Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703.von den curieusen Hölen an und auf dem Hartz. 7 und 8 Vers des 6 Psalmes pag. 268 erzehlet/ wie nemlich es zuLeipzig sich zugetragen/ daß einesmahls eine frevele Dienst-Magd auf den so genannten Rabenstein/ worauf der Galgen stehet/ gestiegen sey/ als eben die sonst verschlossene Thür auf gestanden/ und aus Versehen von dem Nach-Richter offen gelassen worden/ welcher Fürwitz ihr aber sehr übel bekommen/ indem der Wind die Thür hinter ihr zugeschlagen/ und sie also nicht wieder herab kom- men können/ sondern die folgende gantze Nacht darauf verbleiben müssen/ weilen niemand vorbey gegangen/ der da vermocht ihr er- bärmliches Schreyen und Ruffen zu hören/ und derselben die ver- langte Hülffe zu verschaffen; nachdem nun die gantze Nacht hin- durch der Wind starck gegangen/ und die aufgehenckten Cörper zu- sammen geschlagen/ sey dieselbe durch das Geklapper derer Beine in solche grosse Angst und Schrecken gerathen/ daß sie davon gantz grau und weiß als eine Taube worden/ und habe sie des Morgens darauf der Scharff-Richter/ als er von denen vorüber Gehenden hiervon Nachricht bekommen/ und diese armseelige Gefangene nach Eröffnung der Thür wieder heraus gelassen/ in solcher Gestalt an- getroffen. Ferner stimmet mit des Eckstormii Historie überein/ was Caelius Rhodiginus lib. 3 cap. 27 von einem Jäger erzehlet/ welcher auf einem Felsen junge Fincken-Habichte suchen wollen/ worüber demselben aber die darzu gebrauchte Strick-Leiter zerbro- chen/ und er dieserwegen durch hefftiges Erschrecken alsobald graue Haare bekommen. Dergleichen Exempel findet man auch bey dem Levino Lemnio in seiner Dissertation de complexionibus libr. & cap. 2 p. 111 da er meldet/ wie ein Adelicher Jüngling sich die Liebe überwinden lassen/ und durch Hefftigkeit derselben eine Staats- Dame an des Käysers Caroli V Hofe zu Falle gebracht habe; ob nun schon diese Dame aus inbrünstiger Gegen-Liebe darzu ihren Willen gegeben/ so hätte doch dessen ohngeacht derselbe andern zum Exempel mit dem Schwerdt sollen hingerichtet werden/ worüber der sonst schöne und anmuthige Jüngling dermassen erschrocken sey/ daß er darüber im Gefängniß in einer Nacht also grau und heßlich von Gesichte worden/ daß ihn auch weder der Käyser noch seine Bekann- ten D
von den curieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz. 7 und 8 Vers des 6 Pſalmes pag. 268 erzehlet/ wie nemlich es zuLeipzig ſich zugetragen/ daß einesmahls eine frevele Dienſt-Magd auf den ſo genannten Rabenſtein/ worauf der Galgen ſtehet/ geſtiegen ſey/ als eben die ſonſt verſchloſſene Thuͤr auf geſtanden/ und aus Verſehen von dem Nach-Richter offen gelaſſen worden/ welcher Fuͤrwitz ihr aber ſehr uͤbel bekommen/ indem der Wind die Thuͤr hinter ihr zugeſchlagen/ und ſie alſo nicht wieder herab kom- men koͤnnen/ ſondern die folgende gantze Nacht darauf verbleiben muͤſſen/ weilen niemand vorbey gegangen/ der da vermocht ihr er- baͤrmliches Schreyen und Ruffen zu hoͤren/ und derſelben die ver- langte Huͤlffe zu verſchaffen; nachdem nun die gantze Nacht hin- durch der Wind ſtarck gegangen/ und die aufgehenckten Coͤrper zu- ſammen geſchlagen/ ſey dieſelbe durch das Geklapper derer Beine in ſolche groſſe Angſt und Schrecken gerathen/ daß ſie davon gantz grau