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[Beer, Johann]: Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. [s. l.], 1680.

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Kurzweiliger
soris Haus/ und bohrte ein Loch durch
die Wand/ dadurch er die Lection hö-
ren und umsonst observiren können. Er
ist so geitzig/ daß er den Camin selbst keh-
ret/ und ich hab ihn oft aus- und angezo-
gen/ auch zu weilen die Leiter gehalten.
An statt der Leuchter läßet er große Ru-
ben auf den Tisch stellen/ in welche man
die Kerzen stecket/ aber sonst brennt er
das ganze Jahr nur Spreitzen-Liechter.
Er hat gar viel Reguln geschrieben/
welche ich den zwey Kindern von Ju-
gend auf beybringen müßen/ unter
andern waren die meisten von der
Sparsamkeit/ daß nämlich der Mensch
das ganze Jahr nicht mehr als zwey
Braten essen solte/ und was dergleichen
Poßen gar viel waren.

Er hat mir oft gesagt/ daß er durch
die Zeit seines Lebens nicht mehr/ als
drey Kleyder getragen. So geitzig er
aber war/ so war doch seine Frau noch
geitziger/ dann wann sie auf eine Hoch-
zeit gienge/ schobe sie allezeit so viel ein/
davon sie vierzehen Tage zu essen hat-
te. Sie that alle Haus-Arbeit selb-
sten/ und der Pfarr-Herr schnitt Stroh
vor die Kühe.

Es

Kurzweiliger
ſoris Haus/ und bohrte ein Loch durch
die Wand/ dadurch er die Lection hoͤ-
ren und umſonſt obſerviren koͤnnen. Er
iſt ſo geitzig/ daß er den Camin ſelbſt keh-
ret/ und ich hab ihn oft aus- und angezo-
gen/ auch zu weilen die Leiter gehalten.
An ſtatt der Leuchter laͤßet er große Ru-
ben auf den Tiſch ſtellen/ in welche man
die Kerzen ſtecket/ aber ſonſt brennt er
das ganze Jahr nur Spreitzen-Liechter.
Er hat gar viel Reguln geſchrieben/
welche ich den zwey Kindern von Ju-
gend auf beybringen muͤßen/ unter
andern waren die meiſten von der
Sparſamkeit/ daß naͤmlich der Menſch
das ganze Jahr nicht mehr als zwey
Braten eſſen ſolte/ und was dergleichen
Poßen gar viel waren.

Er hat mir oft geſagt/ daß er durch
die Zeit ſeines Lebens nicht mehr/ als
drey Kleyder getragen. So geitzig er
aber war/ ſo war doch ſeine Frau noch
geitziger/ dann wann ſie auf eine Hoch-
zeit gienge/ ſchobe ſie allezeit ſo viel ein/
davon ſie vierzehen Tage zu eſſen hat-
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Es
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[132/0140] Kurzweiliger ſoris Haus/ und bohrte ein Loch durch die Wand/ dadurch er die Lection hoͤ- ren und umſonſt obſerviren koͤnnen. Er iſt ſo geitzig/ daß er den Camin ſelbſt keh- ret/ und ich hab ihn oft aus- und angezo- gen/ auch zu weilen die Leiter gehalten. An ſtatt der Leuchter laͤßet er große Ru- ben auf den Tiſch ſtellen/ in welche man die Kerzen ſtecket/ aber ſonſt brennt er das ganze Jahr nur Spreitzen-Liechter. Er hat gar viel Reguln geſchrieben/ welche ich den zwey Kindern von Ju- gend auf beybringen muͤßen/ unter andern waren die meiſten von der Sparſamkeit/ daß naͤmlich der Menſch das ganze Jahr nicht mehr als zwey Braten eſſen ſolte/ und was dergleichen Poßen gar viel waren. Er hat mir oft geſagt/ daß er durch die Zeit ſeines Lebens nicht mehr/ als drey Kleyder getragen. So geitzig er aber war/ ſo war doch ſeine Frau noch geitziger/ dann wann ſie auf eine Hoch- zeit gienge/ ſchobe ſie allezeit ſo viel ein/ davon ſie vierzehen Tage zu eſſen hat- te. Sie that alle Haus-Arbeit ſelb- ſten/ und der Pfarꝛ-Herꝛ ſchnitt Stroh vor die Kuͤhe. Es

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Zitationshilfe: [Beer, Johann]: Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. [s. l.], 1680, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beer_lebensbeschreibung_1680/140>, abgerufen am 03.05.2024.