur einen Teil des Roheisens im Flammofen einschmelzt, die übrigen Stücke aber nur vorgewärmt in das Bad im Konverter einwirft. Zum Einwerfen kann man auch aus geringerem Roheisen hergestelltes Feineisen verwenden. Der Vor-
Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870.
abgehoben werden könne. Der mit dem Boden verbundene Wind- kasten soll mit Rädern versehen werden, so daſs der Boden, sobald er schadhaft wird, weggefahren und ein neuer an seine Stelle gebracht werden kann. Will man dem Roheisen eine andere Beimischung geben, so soll dies in der Guſspfanne geschehen, in welche ein Rühr- werk eingetaucht werden kann. Der Zusatz von Spiegeleisen oder einer entsprechenden Legierung soll genau nach dem Gewicht geschehen. Zu dem Zwecke sind die Guſspfanne und die Zusatzpfanne mit Wiege- vorrichtungen versehen, so daſs man nach der Ermittelung des Gewichtes des entkohlten Metalls den erforderlichen Spiegeleisenzusatz genau bemessen kann.
Mushet schlug dagegen vor, die Mischung mit Hülfe von zwei Konvertern vorzunehmen, von denen der eine in den andern ausgieſst, wodurch letzterer zugleich ohne Kosten vorgewärmt wird (Patent vom 26. März 1863), oder er lieſs die beiden flüssigen Metalle, die ver- mischt werden sollen, gleichzeitig in Strahlen in die Guſspfanne ein- flieſsen und rührte dann noch mit Holzstangen um (Patent vom 26. Juni 1863). Um billigeren Stahl zu erzeugen, setzt Mushet auſser Spiegeleisen auch noch schwedisches oder anderes Holzkohlen- oder Hämatitroheisen zu. Guſsstahl will er erhalten durch Mischen von entkohltem Bessemereisen mit flüssigem gefeinten Roheisen (100 20 bis 50).
Von gröſserer Bedeutung war ein Patent von E. Vickers vom 28. August 1863, in welchem dem Gedanken Ausdruck gegeben war, die Homogenität des Stahls dadurch zu erhöhen, daſs man das flüssige Metall vor dem Vergieſsen erst noch in ein anderes Gefäſs oder einen Ofen leitet und dort einer Glühhitze aussetzt, „bis die Umwandlung vollendet ist“, worauf man beim Vergieſsen eine dichte, feste, blasen- und löcherfreie Masse erhalte. Diese Erfahrung ist in der Folge vielfach benutzt worden.
Am 5. November 1863 nahm Bessemer zwei neue Patente. Von diesen bezieht sich das erste auf die Fabrikation von Bessemerschienen und lehrt die Vernutzung alter Schienen bei der Fabrikation, indem man dieselben einfach in Stücke geschnitten und vorgewärmt in das heiſse Metallbad einwirft und dann wie sonst bläst. Das zweite Patent knüpft hieran an, indem eine Verbilligung des Verfahrens dadurch erzielt werden soll, daſs man nur einen Teil des Roheisens im Flammofen einschmelzt, die übrigen Stücke aber nur vorgewärmt in das Bad im Konverter einwirft. Zum Einwerfen kann man auch aus geringerem Roheisen hergestelltes Feineisen verwenden. Der Vor-
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Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870.
abgehoben werden könne. Der mit dem Boden verbundene Wind-
kasten soll mit Rädern versehen werden, so daſs der Boden, sobald
er schadhaft wird, weggefahren und ein neuer an seine Stelle gebracht
werden kann. Will man dem Roheisen eine andere Beimischung
geben, so soll dies in der Guſspfanne geschehen, in welche ein Rühr-
werk eingetaucht werden kann. Der Zusatz von Spiegeleisen oder
einer entsprechenden Legierung soll genau nach dem Gewicht geschehen.
Zu dem Zwecke sind die Guſspfanne und die Zusatzpfanne mit Wiege-
vorrichtungen versehen, so daſs man nach der Ermittelung des
Gewichtes des entkohlten Metalls den erforderlichen Spiegeleisenzusatz
genau bemessen kann.
Mushet schlug dagegen vor, die Mischung mit Hülfe von zwei
Konvertern vorzunehmen, von denen der eine in den andern ausgieſst,
wodurch letzterer zugleich ohne Kosten vorgewärmt wird (Patent vom
26. März 1863), oder er lieſs die beiden flüssigen Metalle, die ver-
mischt werden sollen, gleichzeitig in Strahlen in die Guſspfanne ein-
flieſsen und rührte dann noch mit Holzstangen um (Patent vom
26. Juni 1863). Um billigeren Stahl zu erzeugen, setzt Mushet
auſser Spiegeleisen auch noch schwedisches oder anderes Holzkohlen-
oder Hämatitroheisen zu. Guſsstahl will er erhalten durch Mischen
von entkohltem Bessemereisen mit flüssigem gefeinten Roheisen
(100 20 bis 50).
Von gröſserer Bedeutung war ein Patent von E. Vickers vom
28. August 1863, in welchem dem Gedanken Ausdruck gegeben war,
die Homogenität des Stahls dadurch zu erhöhen, daſs man das flüssige
Metall vor dem Vergieſsen erst noch in ein anderes Gefäſs oder einen
Ofen leitet und dort einer Glühhitze aussetzt, „bis die Umwandlung
vollendet ist“, worauf man beim Vergieſsen eine dichte, feste, blasen-
und löcherfreie Masse erhalte. Diese Erfahrung ist in der Folge
vielfach benutzt worden.
Am 5. November 1863 nahm Bessemer zwei neue Patente. Von
diesen bezieht sich das erste auf die Fabrikation von Bessemerschienen
und lehrt die Vernutzung alter Schienen bei der Fabrikation, indem
man dieselben einfach in Stücke geschnitten und vorgewärmt in das
heiſse Metallbad einwirft und dann wie sonst bläst. Das zweite Patent
knüpft hieran an, indem eine Verbilligung des Verfahrens dadurch
erzielt werden soll, daſs man nur einen Teil des Roheisens im
Flammofen einschmelzt, die übrigen Stücke aber nur vorgewärmt in
das Bad im Konverter einwirft. Zum Einwerfen kann man auch aus
geringerem Roheisen hergestelltes Feineisen verwenden. Der Vor-
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/160>, abgerufen am 23.11.2024.
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