und weiß als eine Taube worden/ und habe ſie des Morgens darauf der Scharff-Richter/ als er von denen voruͤber Gehenden hiervon Nachricht bekommen/ und dieſe armſeelige Gefangene nach Eroͤffnung der Thuͤr wieder heraus gelaſſen/ in ſolcher Geſtalt an- getroffen. Ferner ſtimmet mit des Eckſtormii Hiſtorie uͤberein/ was Cælius Rhodiginus lib. 3 cap. 27 von einem Jaͤger erzehlet/ welcher auf einem Felſen junge Fincken-Habichte ſuchen wollen/ woruͤber demſelben aber die darzu gebrauchte Strick-Leiter zerbro- chen/ und er dieſerwegen durch hefftiges Erſchrecken alſobald graue Haare bekommen. Dergleichen Exempel findet man auch bey dem Levino Lemnio in ſeiner Diſſertation de complexionibus libr. & cap. 2 p. 111 da er meldet/ wie ein Adelicher Juͤngling ſich die Liebe uͤberwinden laſſen/ und durch Hefftigkeit derſelben eine Staats- Dame an des Kaͤyſers Caroli V Hofe zu Falle gebracht habe; ob nun ſchon dieſe Dame aus inbruͤnſtiger Gegen-Liebe darzu ihren Willen gegeben/ ſo haͤtte doch deſſen ohngeacht derſelbe andern zum Exempel mit dem Schwerdt ſollen hingerichtet werden/ woruͤber der ſonſt ſchoͤne und anmuthige Juͤngling dermaſſen erſchrocken ſey/ daß er daruͤber im Gefaͤngniß in einer Nacht alſo grau und heßlich von Geſichte worden/ daß ihn auch weder der Kaͤyſer noch ſeine Bekann- ten D
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0037" n="25"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von den</hi><hi rendition="#aq">curieuſ</hi><hi rendition="#b">en Hoͤlen an und auf dem Hartz.</hi></fw><lb/> 7 und 8 Vers des 6 Pſalmes <hi rendition="#aq">pag.</hi> 268 erzehlet/ wie nemlich es zu<lb/> Leipzig ſich zugetragen/ daß einesmahls eine frevele Dienſt-Magd<lb/> auf den ſo genannten Rabenſtein/ worauf der Galgen ſtehet/<lb/> geſtiegen ſey/ als eben die ſonſt verſchloſſene Thuͤr auf geſtanden/<lb/> und aus Verſehen von dem Nach-Richter offen gelaſſen worden/<lb/> welcher Fuͤrwitz ihr aber ſehr uͤbel bekommen/ indem der Wind die<lb/> Thuͤr hinter ihr zugeſchlagen/ und ſie alſo nicht wieder herab kom-<lb/> men koͤnnen/ ſondern die folgende gantze Nacht darauf verbleiben<lb/> muͤſſen/ weilen niemand vorbey gegangen/ der da vermocht ihr er-<lb/> baͤrmliches Schreyen und Ruffen zu hoͤren/ und derſelben die ver-<lb/> langte Huͤlffe zu verſchaffen; nachdem nun die gantze Nacht hin-<lb/> durch der Wind ſtarck gegangen/ und die aufgehenckten Coͤrper zu-<lb/> ſammen geſchlagen/ ſey dieſelbe durch das Geklapper derer Beine<lb/> in ſolche groſſe Angſt und Schrecken gerathen/ daß ſie davon gantz<lb/> grau und weiß als eine Taube worden/ und habe ſie des Morgens<lb/> darauf der Scharff-Richter/ als er von denen voruͤber Gehenden<lb/> hiervon Nachricht bekommen/ und dieſe armſeelige Gefangene nach<lb/> Eroͤffnung der Thuͤr wieder heraus gelaſſen/ in ſolcher Geſtalt an-<lb/> getroffen. Ferner ſtimmet mit des <hi rendition="#aq">Eckſtormii</hi> Hiſtorie uͤberein/<lb/> was <hi rendition="#aq">Cælius Rhodiginus lib. 3 cap.</hi> 27 von einem Jaͤger erzehlet/<lb/> welcher auf einem Felſen junge Fincken-Habichte ſuchen wollen/<lb/> woruͤber demſelben aber die darzu gebrauchte Strick-Leiter zerbro-<lb/> chen/ und er dieſerwegen durch hefftiges Erſchrecken alſobald graue<lb/> Haare bekommen. Dergleichen Exempel findet man auch bey dem<lb/><hi rendition="#aq">Levino Lemnio</hi> in ſeiner <hi rendition="#aq">Diſſertation de complexionibus libr. &<lb/> cap. 2 p.