Minuten beendet ist, so dass der ganze Prozess etwa 18 Minuten erfordert. Er verläuft rascher und energischer als der saure. Die erste Periode zeigt lebhafteres Funkensprühen durch ausgeworfene Kalkteilchen, die zweite heftigeres Kochen, bei der dritten erscheint ein brauner Rauch von verbrennendem Eisen, der gegen das Ende der Entphosphorung zunimmt. Das Bild des Spektrums ist nicht so deutlich wie bei dem sauren Prozess, aber doch bei einiger Übung gut zu erkennen; ins- besondere das Verschwinden der Manganlinien im grünen Feld, welches zugleich den Moment der Entkohlung und den Beginn des Nach- blasens angiebt.
Um die gebildete Kieselsäure und Phosphorsäure zu binden und um das Futter zu schonen, sind nach Thomas' Patent vom 10. April 1879 wiederholte basische Zuschläge erforderlich, um eine starke und basische Schlacke von über 40 Prozent Kalk und Magnesia bei nur 8 bis 20 Prozent Kieselsäure zu erhalten. Den Vorgang beschreibt der Erfinder, wie folgt: "Unmittelbar bevor das Metall in die Birne einfliesst, wird eine Quantität Kalk (vorzugsweise magnesiahaltiger Kalk) oder eine Mischung von ungefähr 8 Tln. Kalk auf 1 Tl. Eisen- oxyd in die Birne geworfen. Diese Mischung kann durch Kalcinieren von Kalkstein und Erz zusammen, wie im folgenden erklärt werden wird, hergestellt werden. Dieser erste basische Zuschlag ist zweck- mässigerweise nahezu im Gewichte gleich dem doppelten Betrage von dem in der Charge enthaltenen Silicium und Phosphor. Man bläst dann 6 bis 10 Minuten oder eine erfahrungsmässig notwendige Zeit, um so viel Hitze zu geben, als für den Rest des Zuschlags genügt. -- Die Birne wird nach dem ersten Blasen rasch gekippt und dann eine etwas kleinere Menge Basen (ungefähr zwei Drittel des ersten Betrages) hineingeworfen. Dieser Zuschlag besteht zweckmässigerweise aus einer Mischung von 2 bis 3 Tln. Kalk auf 1 Tl. eines kieselsäurefreien Eisen- oxydes, wie z. B. Roteisenstein. -- Es ist am zweckmässigsten, diesen Zuschlag ebenfalls sehr heiss oder selbst geschmolzen in die Birne einzubringen. -- Nach diesem zweiten Zusatz wird die Birne rasch aufgerichtet und mit dem Blasen fortgefahren."
Diese ursprünglichen Vorschriften von Thomas erlitten bald durch die Erfahrungen einige Abänderungen. Zunächst erwies sich der angegebene Zusatz von Eisenoxyd als unvorteilhaft, weil derselbe von dem Kohlenstoff im Eisen aus der Schlacke reduziert und durch Kalk aus dem Futter ersetzt wird, dieses also angreift. Dolomitischer Kalk erwies sich als ein weniger geeigneter Zuschlag als reiner Kalk, welcher poröser bleibt und nicht so leicht zusammenbackt, während
Die Erfindung und Einführung des Thomasprozesses.
Minuten beendet ist, so daſs der ganze Prozeſs etwa 18 Minuten erfordert. Er verläuft rascher und energischer als der saure. Die erste Periode zeigt lebhafteres Funkensprühen durch ausgeworfene Kalkteilchen, die zweite heftigeres Kochen, bei der dritten erscheint ein brauner Rauch von verbrennendem Eisen, der gegen das Ende der Entphosphorung zunimmt. Das Bild des Spektrums ist nicht so deutlich wie bei dem sauren Prozeſs, aber doch bei einiger Übung gut zu erkennen; ins- besondere das Verschwinden der Manganlinien im grünen Feld, welches zugleich den Moment der Entkohlung und den Beginn des Nach- blasens angiebt.
Um die gebildete Kieselsäure und Phosphorsäure zu binden und um das Futter zu schonen, sind nach Thomas’ Patent vom 10. April 1879 wiederholte basische Zuschläge erforderlich, um eine starke und basische Schlacke von über 40 Prozent Kalk und Magnesia bei nur 8 bis 20 Prozent Kieselsäure zu erhalten. Den Vorgang beschreibt der Erfinder, wie folgt: „Unmittelbar bevor das Metall in die Birne einflieſst, wird eine Quantität Kalk (vorzugsweise magnesiahaltiger Kalk) oder eine Mischung von ungefähr 8 Tln. Kalk auf 1 Tl. Eisen- oxyd in die Birne geworfen. Diese Mischung kann durch Kalcinieren von Kalkstein und Erz zusammen, wie im folgenden erklärt werden wird, hergestellt werden. Dieser erste basische Zuschlag ist zweck- mäſsigerweise nahezu im Gewichte gleich dem doppelten Betrage von dem in der Charge enthaltenen Silicium und Phosphor. Man bläst dann 6 bis 10 Minuten oder eine erfahrungsmäſsig notwendige Zeit, um so viel Hitze zu geben, als für den Rest des Zuschlags genügt. — Die Birne wird nach dem ersten Blasen rasch gekippt und dann eine etwas kleinere Menge Basen (ungefähr zwei Drittel des ersten Betrages) hineingeworfen. Dieser Zuschlag besteht zweckmäſsigerweise aus einer Mischung von 2 bis 3 Tln. Kalk auf 1 Tl. eines kieselsäurefreien Eisen- oxydes, wie z. B. Roteisenstein. — Es ist am zweckmäſsigsten, diesen Zuschlag ebenfalls sehr heiſs oder selbst geschmolzen in die Birne einzubringen. — Nach diesem zweiten Zusatz wird die Birne rasch aufgerichtet und mit dem Blasen fortgefahren.“
Diese ursprünglichen Vorschriften von Thomas erlitten bald durch die Erfahrungen einige Abänderungen. Zunächst erwies sich der angegebene Zusatz von Eisenoxyd als unvorteilhaft, weil derselbe von dem Kohlenstoff im Eisen aus der Schlacke reduziert und durch Kalk aus dem Futter ersetzt wird, dieses also angreift. Dolomitischer Kalk erwies sich als ein weniger geeigneter Zuschlag als reiner Kalk, welcher poröser bleibt und nicht so leicht zusammenbackt, während
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Die Erfindung und Einführung des Thomasprozesses.
Minuten beendet ist, so daſs der ganze Prozeſs etwa 18 Minuten erfordert.
Er verläuft rascher und energischer als der saure. Die erste Periode
zeigt lebhafteres Funkensprühen durch ausgeworfene Kalkteilchen, die
zweite heftigeres Kochen, bei der dritten erscheint ein brauner Rauch
von verbrennendem Eisen, der gegen das Ende der Entphosphorung
zunimmt. Das Bild des Spektrums ist nicht so deutlich wie bei dem
sauren Prozeſs, aber doch bei einiger Übung gut zu erkennen; ins-
besondere das Verschwinden der Manganlinien im grünen Feld, welches
zugleich den Moment der Entkohlung und den Beginn des Nach-
blasens angiebt.
Um die gebildete Kieselsäure und Phosphorsäure zu binden und
um das Futter zu schonen, sind nach Thomas’ Patent vom 10. April
1879 wiederholte basische Zuschläge erforderlich, um eine starke und
basische Schlacke von über 40 Prozent Kalk und Magnesia bei nur
8 bis 20 Prozent Kieselsäure zu erhalten. Den Vorgang beschreibt
der Erfinder, wie folgt: „Unmittelbar bevor das Metall in die Birne
einflieſst, wird eine Quantität Kalk (vorzugsweise magnesiahaltiger
Kalk) oder eine Mischung von ungefähr 8 Tln. Kalk auf 1 Tl. Eisen-
oxyd in die Birne geworfen. Diese Mischung kann durch Kalcinieren
von Kalkstein und Erz zusammen, wie im folgenden erklärt werden
wird, hergestellt werden. Dieser erste basische Zuschlag ist zweck-
mäſsigerweise nahezu im Gewichte gleich dem doppelten Betrage von
dem in der Charge enthaltenen Silicium und Phosphor. Man bläst
dann 6 bis 10 Minuten oder eine erfahrungsmäſsig notwendige Zeit,
um so viel Hitze zu geben, als für den Rest des Zuschlags genügt. —
Die Birne wird nach dem ersten Blasen rasch gekippt und dann eine
etwas kleinere Menge Basen (ungefähr zwei Drittel des ersten Betrages)
hineingeworfen. Dieser Zuschlag besteht zweckmäſsigerweise aus einer
Mischung von 2 bis 3 Tln. Kalk auf 1 Tl. eines kieselsäurefreien Eisen-
oxydes, wie z. B. Roteisenstein. — Es ist am zweckmäſsigsten, diesen
Zuschlag ebenfalls sehr heiſs oder selbst geschmolzen in die Birne
einzubringen. — Nach diesem zweiten Zusatz wird die Birne rasch
aufgerichtet und mit dem Blasen fortgefahren.“
Diese ursprünglichen Vorschriften von Thomas erlitten bald
durch die Erfahrungen einige Abänderungen. Zunächst erwies sich der
angegebene Zusatz von Eisenoxyd als unvorteilhaft, weil derselbe von
dem Kohlenstoff im Eisen aus der Schlacke reduziert und durch Kalk
aus dem Futter ersetzt wird, dieses also angreift. Dolomitischer Kalk
erwies sich als ein weniger geeigneter Zuschlag als reiner Kalk,
welcher poröser bleibt und nicht so leicht zusammenbackt, während
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 651. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/667>, abgerufen am 22.11.2024.
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