Es gelang dem Direktor Obuchow (Obouchkow, Abukoff) vor 1875, Güsse von 40 Tonnen Gewicht aus 1200 Tiegeln zu giessen. Hierfür wurde Roheisen und Schmiedeeisen eingeschmolzen, beide Materialien allerdings von besonderer Güte. Es war Holzkohlenroh- eisen vom Ural und Stabeisen aus Sibirien. In Amerika verwendete man mit Vorliebe den sehr reinen mit Holzkohle erzeugten Rennstahl für guten Tiegelgussstahl.
Charles Attwood machte zu Wolsingham in England aus Eisen von Weardale und Spiegeleisen Anfang der siebziger Jahre einen guten Tiegelgussstahl, der aber zu teuer war, um mit Bessemerstahl konkurrieren zu können. -- Unter vielen anderen Versuchen erwähnen wir noch das Verfahren von C. Casper (1889), welcher reines Fluss- eisen granuliert und die Granalien im Tiegel unter Zusatz von Kien- russ und Magnesia einschmilzt (D. R. P. Nr. 47211).
An die Fabrikation des Tiegelgussstahls, worunter ein Produkt von Eisen und Kohlenstoff verstanden wird, reiht sich die Fabrikation der sogenannten Specialstahle1) an, welche ausser den genannten Elementen noch einen anderen Körper, der seine Güte, meistens seine Härte erhöhen soll, enthält, weil diese Specialstahle ursprünglich ebenfalls in Tiegeln hergestellt wurden. Es geschieht dies noch für kleinere Güsse, während man grosse Güsse oder Massenartikel jetzt öfter aus dem Flammofen giesst. Die Elemente, die man zur Her- stellung dieser Specialstahle dem gekohlten Eisen zusetzt, sind besonders Mangan, Wolfram, Chrom, Phosphor, Silicium, Aluminium, Kupfer, Nickel und Titan.
Mushets Titanstahl war, wie schon früher erwähnt wurde, in Misskredit geraten, weil wiederholte chemische Analysen kein Titan in dem danach benannten Stahl nachweisen konnten. Dagegen er- freute sich der Manganstahl besonders als Meisselstahl grosser An- erkennung.
Robert und David Mushet hatten 1830 bereits einen Mangan- stahl mit angeblich 30 Prozent Mangan im Tiegel erzeugt. Doch blieb es bei dem Laboratoriumsversuch. Die als Ferromangan bekannte Legierung, welche als Ersatz für Spiegeleisen bei der Flussstahlfabri- kation Verwendung findet, haben wir schon erwähnt. Es ist eine Legierung mit hohem Kohlenstoffgehalt (bis 7,5 Prozent), die hart und spröde ist. A. Pourcel führte 1867 in Terrenoire die Erzeugung von sehr weichem Flussstahl mit Hülfe von 80 prozentigem Ferro-
1) Im kleinen werden die nachbeschriebenen Specialstahle und Legierungen von C. W. S. Biermann in Hannover dargestellt und verkauft.
Cement- und Tiegelguſsstahl.
Es gelang dem Direktor Obuchow (Obouchkow, Abukoff) vor 1875, Güsse von 40 Tonnen Gewicht aus 1200 Tiegeln zu gieſsen. Hierfür wurde Roheisen und Schmiedeeisen eingeschmolzen, beide Materialien allerdings von besonderer Güte. Es war Holzkohlenroh- eisen vom Ural und Stabeisen aus Sibirien. In Amerika verwendete man mit Vorliebe den sehr reinen mit Holzkohle erzeugten Rennstahl für guten Tiegelguſsstahl.
Charles Attwood machte zu Wolsingham in England aus Eisen von Weardale und Spiegeleisen Anfang der siebziger Jahre einen guten Tiegelguſsstahl, der aber zu teuer war, um mit Bessemerstahl konkurrieren zu können. — Unter vielen anderen Versuchen erwähnen wir noch das Verfahren von C. Casper (1889), welcher reines Fluſs- eisen granuliert und die Granalien im Tiegel unter Zusatz von Kien- ruſs und Magnesia einschmilzt (D. R. P. Nr. 47211).
An die Fabrikation des Tiegelguſsstahls, worunter ein Produkt von Eisen und Kohlenstoff verstanden wird, reiht sich die Fabrikation der sogenannten Specialstahle1) an, welche auſser den genannten Elementen noch einen anderen Körper, der seine Güte, meistens seine Härte erhöhen soll, enthält, weil diese Specialstahle ursprünglich ebenfalls in Tiegeln hergestellt wurden. Es geschieht dies noch für kleinere Güsse, während man groſse Güsse oder Massenartikel jetzt öfter aus dem Flammofen gieſst. Die Elemente, die man zur Her- stellung dieser Specialstahle dem gekohlten Eisen zusetzt, sind besonders Mangan, Wolfram, Chrom, Phosphor, Silicium, Aluminium, Kupfer, Nickel und Titan.