</hi> 111 da er meldet/ wie ein Adelicher Juͤngling ſich die Liebe<lb/> uͤberwinden laſſen/ und durch Hefftigkeit derſelben eine Staats-<lb/> Dame an des Kaͤyſers <hi rendition="#aq">Caroli V</hi> Hofe zu Falle gebracht habe; ob<lb/> nun ſchon dieſe Dame aus inbruͤnſtiger Gegen-Liebe darzu ihren<lb/> Willen gegeben/ ſo haͤtte doch deſſen ohngeacht derſelbe andern zum<lb/> Exempel mit dem Schwerdt ſollen hingerichtet werden/ woruͤber der<lb/> ſonſt ſchoͤne und anmuthige Juͤngling dermaſſen erſchrocken ſey/ daß<lb/> er daruͤber im Gefaͤngniß in einer Nacht alſo grau und heßlich von<lb/> Geſichte worden/ daß ihn auch weder der Kaͤyſer noch ſeine Bekann-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">D</fw><fw place="bottom" type="catch">ten</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [25/0037]
von den curieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
7 und 8 Vers des 6 Pſalmes pag. 268 erzehlet/ wie nemlich es zu
Leipzig ſich zugetragen/ daß einesmahls eine frevele Dienſt-Magd
auf den ſo genannten Rabenſtein/ worauf der Galgen ſtehet/
geſtiegen ſey/ als eben die ſonſt verſchloſſene Thuͤr auf geſtanden/
und aus Verſehen von dem Nach-Richter offen gelaſſen worden/
welcher Fuͤrwitz ihr aber ſehr uͤbel bekommen/ indem der Wind die
Thuͤr hinter ihr zugeſchlagen/ und ſie alſo nicht wieder herab kom-
men koͤnnen/ ſondern die folgende gantze Nacht darauf verbleiben
muͤſſen/ weilen niemand vorbey gegangen/ der da vermocht ihr er-
baͤrmliches Schreyen und Ruffen zu hoͤren/ und derſelben die ver-
langte Huͤlffe zu verſchaffen; nachdem nun die gantze Nacht hin-
durch der Wind ſtarck gegangen/ und die aufgehenckten Coͤrper zu-
ſammen geſchlagen/ ſey dieſelbe durch das Geklapper derer Beine
in ſolche groſſe Angſt und Schrecken gerathen/ daß ſie davon gantz
grau und weiß als eine Taube worden/ und habe ſie des Morgens
darauf der Scharff-Richter/ als er von denen voruͤber Gehenden
hiervon Nachricht bekommen/ und dieſe armſeelige Gefangene nach
Eroͤffnung der Thuͤr wieder heraus gelaſſen/ in ſolcher Geſtalt an-
getroffen. Ferner ſtimmet mit des Eckſtormii Hiſtorie uͤberein/
was Cælius Rhodiginus lib. 3 cap. 27 von einem Jaͤger erzehlet/
welcher auf einem Felſen junge Fincken-Habichte ſuchen wollen/
woruͤber demſelben aber die darzu gebrauchte Strick-Leiter zerbro-
chen/ und er dieſerwegen durch hefftiges Erſchrecken alſobald graue
Haare bekommen. Dergleichen Exempel findet man auch bey dem
Levino Lemnio in ſeiner Diſſertation de complexionibus libr. &
cap. 2 p. 111 da er meldet/ wie ein Adelicher Juͤngling ſich die Liebe
uͤberwinden laſſen/ und durch Hefftigkeit derſelben eine Staats-
Dame an des Kaͤyſers Caroli V Hofe zu Falle gebracht habe; ob
nun ſchon dieſe Dame aus inbruͤnſtiger Gegen-Liebe darzu ihren
Willen gegeben/ ſo haͤtte doch deſſen ohngeacht derſelbe andern zum
Exempel mit dem Schwerdt ſollen hingerichtet werden/ woruͤber der
ſonſt ſchoͤne und anmuthige Juͤngling dermaſſen erſchrocken ſey/ daß
er daruͤber im Gefaͤngniß in einer Nacht alſo grau und heßlich von
Geſichte worden/ daß ihn auch weder der Kaͤyſer noch ſeine Bekann-
ten
D
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |