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Becker, Bernhard: Wie Arbeiterwohnungen gut und gesund einzurichten und zu erhalten seien. Basel, 1860.

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die Mauer hinauf weiter geführt wird, so ist das besser, als
wenn die Oeffnung nur ein Loch durch die dünne Glasscheibe
ist. Ebenso wenn die Oeffnung unten auf der Thürwand des
Zimmers durch die Mauer geführt ist und nicht schon auf dem
Hausgang mündet, sondern weiter ins Freie hinaus geht, es
ist besser, als wenn die Oeffnung nur ein Loch in der Thüre
ist. Ein Drittes, das zu beobachten ist. Diese beiden, oder
wenn mehrere sind, diese mehrern Oeffnungen müssen nicht alle
oben oder alle unten im Zimmer sein. Sie sollen in entgegen-
gesetzter Lage sich befinden, daß der Luftstrom schräg, durch die
Mitte, durch den eigentlichen Luftkörper hindurchgeht. Man
fehlt in dieser Beziehung vielfach, z. B. in Kellern. Man meint,
es sei gut genug, wenn oben auf beiden Seiten Oeffnungen
seien. Das giebt aber noch keine gute Luftbewegung. Die Luft
ist ungefähr was das Wasser. Wenn in einem großen vier-
eckigen Wasserbehälter, der so groß ist wie ein Zimmer, oben
an einer Seite ein Wässerlein, ein paar Brunnenröhren stark,
hineingeleitet wird und auf der entgegengesetzten Seite fließt
oben wieder so viel ab, so entsteht im Wasser nur eine ober-
flächliche Bewegung und Erneuerung. Die ganze Masse des
Wassers bleibt ziemlich dieselbe, was sie war, unerneuert. Man
sagt, der Rhein im Bodensee mache es so; er fahre durch den
See durch und kümmere sich nicht viel um den See, der ihm
da in die Quere gekommen. Soll eine rechte Lufterneuerung
zu Stande kommen, so muß die einströmende Luft unten in's
Zimmer eintreten, wenn die abgehende nach oben entweicht, oder
umgekehrt. Natürlich, für größere Zimmer erfordert es größere
und zahlreichere Oeffnungen. Unsere Zimmer sollten wir nicht
unnöthigerweise durch Möbel verengen, nicht an allen Wänden
und Ecken Vorsprünge, Schnitzwerk u. drgl. haben, um unsere
Betten nicht schwere seidene Vorhänge haben, daß der arme
Mann drin das Alpdrücken bekommt, weil er fast nicht schnaufen
kann. Wir sollten uns immer vorstellen, die Luft sei ein
Wasser, und das dürfe man nicht sich aufstauen lassen; dem
müsse freier Durchgang verschafft werden, daß es beständig
fortfluthen und immer frisch zu uns armen Fischen herzuströmen
könne.

die Mauer hinauf weiter geführt wird, ſo iſt das beſſer, als
wenn die Oeffnung nur ein Loch durch die dünne Glasſcheibe
iſt. Ebenſo wenn die Oeffnung unten auf der Thürwand des
Zimmers durch die Mauer geführt iſt und nicht ſchon auf dem
Hausgang mündet, ſondern weiter ins Freie hinaus geht, es
iſt beſſer, als wenn die Oeffnung nur ein Loch in der Thüre
iſt. Ein Drittes, das zu beobachten iſt. Dieſe beiden, oder
wenn mehrere ſind, dieſe mehrern Oeffnungen müſſen nicht alle
oben oder alle unten im Zimmer ſein. Sie ſollen in entgegen-
geſetzter Lage ſich befinden, daß der Luftſtrom ſchräg, durch die
Mitte, durch den eigentlichen Luftkörper hindurchgeht. Man
fehlt in dieſer Beziehung vielfach, z. B. in Kellern. Man meint,
es ſei gut genug, wenn oben auf beiden Seiten Oeffnungen
ſeien. Das giebt aber noch keine gute Luftbewegung. Die Luft
iſt ungefähr was das Waſſer. Wenn in einem großen vier-
eckigen Waſſerbehälter, der ſo groß iſt wie ein Zimmer, oben
an einer Seite ein Wäſſerlein, ein paar Brunnenröhren ſtark,
hineingeleitet wird und auf der entgegengeſetzten Seite fließt
oben wieder ſo viel ab, ſo entſteht im Waſſer nur eine ober-
flächliche Bewegung und Erneuerung. Die ganze Maſſe des
Waſſers bleibt ziemlich dieſelbe, was ſie war, unerneuert. Man
ſagt, der Rhein im Bodenſee mache es ſo; er fahre durch den
See durch und kümmere ſich nicht viel um den See, der ihm
da in die Quere gekommen. Soll eine rechte Lufterneuerung
zu Stande kommen, ſo muß die einſtrömende Luft unten in's
Zimmer eintreten, wenn die abgehende nach oben entweicht, oder
umgekehrt. Natürlich, für größere Zimmer erfordert es größere
und zahlreichere Oeffnungen. Unſere Zimmer ſollten wir nicht
unnöthigerweiſe durch Möbel verengen, nicht an allen Wänden
und Ecken Vorſprünge, Schnitzwerk u. drgl. haben, um unſere
Betten nicht ſchwere ſeidene Vorhänge haben, daß der arme
Mann drin das Alpdrücken bekommt, weil er faſt nicht ſchnaufen
kann. Wir ſollten uns immer vorſtellen, die Luft ſei ein
Waſſer, und das dürfe man nicht ſich aufſtauen laſſen; dem
müſſe freier Durchgang verſchafft werden, daß es beſtändig
fortfluthen und immer friſch zu uns armen Fiſchen herzuſtrömen
könne.

