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Becker, Bernhard: Wie Arbeiterwohnungen gut und gesund einzurichten und zu erhalten seien. Basel, 1860.

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Wände faulen, der Boden sinkt ein, das Dach rinnt. Man
stellt etwa einen Kübel unter, stößt ein Brett hinein, stützt
liederlich eine sinkende Wand. Aber an eine durchgreifende
ernste nachhaltige Verbesserung denkt man nicht. Man geht in
einer solchen Wohnung unter. Umgekehrt sind Ordnung und
Reinlichkeit der Anfang zum Bessern. Wenn wir anfangen
aufzuräumen, so werden wir uns auch an die Wohnung, an
das Häuschen selber machen. Wir lassen die zerbrochenen Schei-
ben wieder herstellen; den eingesunkenen Boden nehmen wir
wieder in's Blei; das Dach wird regelmäßig ausgebessert; die
Schlösser an Thüren und Kasten fest oder neu gemacht. Wir
nehmen das ganze Häuschen in Angriff. Wir haben können
durch den Schmutz und die Unordnung, in die wir uns er-
geben hatten, durchdringen; es taget.



VI.

Hier könnten wir nun schließen. Die Sonne scheint in
unser Häuschen; es steht auf grünem oder sauberm Grunde;
ein paar Blumentöpfe sind vor den Fenstern. Gottes reine
Luft weht durch unsere Zimmer. Alles ist rein; die Scheiben
hell wie Wasser, Umhänge dran weiß wie Schnee; Tische und
Stühle sauber in dem weißen Holze, daß man es mit der Hand
greifen kann, daß das gesund sein müsse. So kommt auch
wieder Freude und Lebensmuth. Man wird sparsamer, haus-
hälterischer; bleibt lieber bei Hause; man denkt an Pflege des
geistigen Lebens; geht wieder lieber zur Kirche und an die
Gemeindeversammlung; schickt seine Kinder zur Schule; hat
Freude, wenn sie etwas lernen; lernt selber mit ihnen; in einer
armen dunkeln Wohnung mag man kein Büchlein in die Hand
nehmen. Ja so ist es. Die Wohnung, eine gesunde freundliche
Wohnung arbeitet dem sittlichen, häuslichen, vaterländischen
Leben mächtig vor. Aber Sittlichkeit schon ist die Gesundheit
noch nicht. Zum Sonnenlicht, zur reinen Luft, zu den hellen
Fenstern müssen wir noch etwas hinzunehmen. Bei diesem reinen
Sonnenlicht und dieser schönen Luft müssen wir noch sprechen

Wände faulen, der Boden ſinkt ein, das Dach rinnt. Man
ſtellt etwa einen Kübel unter, ſtößt ein Brett hinein, ſtützt
liederlich eine ſinkende Wand. Aber an eine durchgreifende
ernſte nachhaltige Verbeſſerung denkt man nicht. Man geht in
einer ſolchen Wohnung unter. Umgekehrt ſind Ordnung und
Reinlichkeit der Anfang zum Beſſern. Wenn wir anfangen
aufzuräumen, ſo werden wir uns auch an die Wohnung, an
das Häuschen ſelber machen. Wir laſſen die zerbrochenen Schei-
ben wieder herſtellen; den eingeſunkenen Boden nehmen wir
wieder in's Blei; das Dach wird regelmäßig ausgebeſſert; die
Schlöſſer an Thüren und Kaſten feſt oder neu gemacht. Wir
nehmen das ganze Häuschen in Angriff. Wir haben können
durch den Schmutz und die Unordnung, in die wir uns er-
geben hatten, durchdringen; es taget.



VI.

