Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870.
durch. Er nimmt an, dass die Kohlensäure oxydierend auf Schwefel und Phosphor einwirke und Schwefel als schweflige Säure, Phosphor als phosphorige und unterphosphorige Säure entweiche. Der Kohlen- stoffgehalt, der durch Reduktion der Kohlensäure entstanden ist, soll durch das Nachblasen entfernt werden.
H. Bessemer nahm am 21. März 1868 ein Patent auf eine abgeänderte Frischbirne, in welcher ebenfalls unreines Roheisen ver- arbeitet werden sollte. Diese Birne hatte noch eine seitliche Aus- bauchung, in welche ebenfalls Wind eingeblasen werden konnte, dabei war sie so aufgehängt, dass einmal die seitliche Ausbauchung, das andere Mal der Boden nach unten hing und benutzt werden konnte. Zuerst sollte die kleinere seitliche Höhlung nach unten hängen. Der Herd derselben war mit gerösteter Schweissschlacke (bull-dog), Hammer- schlag, Roheisen u. s. w. ausgesetzt. Das unreine Roheisen wurde daraufgegossen und der Wind angelassen. Sobald die Masse heiss geworden war, sollte man Dampf entweder mit Wind gemischt oder allein durchblasen. Hierdurch wurde die Masse verdickt und innig mit Garschlacke gemengt. War die Masse fast steif geworden, so setzte man den anderen Teil der Charge, der aus besserem Roheisen bestand, zu. Dieser löste die zähe Masse wieder auf und nun richtete man den Konverter auf, so dass der ganze geschmolzene Inhalt auf den unteren Herd floss, wo er in der gewöhnlichen Weise verblasen wurde.
Ein weiteres Patent nahmen die Amerikaner A. L. Holley und B. Pearse am 16. Mai 1868 durch R. W. Lake für einen beweglichen Boden, welcher für sich eingesetzt und durch Bolzen befestigt wurde. Die Auswechselung eines schadhaften für einen Reserveboden konnte dadurch rasch von statten gehen. Der Vorzug dieser amerikanischen Böden gegenüber den schon 1865 zu Neuberg von Schmidhammer angewendeten bestand namentlich darin, dass zwischen der Seiten- wand des Konverters und dem eingesetzten Boden ein nach aussen sich erweiternder schmaler Zwischenraum gelassen wurde, welcher mit Ausnahme der Verbindungsschrauben zwischen Konverter und Boden von aussen frei und zugänglich blieb. Die Dichtung konnte dadurch leicht erfolgen, wenn auch das Gefäss im Innern noch rotglühend war. Ein Boden hielt aber z. B. in Dowlais nur 6 bis 8 Chargen aus, während das Futter 310 Chargen widerstand.
Alfred Tardieu schlug vor, das Futter der Bessemerbirnen aus Bauxit, der bekanntlich grösstenteils aus reiner Thonerde besteht, herzustellen, und hatte dafür durch A. V. Newton am 29. Juli 1869 ein englisches Patent erworben.
Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870.
durch. Er nimmt an, daſs die Kohlensäure oxydierend auf Schwefel und Phosphor einwirke und Schwefel als schweflige Säure, Phosphor als phosphorige und unterphosphorige Säure entweiche. Der Kohlen- stoffgehalt, der durch Reduktion der Kohlensäure entstanden ist, soll durch das Nachblasen entfernt werden.
H. Bessemer nahm am 21. März 1868 ein Patent auf eine abgeänderte Frischbirne, in welcher ebenfalls unreines Roheisen ver- arbeitet werden sollte. Diese Birne hatte noch eine seitliche Aus- bauchung, in welche ebenfalls Wind eingeblasen werden konnte, dabei war sie so aufgehängt, daſs einmal die seitliche Ausbauchung, das andere Mal der Boden nach unten hing und benutzt werden konnte. Zuerst sollte die kleinere seitliche Höhlung nach unten hängen. Der Herd derselben war mit gerösteter Schweiſsschlacke (bull-dog), Hammer- schlag, Roheisen u. s. w. ausgesetzt. Das unreine Roheisen wurde daraufgegossen und der Wind angelassen. Sobald die Masse heiſs geworden war, sollte man Dampf entweder mit Wind gemischt oder allein durchblasen. Hierdurch wurde die Masse verdickt und innig mit Garschlacke gemengt. War die Masse fast steif geworden, so setzte man den anderen Teil der Charge, der aus besserem Roheisen bestand, zu. Dieser löste die zähe Masse wieder auf und nun richtete man den Konverter auf, so daſs der ganze geschmolzene Inhalt auf den unteren Herd floſs, wo er in der gewöhnlichen Weise verblasen wurde.