Mushets Titanstahl war, wie schon früher erwähnt wurde, in Miſskredit geraten, weil wiederholte chemische Analysen kein Titan in dem danach benannten Stahl nachweisen konnten. Dagegen er- freute sich der Manganstahl besonders als Meiſselstahl groſser An- erkennung.
Robert und David Mushet hatten 1830 bereits einen Mangan- stahl mit angeblich 30 Prozent Mangan im Tiegel erzeugt. Doch blieb es bei dem Laboratoriumsversuch. Die als Ferromangan bekannte Legierung, welche als Ersatz für Spiegeleisen bei der Fluſsstahlfabri- kation Verwendung findet, haben wir schon erwähnt. Es ist eine Legierung mit hohem Kohlenstoffgehalt (bis 7,5 Prozent), die hart und spröde ist. A. Pourcel führte 1867 in Terrenoire die Erzeugung von sehr weichem Fluſsstahl mit Hülfe von 80 prozentigem Ferro-
1) Im kleinen werden die nachbeschriebenen Specialstahle und Legierungen von C. W. S. Biermann in Hannover dargestellt und verkauft.
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Cement- und Tiegelguſsstahl.
Es gelang dem Direktor Obuchow (Obouchkow, Abukoff) vor
1875, Güsse von 40 Tonnen Gewicht aus 1200 Tiegeln zu gieſsen.
Hierfür wurde Roheisen und Schmiedeeisen eingeschmolzen, beide
Materialien allerdings von besonderer Güte. Es war Holzkohlenroh-
eisen vom Ural und Stabeisen aus Sibirien. In Amerika verwendete
man mit Vorliebe den sehr reinen mit Holzkohle erzeugten Rennstahl
für guten Tiegelguſsstahl.
Charles Attwood machte zu Wolsingham in England aus Eisen
von Weardale und Spiegeleisen Anfang der siebziger Jahre einen
guten Tiegelguſsstahl, der aber zu teuer war, um mit Bessemerstahl
konkurrieren zu können. — Unter vielen anderen Versuchen erwähnen
wir noch das Verfahren von C. Casper (1889), welcher reines Fluſs-
eisen granuliert und die Granalien im Tiegel unter Zusatz von Kien-
ruſs und Magnesia einschmilzt (D. R. P. Nr. 47211).
An die Fabrikation des Tiegelguſsstahls, worunter ein Produkt
von Eisen und Kohlenstoff verstanden wird, reiht sich die Fabrikation
der sogenannten Specialstahle 1) an, welche auſser den genannten
Elementen noch einen anderen Körper, der seine Güte, meistens seine
Härte erhöhen soll, enthält, weil diese Specialstahle ursprünglich
ebenfalls in Tiegeln hergestellt wurden. Es geschieht dies noch für
kleinere Güsse, während man groſse Güsse oder Massenartikel jetzt
öfter aus dem Flammofen gieſst. Die Elemente, die man zur Her-
stellung dieser Specialstahle dem gekohlten Eisen zusetzt, sind
besonders Mangan, Wolfram, Chrom, Phosphor, Silicium, Aluminium,
Kupfer, Nickel und Titan.
Mushets Titanstahl war, wie schon früher erwähnt wurde, in
Miſskredit geraten, weil wiederholte chemische Analysen kein Titan
in dem danach benannten Stahl nachweisen konnten. Dagegen er-
freute sich der Manganstahl besonders als Meiſselstahl groſser An-
erkennung.
Robert und David Mushet hatten 1830 bereits einen Mangan-
stahl mit angeblich 30 Prozent Mangan im Tiegel erzeugt. Doch
blieb es bei dem Laboratoriumsversuch. Die als Ferromangan bekannte
Legierung, welche als Ersatz für Spiegeleisen bei der Fluſsstahlfabri-
kation Verwendung findet, haben wir schon erwähnt. Es ist eine
Legierung mit hohem Kohlenstoffgehalt (bis 7,5 Prozent), die hart
und spröde ist. A. Pourcel führte 1867 in Terrenoire die Erzeugung
von sehr weichem Fluſsstahl mit Hülfe von 80 prozentigem Ferro-
1) Im kleinen werden die nachbeschriebenen Specialstahle und Legierungen
von C. W. S. Biermann in Hannover dargestellt und verkauft.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 738. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/754>, abgerufen am 22.11.2024.
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