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[53/0053] die Mauer hinauf weiter geführt wird, ſo iſt das beſſer, als wenn die Oeffnung nur ein Loch durch die dünne Glasſcheibe iſt. Ebenſo wenn die Oeffnung unten auf der Thürwand des Zimmers durch die Mauer geführt iſt und nicht ſchon auf dem Hausgang mündet, ſondern weiter ins Freie hinaus geht, es iſt beſſer, als wenn die Oeffnung nur ein Loch in der Thüre iſt. Ein Drittes, das zu beobachten iſt. Dieſe beiden, oder wenn mehrere ſind, dieſe mehrern Oeffnungen müſſen nicht alle oben oder alle unten im Zimmer ſein. Sie ſollen in entgegen- geſetzter Lage ſich befinden, daß der Luftſtrom ſchräg, durch die Mitte, durch den eigentlichen Luftkörper hindurchgeht. Man fehlt in dieſer Beziehung vielfach, z. B. in Kellern. Man meint, es ſei gut genug, wenn oben auf beiden Seiten Oeffnungen ſeien. Das giebt aber noch keine gute Luftbewegung. Die Luft iſt ungefähr was das Waſſer. Wenn in einem großen vier- eckigen Waſſerbehälter, der ſo groß iſt wie ein Zimmer, oben an einer Seite ein Wäſſerlein, ein paar Brunnenröhren ſtark, hineingeleitet wird und auf der entgegengeſetzten Seite fließt oben wieder ſo viel ab, ſo entſteht im Waſſer nur eine ober- flächliche Bewegung und Erneuerung. Die ganze Maſſe des Waſſers bleibt ziemlich dieſelbe, was ſie war, unerneuert. Man ſagt, der Rhein im Bodenſee mache es ſo; er fahre durch den See durch und kümmere ſich nicht viel um den See, der ihm da in die Quere gekommen. Soll eine rechte Lufterneuerung zu Stande kommen, ſo muß die einſtrömende Luft unten in's Zimmer eintreten, wenn die abgehende nach oben entweicht, oder umgekehrt. Natürlich, für größere Zimmer erfordert es größere und zahlreichere Oeffnungen. Unſere Zimmer ſollten wir nicht unnöthigerweiſe durch Möbel verengen, nicht an allen Wänden und Ecken Vorſprünge, Schnitzwerk u. drgl. haben, um unſere Betten nicht ſchwere ſeidene Vorhänge haben, daß der arme Mann drin das Alpdrücken bekommt, weil er faſt nicht ſchnaufen kann. Wir ſollten uns immer vorſtellen, die Luft ſei ein Waſſer, und das dürfe man nicht ſich aufſtauen laſſen; dem müſſe freier Durchgang verſchafft werden, daß es beſtändig fortfluthen und immer friſch zu uns armen Fiſchen herzuſtrömen könne.

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Zitationshilfe: Becker, Bernhard: Wie Arbeiterwohnungen gut und gesund einzurichten und zu erhalten seien. Basel, 1860, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/becker_arbeiter_1860/53>, abgerufen am 22.11.2024.