Hier könnten wir nun ſchließen. Die Sonne ſcheint in
unſer Häuschen; es ſteht auf grünem oder ſauberm Grunde;
ein paar Blumentöpfe ſind vor den Fenſtern. Gottes reine
Luft weht durch unſere Zimmer. Alles iſt rein; die Scheiben
hell wie Waſſer, Umhänge dran weiß wie Schnee; Tiſche und
Stühle ſauber in dem weißen Holze, daß man es mit der Hand
greifen kann, daß das geſund ſein müſſe. So kommt auch
wieder Freude und Lebensmuth. Man wird ſparſamer, haus-
hälteriſcher; bleibt lieber bei Hauſe; man denkt an Pflege des
geiſtigen Lebens; geht wieder lieber zur Kirche und an die
Gemeindeverſammlung; ſchickt ſeine Kinder zur Schule; hat
Freude, wenn ſie etwas lernen; lernt ſelber mit ihnen; in einer
armen dunkeln Wohnung mag man kein Büchlein in die Hand
nehmen. Ja ſo iſt es. Die Wohnung, eine geſunde freundliche
Wohnung arbeitet dem ſittlichen, häuslichen, vaterländiſchen
Leben mächtig vor. Aber Sittlichkeit ſchon iſt die Geſundheit
noch nicht. Zum Sonnenlicht, zur reinen Luft, zu den hellen
Fenſtern müſſen wir noch etwas hinzunehmen. Bei dieſem reinen
Sonnenlicht und dieſer ſchönen Luft müſſen wir noch ſprechen

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[63/0063] Wände faulen, der Boden ſinkt ein, das Dach rinnt. Man ſtellt etwa einen Kübel unter, ſtößt ein Brett hinein, ſtützt liederlich eine ſinkende Wand. Aber an eine durchgreifende ernſte nachhaltige Verbeſſerung denkt man nicht. Man geht in einer ſolchen Wohnung unter. Umgekehrt ſind Ordnung und Reinlichkeit der Anfang zum Beſſern. Wenn wir anfangen aufzuräumen, ſo werden wir uns auch an die Wohnung, an das Häuschen ſelber machen. Wir laſſen die zerbrochenen Schei- ben wieder herſtellen; den eingeſunkenen Boden nehmen wir wieder in's Blei; das Dach wird regelmäßig ausgebeſſert; die Schlöſſer an Thüren und Kaſten feſt oder neu gemacht. Wir nehmen das ganze Häuschen in Angriff. Wir haben können durch den Schmutz und die Unordnung, in die wir uns er- geben hatten, durchdringen; es taget. VI. Hier könnten wir nun ſchließen. Die Sonne ſcheint in unſer Häuschen; es ſteht auf grünem oder ſauberm Grunde; ein paar Blumentöpfe ſind vor den Fenſtern. Gottes reine Luft weht durch unſere Zimmer. Alles iſt rein; die Scheiben hell wie Waſſer, Umhänge dran weiß wie Schnee; Tiſche und Stühle ſauber in dem weißen Holze, daß man es mit der Hand greifen kann, daß das geſund ſein müſſe. So kommt auch wieder Freude und Lebensmuth. Man wird ſparſamer, haus- hälteriſcher; bleibt lieber bei Hauſe; man denkt an Pflege des geiſtigen Lebens; geht wieder lieber zur Kirche und an die Gemeindeverſammlung; ſchickt ſeine Kinder zur Schule; hat Freude, wenn ſie etwas lernen; lernt ſelber mit ihnen; in einer armen dunkeln Wohnung mag man kein Büchlein in die Hand nehmen. Ja ſo iſt es. Die Wohnung, eine geſunde freundliche Wohnung arbeitet dem ſittlichen, häuslichen, vaterländiſchen Leben mächtig vor. Aber Sittlichkeit ſchon iſt die Geſundheit noch nicht. Zum Sonnenlicht, zur reinen Luft, zu den hellen Fenſtern müſſen wir noch etwas hinzunehmen. Bei dieſem reinen Sonnenlicht und dieſer ſchönen Luft müſſen wir noch ſprechen

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Zitationshilfe: Becker, Bernhard: Wie Arbeiterwohnungen gut und gesund einzurichten und zu erhalten seien. Basel, 1860, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/becker_arbeiter_1860/63>, abgerufen am 23.11.2024.