Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Beer, Johann]: Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. [s. l.], 1680.

Bild:
<< vorherige Seite

Kurzweiliger
non est animal. Gestrenge Frau/
sagte er darauf: Dieses Schloß will ich
innerhalb vier Wochen so fortifici-
ren/ daß die Bauern/ so solches an-
sehen/ vor Schrecken sterben solten.
Nein/ sagte die Edelfrau/ damit ist
mir wenig gedienet/ dann wann die
Bauern darvon sterben solten/ bräch-
te mir kein Mensch die Steuer. Die
Philosophie/ sagte er darauf/ ist ein
Principium ultimum, dahero saget
Ovidius: Vade liber, sed incultus.
Wann ich hier könte Praeceptor wer-
den/ wolte ich meine meiste Zeit mit
Vogel-fangen zubringen/ dann ich
glaube nicht/ daß mirs einer in dem
Spring-Häusel-machen bevor thun
solte. Mein Vater war Thor-Wär-
ter zu Sanct Vischbach im Nürnber-
ger Wald/ dort hab ich den gan-
zen Herbst mit Meisen-fangen zuge-
bracht/ darnach heyrathete meine
Schwester einen Stein-Metzen/ a-
ber ich hatte keine neue Schue/ deß-
wegen konte ich nicht zur Hochzeit ge-
hen. Gleich einen Tag nach der Hoch-
zeit fischte ich einen Bach/ mit einem

langen

Kurzweiliger
non eſt animal. Geſtrenge Frau/
ſagte er darauf: Dieſes Schloß will ich
innerhalb vier Wochen ſo fortifici-
ren/ daß die Bauern/ ſo ſolches an-
ſehen/ vor Schrecken ſterben ſolten.
Nein/ ſagte die Edelfrau/ damit iſt
mir wenig gedienet/ dann wann die
Bauern darvon ſterben ſolten/ braͤch-
te mir kein Menſch die Steuer. Die
Philoſophie/ ſagte er darauf/ iſt ein
Principium ultimum, dahero ſaget
Ovidius: Vade liber, ſed incultus.
Wann ich hier koͤnte Præceptor wer-
den/ wolte ich meine meiſte Zeit mit
Vogel-fangen zubringen/ dann ich
glaube nicht/ daß mirs einer in dem
Spring-Haͤuſel-machen bevor thun
ſolte. Mein Vater war Thor-Waͤr-
ter zu Sanct Viſchbach im Nuͤrnber-
ger Wald/ dort hab ich den gan-
zen Herbſt mit Meiſen-fangen zuge-
bracht/ darnach heyrathete meine
Schweſter einen Stein-Metzen/ a-
ber ich hatte keine neue Schue/ deß-
wegen konte ich nicht zur Hochzeit ge-
hen. Gleich einen Tag nach der Hoch-
zeit fiſchte ich einen Bach/ mit einem

langen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0106" n="98"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Kurzweiliger</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">non e&#x017F;t animal.</hi> Ge&#x017F;trenge Frau/<lb/>
&#x017F;agte er darauf: Die&#x017F;es Schloß will ich<lb/>
innerhalb vier Wochen &#x017F;o <hi rendition="#aq">fortific</hi>i-<lb/>
ren/ daß die Bauern/ &#x017F;o &#x017F;olches an-<lb/>
&#x017F;ehen/ vor Schrecken &#x017F;terben &#x017F;olten.<lb/>
Nein/ &#x017F;agte die Edelfrau/ damit i&#x017F;t<lb/>
mir wenig gedienet/ dann wann die<lb/>
Bauern darvon &#x017F;terben &#x017F;olten/ bra&#x0364;ch-<lb/>
te mir kein Men&#x017F;ch die Steuer. Die<lb/><hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophi</hi>e/ &#x017F;agte er darauf/ i&#x017F;t ein<lb/><hi rendition="#aq">Principium ultimum,</hi> dahero &#x017F;aget<lb/><hi rendition="#aq">Ovidius: Vade liber, &#x017F;ed incultus.</hi><lb/>
Wann ich hier ko&#x0364;nte <hi rendition="#aq">Præceptor</hi> wer-<lb/>
den/ wolte ich meine mei&#x017F;te Zeit mit<lb/>
Vogel-fangen zubringen/ dann ich<lb/>
glaube nicht/ daß mirs einer in dem<lb/>
Spring-Ha&#x0364;u&#x017F;el-machen bevor thun<lb/>
&#x017F;olte. Mein Vater war Thor-Wa&#x0364;r-<lb/>
ter zu Sanct Vi&#x017F;chbach im Nu&#x0364;rnber-<lb/>
ger Wald/ dort hab ich den gan-<lb/>
zen Herb&#x017F;t mit Mei&#x017F;en-fangen zuge-<lb/>
bracht/ darnach heyrathete meine<lb/>
Schwe&#x017F;ter einen Stein-Metzen/ a-<lb/>
ber ich hatte keine neue Schue/ deß-<lb/>
wegen konte ich nicht zur Hochzeit ge-<lb/>
hen. Gleich einen Tag nach der Hoch-<lb/>
zeit fi&#x017F;chte ich einen Bach/ mit einem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">langen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[98/0106] Kurzweiliger non eſt animal. Geſtrenge Frau/ ſagte er darauf: Dieſes Schloß will ich innerhalb vier Wochen ſo fortifici- ren/ daß die Bauern/ ſo ſolches an- ſehen/ vor Schrecken ſterben ſolten. Nein/ ſagte die Edelfrau/ damit iſt mir wenig gedienet/ dann wann die Bauern darvon ſterben ſolten/ braͤch- te mir kein Menſch die Steuer. Die Philoſophie/ ſagte er darauf/ iſt ein Principium ultimum, dahero ſaget Ovidius: Vade liber, ſed incultus. Wann ich hier koͤnte Præceptor wer- den/ wolte ich meine meiſte Zeit mit Vogel-fangen zubringen/ dann ich glaube nicht/ daß mirs einer in dem Spring-Haͤuſel-machen bevor thun ſolte. Mein Vater war Thor-Waͤr- ter zu Sanct Viſchbach im Nuͤrnber- ger Wald/ dort hab ich den gan- zen Herbſt mit Meiſen-fangen zuge- bracht/ darnach heyrathete meine Schweſter einen Stein-Metzen/ a- ber ich hatte keine neue Schue/ deß- wegen konte ich nicht zur Hochzeit ge- hen. Gleich einen Tag nach der Hoch- zeit fiſchte ich einen Bach/ mit einem langen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beer_lebensbeschreibung_1680
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beer_lebensbeschreibung_1680/106
Zitationshilfe: [Beer, Johann]: Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. [s. l.], 1680, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beer_lebensbeschreibung_1680/106>, abgerufen am 03.05.2024.