Beckmann, Johann: Anleitung zur Technologie. Göttingen, 1777.Achtzehnter Abschnitt. zu Faenza gemacht sey; ungeachtet der Namenallerdings daher entstanden ist, weil man da- selbst, im Anfange des sechszehnten Jahrhun- derts, vorzüglich gute Töpferwaaren dieser Art, so wie auch zu Pesaro, Gubbio, Urbi- no und in andern Städten Jtaliens verfertig- te, die weit verfahren wurden. Sie hatten ihren Ruhm vornehmlich der großen Geschick- lichkeit zu danken, womit Raphael, Julius von Rom, Titian und andere geschickte Künst- ler sie bemalten; wiewohl andere behaupten, die Malerey sey nur nach den von Raphael gezeichneten Kupferstichen des Bolognesischen Kupferstechers Marc Antonio oder Raymon- di gemacht worden. Zu Salzdalum bey Wol- fenbüttel werden noch gegen tausend Stück dieser Arbeit verwahrt, unter denen die älte- sten die Jahrzahl 1537, die neuesten 1576 ha- ben. Jetzt ist diese Kunst in Faenza dergestalt erloschen, daß nur einige gemeine Töpfer übrig geblieben sind. 3. Aelter als Fajance ist die Benennung Majoli- ca, welche einige von Majorca oder Mallor- ca, einer der Balearischen Jnseln, andere aber von dem Namen des Erfinders herleiten wollen. Keine dieser Meynungen ist, soviel ich weis, erwiesen, oder nur wahrscheinlich gemacht. Falsch ist es auch, wenn einige die Majolica für eine Europäische Nachahmung des Chinesischen Porzellans ausgeben wollen. Jene hatte man lange vorher, ehr man letz- teres kennen lernte; zudem verdient weder Majolica noch Fajance den Namen des unäch- ten Porzellans, den ihr Unkundige geben; höchstens kan er nur durch einige Aehnlichkeit der Bemalung gerechtfertigt werden. Weit näher
Achtzehnter Abſchnitt. zu Faenza gemacht ſey; ungeachtet der Namenallerdings daher entſtanden iſt, weil man da- ſelbſt, im Anfange des ſechszehnten Jahrhun- derts, vorzuͤglich gute Toͤpferwaaren dieſer Art, ſo wie auch zu Peſaro, Gubbio, Urbi- no und in andern Staͤdten Jtaliens verfertig- te, die weit verfahren wurden. Sie hatten ihren Ruhm vornehmlich der großen Geſchick- lichkeit zu danken, womit Raphael, Julius von Rom, Titian und andere geſchickte Kuͤnſt- ler ſie bemalten; wiewohl andere behaupten, die Malerey ſey nur nach den von Raphael gezeichneten Kupferſtichen des Bologneſiſchen Kupferſtechers Marc Antonio oder Raymon- di gemacht worden. Zu Salzdalum bey Wol- fenbuͤttel werden noch gegen tauſend Stuͤck dieſer Arbeit verwahrt, unter denen die aͤlte- ſten die Jahrzahl 1537, die neueſten 1576 ha- ben. Jetzt iſt dieſe Kunſt in Faenza dergeſtalt erloſchen, daß nur einige gemeine Toͤpfer uͤbrig geblieben ſind. 3. Aelter als Fajance iſt die Benennung Majoli- ca, welche einige von Majorca oder Mallor- ca, einer der Baleariſchen Jnſeln, andere aber von dem Namen des Erfinders herleiten wollen. Keine dieſer Meynungen iſt, ſoviel ich weis, erwieſen, oder nur wahrſcheinlich gemacht. Falſch iſt es auch, wenn einige die Majolica fuͤr eine Europaͤiſche Nachahmung des Chineſiſchen Porzellans ausgeben wollen. Jene hatte man lange vorher, ehr man letz- teres kennen lernte; zudem verdient weder Majolica noch Fajance den Namen des unaͤch- ten Porzellans, den ihr Unkundige geben; hoͤchſtens kan er nur durch einige Aehnlichkeit der Bemalung gerechtfertigt werden. Weit naͤher
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Achtzehnter Abſchnitt.
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ſelbſt, im Anfange des ſechszehnten Jahrhun-
derts, vorzuͤglich gute Toͤpferwaaren dieſer
Art, ſo wie auch zu Peſaro, Gubbio, Urbi-
no und in andern Staͤdten Jtaliens verfertig-
te, die weit verfahren wurden. Sie hatten
ihren Ruhm vornehmlich der großen Geſchick-
lichkeit zu danken, womit Raphael, Julius
von Rom, Titian und andere geſchickte Kuͤnſt-
ler ſie bemalten; wiewohl andere behaupten,
die Malerey ſey nur nach den von Raphael
gezeichneten Kupferſtichen des Bologneſiſchen
Kupferſtechers Marc Antonio oder Raymon-
di gemacht worden. Zu Salzdalum bey Wol-
fenbuͤttel werden noch gegen tauſend Stuͤck
dieſer Arbeit verwahrt, unter denen die aͤlte-
ſten die Jahrzahl 1537, die neueſten 1576 ha-
ben. Jetzt iſt dieſe Kunſt in Faenza dergeſtalt
erloſchen, daß nur einige gemeine Toͤpfer
uͤbrig geblieben ſind.
3. Aelter als Fajance iſt die Benennung Majoli-
ca, welche einige von Majorca oder Mallor-
ca, einer der Baleariſchen Jnſeln, andere
aber von dem Namen des Erfinders herleiten
wollen. Keine dieſer Meynungen iſt, ſoviel
ich weis, erwieſen, oder nur wahrſcheinlich
gemacht. Falſch iſt es auch, wenn einige die
Majolica fuͤr eine Europaͤiſche Nachahmung
des Chineſiſchen Porzellans ausgeben wollen.
Jene hatte man lange vorher, ehr man letz-
teres kennen lernte; zudem verdient weder
Majolica noch Fajance den Namen des unaͤch-
ten Porzellans, den ihr Unkundige geben;
hoͤchſtens kan er nur durch einige Aehnlichkeit
der Bemalung gerechtfertigt werden. Weit
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