eisen (acier doux) als Ersatz für Schweisseisen zu liefern, doch gelang dessen Einführung nicht ohne heftigen Kampf. Das Material wurde strengen Qualitätsproben unterworfen, sowohl kalt wie warm. 1873 wurden für die Panzerschiffe "Redoutable", "Terrible" und "Tempete" bereits 600 Tonnen Flussstahlbleche und 12000 Tonnen gewöhnliches Flusseisen verwendet. In Frankreich wurde anerkannt, dass Flusseisen für Schiffsrümpfe billiger, weil leichter, sei und bessere Bedingungen im Falle des Strandens oder Zusammenstossens böte.
Ausgedehnte Verwendung fand dann in den achtziger Jahren das durch das basische Verfahren erzeugte Flusseisen für den Schiffs- bau; doch waren auch hierbei mancherlei Schwierigkeiten und Vor- urteile zu überwinden. 1883 hatte die grosse englische Schiffsgesell- schaft Lloyd basischen Stahl für zulässig erklärt. Das zuerst ver- wendete Material war aber zu hart, infolgedessen mehrfach Be- schädigungen vorkamen, weshalb der Lloyd am 17. Dezember 1885 die Verwendung des basischen Flussstahls wieder verbot. Percy C. Gilchrist bemühte sich 1886 vergeblich bei der Admiralität, die Wiederzulassung des Thomasstahls zu bewirken. Erst der Glasgow- Iron-Company gelang es 1887, einwandfreies Material zu liefern und dessen Vorzüge nachzuweisen. Vor dem sauren Flussstahl hatte es den Vorteil besserer Schweissbarkeit voraus, auch war ihm die Blau- hitze weniger gefährlich; es eignete sich sehr gut für L- und T-Eisen. Damals war 40,94 kg pro Quadratmillimeter Bruchfestigkeit bei einer Minimaldehnung von 20 Prozent auf 100 mm als Qualitätsbedingung vorgeschrieben.
Nach Adamson sollte weicher Stahl so wenig wie möglich fremde Stoffe enthalten und die Summe derselben 0,75 Prozent nicht über- steigen. Allgemein nahm man an, dass Schwefel, Phosphor und Silicium zusammen nur 0,1 Prozent ausmachen dürfen, wobei der Schwefelgehalt unter 0,02 bleiben muss; Mangan galt bis zu 0,5 Proz. als zulässig.
1884 verwendete man in England bei dem Lokomotivbau bereits kein Schweisseisen mehr, sondern nur Bessemer- und Siemens-Fluss- eisen. Beim Dampfkesselbau war Bessemerstahl bereits in den sech- ziger Jahren verwendet worden (s. S. 218), aber erst in den siebziger Jahren begann diese Verwendung eine allgemeinere zu werden. Nach der Erfindung des Thomasprozesses und der Einführung des basischen Herdprozesses verdrängte das weiche Flusseisenblech das Schweiss- eisenblech nach und nach völlig.
Auf die Herstellung nahtloser Stahlbehälter aus Flussstahl, die
Die Verwendung des Eisens.
eisen (acier doux) als Ersatz für Schweiſseisen zu liefern, doch gelang dessen Einführung nicht ohne heftigen Kampf. Das Material wurde strengen Qualitätsproben unterworfen, sowohl kalt wie warm. 1873 wurden für die Panzerschiffe „Redoutable“, „Terrible“ und „Tempête“ bereits 600 Tonnen Fluſsstahlbleche und 12000 Tonnen gewöhnliches Fluſseisen verwendet. In Frankreich wurde anerkannt, daſs Fluſseisen für Schiffsrümpfe billiger, weil leichter, sei und bessere Bedingungen im Falle des Strandens oder Zusammenstoſsens böte.
Ausgedehnte Verwendung fand dann in den achtziger Jahren das durch das basische Verfahren erzeugte Fluſseisen für den Schiffs- bau; doch waren auch hierbei mancherlei Schwierigkeiten und Vor- urteile zu überwinden. 1883 hatte die groſse englische Schiffsgesell- schaft Lloyd basischen Stahl für zulässig erklärt. Das zuerst ver- wendete Material war aber zu hart, infolgedessen mehrfach Be- schädigungen vorkamen, weshalb der Lloyd am 17. Dezember 1885 die Verwendung des basischen Fluſsstahls wieder verbot. Percy C. Gilchrist bemühte sich 1886 vergeblich bei der Admiralität, die Wiederzulassung des Thomasstahls zu bewirken. Erst der Glasgow- Iron-Company gelang es 1887, einwandfreies Material zu liefern und dessen Vorzüge nachzuweisen. Vor dem sauren Fluſsstahl hatte es den Vorteil besserer Schweiſsbarkeit voraus, auch war ihm die Blau- hitze weniger gefährlich; es eignete sich sehr gut für L- und T-Eisen. Damals war 40,94 kg pro Quadratmillimeter Bruchfestigkeit bei einer Minimaldehnung von 20 Prozent auf 100 mm als Qualitätsbedingung vorgeschrieben.
