Als ein Beispiel hiervon führen wir die Kurbelwellen des riesigen Doppelschrauben-Schnelldampfers "Deutschland" an, der 1899 von Stapel gelassen wurde. Die Länge einer solchen Welle beträgt 18,07 m, ihr Durchmesser 640 m, ihr Hub 1850 mm, ihr Gewicht 101500 kg.
Ausser den vorgeschriebenen Stahlsorten giebt es noch mehrere andere Stahllegierungen, die nicht ohne Interesse sind, die aber eine grössere praktische Bedeutung nicht erlangt haben. Es sind dies Siliciumstahl, Phosphorstahl, Arsenstahl, Aluminiumstahl und Kupfer- stahl.
Siliciumstahl stellt man kaum absichtlich dar, weil im all- gemeinen ein Siliciumgehalt die Schmiedbarkeit, Schweissbarkeit und Zähigkeit beeinträchtigt. Man setzt aber bei Flussstahl oft Silicium- eisen zu, um blasenfreien Guss zu erhalten. Die üblen Eigenschaften eines Überschusses von Silicium werden durch einen Manganzusatz gemildert. Gruner fand 1874, dass Silicium die Eigenschaft besitze, Stahlsorten mit sehr geringem Kohlenstoffgehalt Härtungsfähigkeit zu verleihen. Silicium wirkt eben selbst wie Kohlenstoff und verdrängt diesen bei grösserem Zusatz teilweise.
Ähnlich verhält es sich mit dem Phosphorstahl. Im allgemeinen ist der Phosphor eine schädliche Verunreinigung des Stahls. Hat man aber ein Material, welches fast frei von Kohlenstoff ist, so ver- leiht ein geringer Zusatz von Phosphor demselben Eigenschaften des Stahls, namentlich erhöht er seine Härte. Aus diesem Grunde er- zeugte zuerst T. J. Slade in den Vereinigten Staaten, dann Terrenoire in Frankreich nach der Erfindung von Tessie du Motay Phosphor- Flussstahl für Eisenbahnschienen. Der Phosphorstahl von Terrenoire enthielt 0,035 Prozent Phosphor neben 0,15 Prozent Kohlenstoff. Ein Phosphorgehalt schadet um so weniger, je mehr der Kohlenstoffgehalt abnimmt. Nach Holley wird Flussstahl erst bei einem Phosphor- gehalt von 0,15 Prozent brüchig, wenn derselbe nur 0,30 Prozent Kohlenstoff enthält, dagegen schon bei 0,05 Prozent Phosphor, wenn der Kohlenstoffgehalt 0,75 Prozent beträgt. Überhaupt ist nach einem Vortrage Holleys, den er 1878 in New York hielt, der phosphor- haltige Stahl nur gut bei ruhender Belastung, dagegen schlecht gegen Stoss. Er verlangt ein sehr sorgfältiges Verwalzen, weil er sonst kantenrissig wird.
Auch einen geringen Arsengehalt kann reiner Stahl ohne Nach- teil ertragen. F. W. Harbort und A. E. Tucker hatten 1888 die Mitteilung veröffentlicht, dass ein höherer Prozentgehalt von Arsen
Cement- und Tiegelguſsstahl.
Als ein Beispiel hiervon führen wir die Kurbelwellen des riesigen Doppelschrauben-Schnelldampfers „Deutschland“ an, der 1899 von Stapel gelassen wurde. Die Länge einer solchen Welle beträgt 18,07 m, ihr Durchmesser 640 m, ihr Hub 1850 mm, ihr Gewicht 101500 kg.
Auſser den vorgeschriebenen Stahlsorten giebt es noch mehrere andere Stahllegierungen, die nicht ohne Interesse sind, die aber eine gröſsere praktische Bedeutung nicht erlangt haben. Es sind dies Siliciumstahl, Phosphorstahl, Arsenstahl, Aluminiumstahl und Kupfer- stahl.
Siliciumstahl stellt man kaum absichtlich dar, weil im all- gemeinen ein Siliciumgehalt die Schmiedbarkeit, Schweiſsbarkeit und Zähigkeit beeinträchtigt. Man setzt aber bei Fluſsstahl oft Silicium- eisen zu, um blasenfreien Guſs zu erhalten. Die üblen Eigenschaften eines Überschusses von Silicium werden durch einen Manganzusatz gemildert. Gruner fand 1874, daſs Silicium die Eigenschaft besitze, Stahlsorten mit sehr geringem Kohlenstoffgehalt Härtungsfähigkeit zu verleihen. Silicium wirkt eben selbst wie Kohlenstoff und verdrängt diesen bei gröſserem Zusatz teilweise.
