Leitungen nach den Ingotformen abzweigten. Auf dem Elbastahlwerk bei Swansea stand die Gruppenform auf einer sich drehenden Scheibe und wurde nacheinander an die verschiedenen um die Scheibe stehenden Ingotformen angeschlossen.
1875 machte Raymond den Vorschlag, das Spiegeleisen un- geschmolzen, aber rotglühend vorgewärmt zuzusetzen. Dr. Ad. Schmidt empfahl, das Spiegeleisen durch Siliciumeisen zu ersetzen. Für Stahl, der härtbar, hart und zäh sein muss, ist ein Siliciumgehalt aber von Nachteil. S. Kern1) schlug Chromeisen statt des Spiegeleisens für sehr weichen Stahl vor.
Um für Bessemerwerke, welche ihr Roheisen direkt einem Hoch- ofen entnahmen, die Produktion zu erhöhen, schmolz man in Schweden Roheisen mit den Erzchargen durch. 1874 führte man dies auch zu Heft in Kärnten ein. Man gab 14 bis 16 Prozent des Erzsatzes oder 25 bis 30 Prozent des erzeugten Roheisens darin auf. Dieses Ver- fahren war billiger als die Verwendung eines Kupolofens neben dem Hochofen, auch konnte man dadurch die Qualität des Produktes verbessern.
Die französischen Metallurgen Gruner und Gautier unter- schieden 1875 folgende drei Methoden der Bessemerstahl- bereitung:
1. die von Terre noire oder die Eisenmanganmethode. Bei diesem besonders in Frankreich üblichen Verfahren verblies man ein siliciumreiches, manganarmes Roheisen, neigte nach dem Totblasen die Birne horizontal und warf vorgewärmtes Ferromangan ein; man wartete, bis die Reaktion vorbei war, und goss dann aus.
2. die schwedische Methode, bei der man ein sehr mangan- reiches Roheisen verarbeitete. Der Prozess verlief stürmisch, mit viel braunem Manganrauch, wodurch es oft schwer war, den richtigen Punkt der Entkohlung zu erkennen. Das Blasen wurde alsdann unterbrochen und kein Nachsatz gegeben. Ausser in Schweden war dies Verfahren auch in Zwickau und auf der Maxhütte in Bayern eingeführt worden, erlangte aber keine Bedeutung. Am wichtigsten und verbreitetsten blieb
3. die englische und Spiegeleisenmethode. Nach der Natur des Roheisens führte man den Prozess mehr oder weniger heiss. Die Mittel hierfür gaben der Siliciumgehalt und heisses Einschmelzen. Für phosphorhaltiges Roheisen war Heissblasen am besten. Ein
1) Siehe Engin. and Min. Journ. New York 1874, Bd. XX, S. 26.
Beck, Geschichte des Eisens. 40
Der saure oder Bessemerprozeſs bis 1880.
Leitungen nach den Ingotformen abzweigten. Auf dem Elbastahlwerk bei Swansea stand die Gruppenform auf einer sich drehenden Scheibe und wurde nacheinander an die verschiedenen um die Scheibe stehenden Ingotformen angeschlossen.
1875 machte Raymond den Vorschlag, das Spiegeleisen un- geschmolzen, aber rotglühend vorgewärmt zuzusetzen. Dr. Ad. Schmidt empfahl, das Spiegeleisen durch Siliciumeisen zu ersetzen. Für Stahl, der härtbar, hart und zäh sein muſs, ist ein Siliciumgehalt aber von Nachteil. S. Kern1) schlug Chromeisen statt des Spiegeleisens für sehr weichen Stahl vor.
Um für Bessemerwerke, welche ihr Roheisen direkt einem Hoch- ofen entnahmen, die Produktion zu erhöhen, schmolz man in Schweden Roheisen mit den Erzchargen durch. 1874 führte man dies auch zu Heft in Kärnten ein. Man gab 14 bis 16 Prozent des Erzsatzes oder 25 bis 30 Prozent des erzeugten Roheisens darin auf. Dieses Ver- fahren war billiger als die Verwendung eines Kupolofens neben dem Hochofen, auch konnte man dadurch die Qualität des Produktes verbessern.