Nach Adamson sollte weicher Stahl so wenig wie möglich fremde Stoffe enthalten und die Summe derselben 0,75 Prozent nicht über- steigen. Allgemein nahm man an, daſs Schwefel, Phosphor und Silicium zusammen nur 0,1 Prozent ausmachen dürfen, wobei der Schwefelgehalt unter 0,02 bleiben muſs; Mangan galt bis zu 0,5 Proz. als zulässig.
1884 verwendete man in England bei dem Lokomotivbau bereits kein Schweiſseisen mehr, sondern nur Bessemer- und Siemens-Fluſs- eisen. Beim Dampfkesselbau war Bessemerstahl bereits in den sech- ziger Jahren verwendet worden (s. S. 218), aber erst in den siebziger Jahren begann diese Verwendung eine allgemeinere zu werden. Nach der Erfindung des Thomasprozesses und der Einführung des basischen Herdprozesses verdrängte das weiche Fluſseisenblech das Schweiſs- eisenblech nach und nach völlig.
Auf die Herstellung nahtloser Stahlbehälter aus Fluſsstahl, die
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Die Verwendung des Eisens.
eisen (acier doux) als Ersatz für Schweiſseisen zu liefern, doch gelang
dessen Einführung nicht ohne heftigen Kampf. Das Material wurde
strengen Qualitätsproben unterworfen, sowohl kalt wie warm. 1873
wurden für die Panzerschiffe „Redoutable“, „Terrible“ und „Tempête“
bereits 600 Tonnen Fluſsstahlbleche und 12000 Tonnen gewöhnliches
Fluſseisen verwendet. In Frankreich wurde anerkannt, daſs Fluſseisen
für Schiffsrümpfe billiger, weil leichter, sei und bessere Bedingungen
im Falle des Strandens oder Zusammenstoſsens böte.
Ausgedehnte Verwendung fand dann in den achtziger Jahren
das durch das basische Verfahren erzeugte Fluſseisen für den Schiffs-
bau; doch waren auch hierbei mancherlei Schwierigkeiten und Vor-
urteile zu überwinden. 1883 hatte die groſse englische Schiffsgesell-
schaft Lloyd basischen Stahl für zulässig erklärt. Das zuerst ver-
wendete Material war aber zu hart, infolgedessen mehrfach Be-
schädigungen vorkamen, weshalb der Lloyd am 17. Dezember 1885
die Verwendung des basischen Fluſsstahls wieder verbot. Percy
C. Gilchrist bemühte sich 1886 vergeblich bei der Admiralität, die
Wiederzulassung des Thomasstahls zu bewirken. Erst der Glasgow-
Iron-Company gelang es 1887, einwandfreies Material zu liefern und
dessen Vorzüge nachzuweisen. Vor dem sauren Fluſsstahl hatte es
den Vorteil besserer Schweiſsbarkeit voraus, auch war ihm die Blau-
hitze weniger gefährlich; es eignete sich sehr gut für L- und T-Eisen.
Damals war 40,94 kg pro Quadratmillimeter Bruchfestigkeit bei einer
Minimaldehnung von 20 Prozent auf 100 mm als Qualitätsbedingung
vorgeschrieben.
Nach Adamson sollte weicher Stahl so wenig wie möglich fremde
Stoffe enthalten und die Summe derselben 0,75 Prozent nicht über-
steigen. Allgemein nahm man an, daſs Schwefel, Phosphor und
Silicium zusammen nur 0,1 Prozent ausmachen dürfen, wobei der
Schwefelgehalt unter 0,02 bleiben muſs; Mangan galt bis zu 0,5 Proz.
als zulässig.
1884 verwendete man in England bei dem Lokomotivbau bereits
kein Schweiſseisen mehr, sondern nur Bessemer- und Siemens-Fluſs-
eisen. Beim Dampfkesselbau war Bessemerstahl bereits in den sech-
ziger Jahren verwendet worden (s. S. 218), aber erst in den siebziger
Jahren begann diese Verwendung eine allgemeinere zu werden. Nach
der Erfindung des Thomasprozesses und der Einführung des basischen
Herdprozesses verdrängte das weiche Fluſseisenblech das Schweiſs-
eisenblech nach und nach völlig.
Auf die Herstellung nahtloser Stahlbehälter aus Fluſsstahl, die
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 754. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/770>, abgerufen am 22.11.2024.
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