Ein weiteres Patent nahmen die Amerikaner A. L. Holley und B. Pearse am 16. Mai 1868 durch R. W. Lake für einen beweglichen Boden, welcher für sich eingesetzt und durch Bolzen befestigt wurde. Die Auswechselung eines schadhaften für einen Reserveboden konnte dadurch rasch von statten gehen. Der Vorzug dieser amerikanischen Böden gegenüber den schon 1865 zu Neuberg von Schmidhammer angewendeten bestand namentlich darin, daſs zwischen der Seiten- wand des Konverters und dem eingesetzten Boden ein nach auſsen sich erweiternder schmaler Zwischenraum gelassen wurde, welcher mit Ausnahme der Verbindungsschrauben zwischen Konverter und Boden von auſsen frei und zugänglich blieb. Die Dichtung konnte dadurch leicht erfolgen, wenn auch das Gefäſs im Innern noch rotglühend war. Ein Boden hielt aber z. B. in Dowlais nur 6 bis 8 Chargen aus, während das Futter 310 Chargen widerstand.
Alfred Tardieu schlug vor, das Futter der Bessemerbirnen aus Bauxit, der bekanntlich gröſstenteils aus reiner Thonerde besteht, herzustellen, und hatte dafür durch A. V. Newton am 29. Juli 1869 ein englisches Patent erworben.
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Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870.
durch. Er nimmt an, daſs die Kohlensäure oxydierend auf Schwefel
und Phosphor einwirke und Schwefel als schweflige Säure, Phosphor
als phosphorige und unterphosphorige Säure entweiche. Der Kohlen-
stoffgehalt, der durch Reduktion der Kohlensäure entstanden ist, soll
durch das Nachblasen entfernt werden.
H. Bessemer nahm am 21. März 1868 ein Patent auf eine
abgeänderte Frischbirne, in welcher ebenfalls unreines Roheisen ver-
arbeitet werden sollte. Diese Birne hatte noch eine seitliche Aus-
bauchung, in welche ebenfalls Wind eingeblasen werden konnte, dabei
war sie so aufgehängt, daſs einmal die seitliche Ausbauchung, das
andere Mal der Boden nach unten hing und benutzt werden konnte.
Zuerst sollte die kleinere seitliche Höhlung nach unten hängen. Der
Herd derselben war mit gerösteter Schweiſsschlacke (bull-dog), Hammer-
schlag, Roheisen u. s. w. ausgesetzt. Das unreine Roheisen wurde
daraufgegossen und der Wind angelassen. Sobald die Masse heiſs
geworden war, sollte man Dampf entweder mit Wind gemischt oder
allein durchblasen. Hierdurch wurde die Masse verdickt und innig
mit Garschlacke gemengt. War die Masse fast steif geworden, so setzte
man den anderen Teil der Charge, der aus besserem Roheisen bestand,
zu. Dieser löste die zähe Masse wieder auf und nun richtete man den
Konverter auf, so daſs der ganze geschmolzene Inhalt auf den unteren
Herd floſs, wo er in der gewöhnlichen Weise verblasen wurde.
Ein weiteres Patent nahmen die Amerikaner A. L. Holley und
B. Pearse am 16. Mai 1868 durch R. W. Lake für einen beweglichen
Boden, welcher für sich eingesetzt und durch Bolzen befestigt wurde.
Die Auswechselung eines schadhaften für einen Reserveboden konnte
dadurch rasch von statten gehen. Der Vorzug dieser amerikanischen
Böden gegenüber den schon 1865 zu Neuberg von Schmidhammer
angewendeten bestand namentlich darin, daſs zwischen der Seiten-
wand des Konverters und dem eingesetzten Boden ein nach auſsen
sich erweiternder schmaler Zwischenraum gelassen wurde, welcher mit
Ausnahme der Verbindungsschrauben zwischen Konverter und Boden
von auſsen frei und zugänglich blieb. Die Dichtung konnte dadurch
leicht erfolgen, wenn auch das Gefäſs im Innern noch rotglühend war.
Ein Boden hielt aber z. B. in Dowlais nur 6 bis 8 Chargen aus,
während das Futter 310 Chargen widerstand.
Alfred Tardieu schlug vor, das Futter der Bessemerbirnen aus
Bauxit, der bekanntlich gröſstenteils aus reiner Thonerde besteht,
herzustellen, und hatte dafür durch A. V. Newton am 29. Juli 1869
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/182>, abgerufen am 25.11.2024.
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