Die französischen Metallurgen Gruner und Gautier unter- schieden 1875 folgende drei Methoden der Bessemerstahl- bereitung:
1. die von Terre noire oder die Eisenmanganmethode. Bei diesem besonders in Frankreich üblichen Verfahren verblies man ein siliciumreiches, manganarmes Roheisen, neigte nach dem Totblasen die Birne horizontal und warf vorgewärmtes Ferromangan ein; man wartete, bis die Reaktion vorbei war, und goſs dann aus.
2. die schwedische Methode, bei der man ein sehr mangan- reiches Roheisen verarbeitete. Der Prozeſs verlief stürmisch, mit viel braunem Manganrauch, wodurch es oft schwer war, den richtigen Punkt der Entkohlung zu erkennen. Das Blasen wurde alsdann unterbrochen und kein Nachsatz gegeben. Auſser in Schweden war dies Verfahren auch in Zwickau und auf der Maxhütte in Bayern eingeführt worden, erlangte aber keine Bedeutung. Am wichtigsten und verbreitetsten blieb
3. die englische und Spiegeleisenmethode. Nach der Natur des Roheisens führte man den Prozeſs mehr oder weniger heiſs. Die Mittel hierfür gaben der Siliciumgehalt und heiſses Einschmelzen. Für phosphorhaltiges Roheisen war Heiſsblasen am besten. Ein
1) Siehe Engin. and Min. Journ. New York 1874, Bd. XX, S. 26.
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Der saure oder Bessemerprozeſs bis 1880.
Leitungen nach den Ingotformen abzweigten. Auf dem Elbastahlwerk
bei Swansea stand die Gruppenform auf einer sich drehenden Scheibe
und wurde nacheinander an die verschiedenen um die Scheibe
stehenden Ingotformen angeschlossen.
1875 machte Raymond den Vorschlag, das Spiegeleisen un-
geschmolzen, aber rotglühend vorgewärmt zuzusetzen. Dr. Ad. Schmidt
empfahl, das Spiegeleisen durch Siliciumeisen zu ersetzen. Für Stahl,
der härtbar, hart und zäh sein muſs, ist ein Siliciumgehalt aber von
Nachteil. S. Kern 1) schlug Chromeisen statt des Spiegeleisens für
sehr weichen Stahl vor.
Um für Bessemerwerke, welche ihr Roheisen direkt einem Hoch-
ofen entnahmen, die Produktion zu erhöhen, schmolz man in Schweden
Roheisen mit den Erzchargen durch. 1874 führte man dies auch zu
Heft in Kärnten ein. Man gab 14 bis 16 Prozent des Erzsatzes oder
25 bis 30 Prozent des erzeugten Roheisens darin auf. Dieses Ver-
fahren war billiger als die Verwendung eines Kupolofens neben
dem Hochofen, auch konnte man dadurch die Qualität des Produktes
verbessern.
Die französischen Metallurgen Gruner und Gautier unter-
schieden 1875 folgende drei Methoden der Bessemerstahl-
bereitung:
1. die von Terre noire oder die Eisenmanganmethode. Bei
diesem besonders in Frankreich üblichen Verfahren verblies man ein
siliciumreiches, manganarmes Roheisen, neigte nach dem Totblasen
die Birne horizontal und warf vorgewärmtes Ferromangan ein; man
wartete, bis die Reaktion vorbei war, und goſs dann aus.
2. die schwedische Methode, bei der man ein sehr mangan-
reiches Roheisen verarbeitete. Der Prozeſs verlief stürmisch, mit
viel braunem Manganrauch, wodurch es oft schwer war, den richtigen
Punkt der Entkohlung zu erkennen. Das Blasen wurde alsdann
unterbrochen und kein Nachsatz gegeben. Auſser in Schweden war
dies Verfahren auch in Zwickau und auf der Maxhütte in Bayern
eingeführt worden, erlangte aber keine Bedeutung. Am wichtigsten
und verbreitetsten blieb
3. die englische und Spiegeleisenmethode. Nach der Natur
des Roheisens führte man den Prozeſs mehr oder weniger heiſs. Die
Mittel hierfür gaben der Siliciumgehalt und heiſses Einschmelzen.
Für phosphorhaltiges Roheisen war Heiſsblasen am besten. Ein
1) Siehe Engin. and Min. Journ. New York 1874, Bd. XX, S. 26.
Beck, Geschichte des Eisens. 40
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 625. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/641>, abgerufen am 22.11.2024.
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