eisen. Das in der Pariser Weltausstellung von 1889 ausgestellte Ferrochrom enthielt neben 65 Prozent Chrom 12 Prozent Kohlenstoff. Chrom ersetzt also keineswegs, wie man früher annahm, den Kohlen- stoff im Eisen, sondern vermehrt dessen Aufnahme. Auch der Chrom- stahl ist nur als eine Legierung anzusehen.
Roheisen mit geringem Chromgehalt ähnelt Spiegeleisen, bei höherem Chromgehalt finden nadelförmige Ausscheidungen statt. Ein geringer Chromgehalt im Stahl erhöht schon seine Härte bedeutend. So wurde ein Stahl mit 0,71 Prozent Kohlenstoff und 0,18 Prozent Chrom von der Feile nicht mehr angegriffen, während derselbe Stahl ohne Chromzusatz gut zu feilen war. Doch soll nach Turners Ver- suchen Chrom diese härtende Eigenschaft nur bei Gegenwart von Kohlenstoff zeigen. Für die Kenntnis des Chromstahls haben sich besonders verdient gemacht Baur, Brustlein, Sergius Kern, Hadfield, Odelstjerna und Osmond. Von neueren Arbeiten sind hervorzuheben R. A. Hadfields Vortrag über Eisenchrom- legierung im Herbstmeeting des Iron and Steel Industry 1) und ein Aufsatz von Sergius Kern über die Erzeugung von Chromstahl- geschossen in Russland 2). Nach Hadfields Versuchen wachsen Elasticitätsgrenze und Bruchbelastung (Härte und Festigkeit) mit dem Chromgehalt bis zu 5 Prozent, dann nehmen beide ab; bei mehr als 0,8 Prozent Chrom bei 0,12 Prozent Kohlenstoff wird der Stahl spröder, die Zähigkeit nimmt ab. -- Die Schweissbarkeit wird durch einen Chromgehalt verringert. Chromstahl widersteht der Einwirkung der Säuren mehr als gewöhnlicher Stahl.
Im ganzen haben sich die allerdings oft übertriebenen Er- wartungen, die man besonders in Frankreich und Amerika auf den Chromstahl setzte, nicht vollständig erfüllt. Doch liefert er für manche Zwecke, wobei die Härte in erster Linie in Frage kommt, ein brauchbares Material. Dies hat sich besonders bei der Herstellung von Geschossen bewährt, wofür man in Amerika, Frankreich und Russland Chromstahl verwendet. Spitzgeschosse aus Chromstahl wurden zuerst von Holtzer & Co. in Unieux eingeführt und hiessen deshalb Holtzergeschosse. Auch in Russland hat sich, nach dem Berichte von Sergius Kern von 1895, auf dem Poutiloff-Stahlwerk bei St. Peters- burg seit 1889 am besten Tiegelchromstahl, nach dem System von
1) In deutscher Bearbeitung von A. Ledebur in Stahl und Eisen 1893, S. 14.
2) Österreich. Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen 1895, S. 388.
Cement- und Tiegelguſsstahl.
eisen. Das in der Pariser Weltausstellung von 1889 ausgestellte Ferrochrom enthielt neben 65 Prozent Chrom 12 Prozent Kohlenstoff. Chrom ersetzt also keineswegs, wie man früher annahm, den Kohlen- stoff im Eisen, sondern vermehrt dessen Aufnahme. Auch der Chrom- stahl ist nur als eine Legierung anzusehen.
Roheisen mit geringem Chromgehalt ähnelt Spiegeleisen, bei höherem Chromgehalt finden nadelförmige Ausscheidungen statt. Ein geringer Chromgehalt im Stahl erhöht schon seine Härte bedeutend. So wurde ein Stahl mit 0,71 Prozent Kohlenstoff und 0,18 Prozent Chrom von der Feile nicht mehr angegriffen, während derselbe Stahl ohne Chromzusatz gut zu feilen war. Doch soll nach Turners Ver- suchen Chrom diese härtende Eigenschaft nur bei Gegenwart von Kohlenstoff zeigen. Für die Kenntnis des Chromstahls haben sich besonders verdient gemacht Baur, Brustlein, Sergius Kern, Hadfield, Odelstjerna und Osmond. Von neueren Arbeiten sind hervorzuheben R. A. Hadfields Vortrag über Eisenchrom- legierung im Herbstmeeting des Iron and Steel Industry 1) und ein Aufsatz von Sergius Kern über die Erzeugung von Chromstahl- geschossen in Ruſsland 2). Nach Hadfields Versuchen wachsen Elasticitätsgrenze und Bruchbelastung (Härte und Festigkeit) mit dem Chromgehalt bis zu 5 Prozent, dann nehmen beide ab; bei mehr als 0,8 Prozent Chrom bei 0,12 Prozent Kohlenstoff wird der Stahl spröder, die Zähigkeit nimmt ab. — Die Schweiſsbarkeit wird durch einen Chromgehalt verringert. Chromstahl widersteht der Einwirkung der Säuren mehr als gewöhnlicher Stahl.
