Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870.
8 Pfund Pressung auskam, verlangten die Konverter 15 bis 20 Pfund
auf den Quadratzoll. Bei John Brown berechnete man auf 100 Pfund
Einsatz 495 Kubikfuss Wind. Bei den Gebläsen war man ziemlich
allgemein zu kleinen Windklappen mit Kautschukringen an Stelle der
Deckelklappen übergegangen. Die Zahl der Düsen war verschieden.
In Glasgow hatte ein Konverter 7 Ferne mit 7 Öffnungen (Düsen), in
Crewe 12 Ferne mit 12 Öffnungen von 3/8 Zoll Durchmesser. Indessen
war man von der übergrossen Anzahl von Düsen mehr abgekommen.
Die selbstthätige Windabsperrung war in England sehr verbreitet.

Zur Erzielung dichter Eingüsse half ein sehr einfaches Verfahren.
Sofort nach dem Eingiessen legte man einen Blechdeckel auf die
flüssige Masse und stampfte rasch Formsand darüber, den man mit
einer 1 Zoll dicken Platte festkeilte. Am besten goss man bis zur
halben Füllung mit vollem Strahl und liess dann langsam volllaufen.

[Abbildung] Fig. 94.

Die Gussblöcke wurden unter Dampfhämmern vorgeschmiedet.
J. Ramsbottom in Crewe hatte hierfür einen horizontalen Dampf-
hammer konstruiert, von dem Andre in seinem Reisebericht eine
Skizze (Fig. 94) mitgeteilt hat. Zum Ausheizen der Blöcke bediente
man sich in England bereits mehrfach Siemensscher Gasschweissöfen,
deren Einsatz sechs überschmiedete Blöcke betrug. Für Bleche goss
man pyramidale Blöcke von 3 bis 4 Fuss Höhe, und drei auf 9 Zoll
Seitenmasse. Das Walzen des harten Bessemermetalls musste lang-
samer geschehen als bei Puddeleisen und man liess sehr oft den Stahl
die Kaliber zweimal passieren. Die Jahresproduktion Englands im
Jahre 1865 wurde zu 630000 Centner angegeben.

Welche ausgezeichnete Dehnbarkeit der Bessemerstahl besass, zeigt
ein Beispiel von der Adolfshütte in Judenburg, wo man 1865 Fein-

Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870.
8 Pfund Pressung auskam, verlangten die Konverter 15 bis 20 Pfund
auf den Quadratzoll. Bei John Brown berechnete man auf 100 Pfund
Einsatz 495 Kubikfuſs Wind. Bei den Gebläsen war man ziemlich
allgemein zu kleinen Windklappen mit Kautschukringen an Stelle der
Deckelklappen übergegangen. Die Zahl der Düsen war verschieden.
In Glasgow hatte ein Konverter 7 Ferne mit 7 Öffnungen (Düsen), in
Crewe 12 Ferne mit 12 Öffnungen von ⅜ Zoll Durchmesser. Indessen
war man von der übergroſsen Anzahl von Düsen mehr abgekommen.
Die selbstthätige Windabsperrung war in England sehr verbreitet.

Zur Erzielung dichter Eingüsse half ein sehr einfaches Verfahren.
Sofort nach dem Eingieſsen legte man einen Blechdeckel auf die
flüssige Masse und stampfte rasch Formsand darüber, den man mit
einer 1 Zoll dicken Platte festkeilte. Am besten goſs man bis zur
halben Füllung mit vollem Strahl und lieſs dann langsam volllaufen.

[Abbildung] Fig. 94.

Die Guſsblöcke wurden unter Dampfhämmern vorgeschmiedet.
J. Ramsbottom in Crewe hatte hierfür einen horizontalen Dampf-
hammer konstruiert, von dem Andre in seinem Reisebericht eine
Skizze (Fig. 94) mitgeteilt hat. Zum Ausheizen der Blöcke bediente
man sich in England bereits mehrfach Siemensscher Gasschweiſsöfen,
deren Einsatz sechs überschmiedete Blöcke betrug. Für Bleche goſs
man pyramidale Blöcke von 3 bis 4 Fuſs Höhe, und drei auf 9 Zoll
Seitenmaſse. Das Walzen des harten Bessemermetalls muſste lang-
samer geschehen als bei Puddeleisen und man lieſs sehr oft den Stahl
die Kaliber zweimal passieren. Die Jahresproduktion Englands im
Jahre 1865 wurde zu 630000 Centner angegeben.