Ähnlich verhält es sich mit dem Phosphorstahl. Im allgemeinen ist der Phosphor eine schädliche Verunreinigung des Stahls. Hat man aber ein Material, welches fast frei von Kohlenstoff ist, so ver- leiht ein geringer Zusatz von Phosphor demselben Eigenschaften des Stahls, namentlich erhöht er seine Härte. Aus diesem Grunde er- zeugte zuerst T. J. Slade in den Vereinigten Staaten, dann Terrenoire in Frankreich nach der Erfindung von Tessié du Motay Phosphor- Fluſsstahl für Eisenbahnschienen. Der Phosphorstahl von Terrenoire enthielt 0,035 Prozent Phosphor neben 0,15 Prozent Kohlenstoff. Ein Phosphorgehalt schadet um so weniger, je mehr der Kohlenstoffgehalt abnimmt. Nach Holley wird Fluſsstahl erst bei einem Phosphor- gehalt von 0,15 Prozent brüchig, wenn derselbe nur 0,30 Prozent Kohlenstoff enthält, dagegen schon bei 0,05 Prozent Phosphor, wenn der Kohlenstoffgehalt 0,75 Prozent beträgt. Überhaupt ist nach einem Vortrage Holleys, den er 1878 in New York hielt, der phosphor- haltige Stahl nur gut bei ruhender Belastung, dagegen schlecht gegen Stoſs. Er verlangt ein sehr sorgfältiges Verwalzen, weil er sonst kantenrissig wird.
Auch einen geringen Arsengehalt kann reiner Stahl ohne Nach- teil ertragen. F. W. Harbort und A. E. Tucker hatten 1888 die Mitteilung veröffentlicht, daſs ein höherer Prozentgehalt von Arsen
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Cement- und Tiegelguſsstahl.
Als ein Beispiel hiervon führen wir die Kurbelwellen des riesigen
Doppelschrauben-Schnelldampfers „Deutschland“ an, der 1899 von
Stapel gelassen wurde. Die Länge einer solchen Welle beträgt
18,07 m, ihr Durchmesser 640 m, ihr Hub 1850 mm, ihr Gewicht
101500 kg.
Auſser den vorgeschriebenen Stahlsorten giebt es noch mehrere
andere Stahllegierungen, die nicht ohne Interesse sind, die aber eine
gröſsere praktische Bedeutung nicht erlangt haben. Es sind dies
Siliciumstahl, Phosphorstahl, Arsenstahl, Aluminiumstahl und Kupfer-
stahl.
Siliciumstahl stellt man kaum absichtlich dar, weil im all-
gemeinen ein Siliciumgehalt die Schmiedbarkeit, Schweiſsbarkeit und
Zähigkeit beeinträchtigt. Man setzt aber bei Fluſsstahl oft Silicium-
eisen zu, um blasenfreien Guſs zu erhalten. Die üblen Eigenschaften
eines Überschusses von Silicium werden durch einen Manganzusatz
gemildert. Gruner fand 1874, daſs Silicium die Eigenschaft besitze,
Stahlsorten mit sehr geringem Kohlenstoffgehalt Härtungsfähigkeit zu
verleihen. Silicium wirkt eben selbst wie Kohlenstoff und verdrängt
diesen bei gröſserem Zusatz teilweise.
Ähnlich verhält es sich mit dem Phosphorstahl. Im allgemeinen
ist der Phosphor eine schädliche Verunreinigung des Stahls. Hat
man aber ein Material, welches fast frei von Kohlenstoff ist, so ver-
leiht ein geringer Zusatz von Phosphor demselben Eigenschaften des
Stahls, namentlich erhöht er seine Härte. Aus diesem Grunde er-
zeugte zuerst T. J. Slade in den Vereinigten Staaten, dann Terrenoire
in Frankreich nach der Erfindung von Tessié du Motay Phosphor-
Fluſsstahl für Eisenbahnschienen. Der Phosphorstahl von Terrenoire
enthielt 0,035 Prozent Phosphor neben 0,15 Prozent Kohlenstoff. Ein
Phosphorgehalt schadet um so weniger, je mehr der Kohlenstoffgehalt
abnimmt. Nach Holley wird Fluſsstahl erst bei einem Phosphor-
gehalt von 0,15 Prozent brüchig, wenn derselbe nur 0,30 Prozent
Kohlenstoff enthält, dagegen schon bei 0,05 Prozent Phosphor, wenn
der Kohlenstoffgehalt 0,75 Prozent beträgt. Überhaupt ist nach einem
Vortrage Holleys, den er 1878 in New York hielt, der phosphor-
haltige Stahl nur gut bei ruhender Belastung, dagegen schlecht gegen
Stoſs. Er verlangt ein sehr sorgfältiges Verwalzen, weil er sonst
kantenrissig wird.
Auch einen geringen Arsengehalt kann reiner Stahl ohne Nach-
teil ertragen. F. W. Harbort und A. E. Tucker hatten 1888 die
Mitteilung veröffentlicht, daſs ein höherer Prozentgehalt von Arsen
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 750. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/766>, abgerufen am 22.11.2024.
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