Im ganzen haben sich die allerdings oft übertriebenen Er- wartungen, die man besonders in Frankreich und Amerika auf den Chromstahl setzte, nicht vollständig erfüllt. Doch liefert er für manche Zwecke, wobei die Härte in erster Linie in Frage kommt, ein brauchbares Material. Dies hat sich besonders bei der Herstellung von Geschossen bewährt, wofür man in Amerika, Frankreich und Ruſsland Chromstahl verwendet. Spitzgeschosse aus Chromstahl wurden zuerst von Holtzer & Co. in Unieux eingeführt und hieſsen deshalb Holtzergeschosse. Auch in Ruſsland hat sich, nach dem Berichte von Sergius Kern von 1895, auf dem Poutiloff-Stahlwerk bei St. Peters- burg seit 1889 am besten Tiegelchromstahl, nach dem System von
1) In deutscher Bearbeitung von A. Ledebur in Stahl und Eisen 1893, S. 14.
2) Österreich. Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen 1895, S. 388.
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Cement- und Tiegelguſsstahl.
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Ferrochrom enthielt neben 65 Prozent Chrom 12 Prozent Kohlenstoff.
Chrom ersetzt also keineswegs, wie man früher annahm, den Kohlen-
stoff im Eisen, sondern vermehrt dessen Aufnahme. Auch der Chrom-
stahl ist nur als eine Legierung anzusehen.
Roheisen mit geringem Chromgehalt ähnelt Spiegeleisen, bei
höherem Chromgehalt finden nadelförmige Ausscheidungen statt. Ein
geringer Chromgehalt im Stahl erhöht schon seine Härte bedeutend.
So wurde ein Stahl mit 0,71 Prozent Kohlenstoff und 0,18 Prozent
Chrom von der Feile nicht mehr angegriffen, während derselbe Stahl
ohne Chromzusatz gut zu feilen war. Doch soll nach Turners Ver-
suchen Chrom diese härtende Eigenschaft nur bei Gegenwart von
Kohlenstoff zeigen. Für die Kenntnis des Chromstahls haben sich
besonders verdient gemacht Baur, Brustlein, Sergius Kern,
Hadfield, Odelstjerna und Osmond. Von neueren Arbeiten
sind hervorzuheben R. A. Hadfields Vortrag über Eisenchrom-
legierung im Herbstmeeting des Iron and Steel Industry 1) und ein
Aufsatz von Sergius Kern über die Erzeugung von Chromstahl-
geschossen in Ruſsland 2). Nach Hadfields Versuchen wachsen
Elasticitätsgrenze und Bruchbelastung (Härte und Festigkeit) mit dem
Chromgehalt bis zu 5 Prozent, dann nehmen beide ab; bei mehr als
0,8 Prozent Chrom bei 0,12 Prozent Kohlenstoff wird der Stahl spröder,
die Zähigkeit nimmt ab. — Die Schweiſsbarkeit wird durch einen
Chromgehalt verringert. Chromstahl widersteht der Einwirkung der
Säuren mehr als gewöhnlicher Stahl.
Im ganzen haben sich die allerdings oft übertriebenen Er-
wartungen, die man besonders in Frankreich und Amerika auf den
Chromstahl setzte, nicht vollständig erfüllt. Doch liefert er für
manche Zwecke, wobei die Härte in erster Linie in Frage kommt, ein
brauchbares Material. Dies hat sich besonders bei der Herstellung
von Geschossen bewährt, wofür man in Amerika, Frankreich und
Ruſsland Chromstahl verwendet. Spitzgeschosse aus Chromstahl wurden
zuerst von Holtzer & Co. in Unieux eingeführt und hieſsen deshalb
Holtzergeschosse. Auch in Ruſsland hat sich, nach dem Berichte von
Sergius Kern von 1895, auf dem Poutiloff-Stahlwerk bei St. Peters-
burg seit 1889 am besten Tiegelchromstahl, nach dem System von
1) In deutscher Bearbeitung von A. Ledebur in Stahl und Eisen 1893,
S. 14.
2) Österreich. Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen 1895, S. 388.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 744. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/760>, abgerufen am 22.11.2024.
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