Welche ausgezeichnete Dehnbarkeit der Bessemerstahl besaſs, zeigt
ein Beispiel von der Adolfshütte in Judenburg, wo man 1865 Fein-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0165" n="149"/><fw place="top" type="header">Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870.</fw><lb/>
8 Pfund Pressung auskam, verlangten die Konverter 15 bis 20 Pfund<lb/>
auf den Quadratzoll. Bei <hi rendition="#g">John Brown</hi> berechnete man auf 100 Pfund<lb/>
Einsatz 495 Kubikfu&#x017F;s Wind. Bei den Gebläsen war man ziemlich<lb/>
allgemein zu kleinen Windklappen mit Kautschukringen an Stelle der<lb/>
Deckelklappen übergegangen. Die Zahl der Düsen war verschieden.<lb/>
In Glasgow hatte ein Konverter 7 Ferne mit 7 Öffnungen (Düsen), in<lb/>
Crewe 12 Ferne mit 12 Öffnungen von &#x215C; Zoll Durchmesser. Indessen<lb/>
war man von der übergro&#x017F;sen Anzahl von Düsen mehr abgekommen.<lb/>
Die selbstthätige Windabsperrung war in England sehr verbreitet.</p><lb/>
            <p>Zur Erzielung dichter Eingüsse half ein sehr einfaches Verfahren.<lb/>
Sofort nach dem Eingie&#x017F;sen legte man einen Blechdeckel auf die<lb/>
flüssige Masse und stampfte rasch Formsand darüber, den man mit<lb/>
einer 1 Zoll dicken Platte festkeilte. Am besten go&#x017F;s man bis zur<lb/>
halben Füllung mit vollem Strahl und lie&#x017F;s dann langsam volllaufen.<lb/><figure><head>Fig. 94.</head></figure><lb/></p>
            <p>Die Gu&#x017F;sblöcke wurden unter Dampfhämmern vorgeschmiedet.<lb/>
J. <hi rendition="#g">Ramsbottom</hi> in Crewe hatte hierfür einen horizontalen Dampf-<lb/>
hammer konstruiert, von dem <hi rendition="#g">Andre</hi> in seinem Reisebericht eine<lb/>
Skizze (Fig. 94) mitgeteilt hat. Zum Ausheizen der Blöcke bediente<lb/>
man sich in England bereits mehrfach <hi rendition="#g">Siemenss</hi>cher Gasschwei&#x017F;söfen,<lb/>
deren Einsatz sechs überschmiedete Blöcke betrug. Für Bleche go&#x017F;s<lb/>
man pyramidale Blöcke von 3 bis 4 Fu&#x017F;s Höhe, und drei auf 9 Zoll<lb/>
Seitenma&#x017F;se. Das Walzen des harten Bessemermetalls mu&#x017F;ste lang-<lb/>
samer geschehen als bei Puddeleisen und man lie&#x017F;s sehr oft den Stahl<lb/>
die Kaliber zweimal passieren. Die Jahresproduktion Englands im<lb/>
Jahre 1865 wurde zu 630000 Centner angegeben.</p><lb/>
            <p>Welche ausgezeichnete Dehnbarkeit der Bessemerstahl besa&#x017F;s, zeigt<lb/>
ein Beispiel von der Adolfshütte in Judenburg, wo man 1865 Fein-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[149/0165] Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870. 8 Pfund Pressung auskam, verlangten die Konverter 15 bis 20 Pfund auf den Quadratzoll. Bei John Brown berechnete man auf 100 Pfund Einsatz 495 Kubikfuſs Wind. Bei den Gebläsen war man ziemlich allgemein zu kleinen Windklappen mit Kautschukringen an Stelle der Deckelklappen übergegangen. Die Zahl der Düsen war verschieden. In Glasgow hatte ein Konverter 7 Ferne mit 7 Öffnungen (Düsen), in Crewe 12 Ferne mit 12 Öffnungen von ⅜ Zoll Durchmesser. Indessen war man von der übergroſsen Anzahl von Düsen mehr abgekommen. Die selbstthätige Windabsperrung war in England sehr verbreitet. Zur Erzielung dichter Eingüsse half ein sehr einfaches Verfahren. Sofort nach dem Eingieſsen legte man einen Blechdeckel auf die flüssige Masse und stampfte rasch Formsand darüber, den man mit einer 1 Zoll dicken Platte festkeilte. Am besten goſs man bis zur halben Füllung mit vollem Strahl und lieſs dann langsam volllaufen. [Abbildung Fig. 94.] Die Guſsblöcke wurden unter Dampfhämmern vorgeschmiedet. J. Ramsbottom in Crewe hatte hierfür einen horizontalen Dampf- hammer konstruiert, von dem Andre in seinem Reisebericht eine Skizze (Fig. 94) mitgeteilt hat. Zum Ausheizen der Blöcke bediente man sich in England bereits mehrfach Siemensscher Gasschweiſsöfen, deren Einsatz sechs überschmiedete Blöcke betrug. Für Bleche goſs man pyramidale Blöcke von 3 bis 4 Fuſs Höhe, und drei auf 9 Zoll Seitenmaſse. Das Walzen des harten Bessemermetalls muſste lang- samer geschehen als bei Puddeleisen und man lieſs sehr oft den Stahl die Kaliber zweimal passieren. Die Jahresproduktion Englands im Jahre 1865 wurde zu 630000 Centner angegeben. Welche ausgezeichnete Dehnbarkeit der Bessemerstahl besaſs, zeigt ein Beispiel von der Adolfshütte in Judenburg, wo man 1865 Fein-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/165
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/165>, abgerufen am 24.11.2024.