Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751.Vom Blut und Wunden. des Leidens kein Wörtlein abbrechen, und könntedoch, nach der Weise der heiligen Schrift, die übrigen Stücke mitnehmen. Ja bis der Ordi- narius, den Leidens-Puncten zu erhöhen, die andere verringert, könnte er die andere eben so wol preisen. Es ist mit der geistlichen, wie mit der leiblichen Nahrung, da man nicht lau- ter Mark, sondern auch andere Speisen zur Ge- sundheit isset, und dazu machet im Geistlichen das Leiden allein das Mark nicht aus. Wird aber durch den Leidens-Puncten allein etwas zu wege gebracht: wie viel würde durch einen völligen Vortrag gewonnen? Unter den Penn- sylvanischen Reden handelt eine von der Zu- kunft unsers Königs: II Th. s. 70. und nach- dem dieselbe vor andern lehrreich ausgefallen, sagte der Prediger im Beschluß s. 93: Aber ist das so die ordinaire Art recht zu predi- gen, wie ichs heute mache? O nein. Ich habe euch einmal viel gesagt, meine Freun- de! Solte ich euch immer so viel sagen, da behüte mich GOtt vor! Und doch war die- ses der Bewegung so gar nicht hinterlich, daß es vielmehr zunächst darauf p. 94 auf dem Rand heisset: Da (bey den Hoffnungs-Wor- ten: Sein Augen, seinen Mund, den Leib, für mich verwundt, da ich so fest auftraue, das werd ich ein mal schauen und innig herz- lich grüssen die Maal an Händ und Füs- sen: Darauf freuer sich meine Seele; und ich kan nichts mehr thun, als Ihn bitten, daß ihr sie auch grüssen dürft:) da setzte es so viel H 5
Vom Blut und Wunden. des Leidens kein Woͤrtlein abbrechen, und koͤñtedoch, nach der Weiſe der heiligen Schrift, die uͤbrigen Stuͤcke mitnehmen. Ja bis der Ordi- narius, den Leidens-Puncten zu erhoͤhen, die andere verringert, koͤnnte er die andere eben ſo wol preiſen. Es iſt mit der geiſtlichen, wie mit der leiblichen Nahrung, da man nicht lau- ter Mark, ſondern auch andere Speiſen zur Ge- ſundheit iſſet, und dazu machet im Geiſtlichen das Leiden allein das Mark nicht aus. Wird aber durch den Leidens-Puncten allein etwas zu wege gebracht: wie viel wuͤrde durch einen voͤlligen Vortrag gewonnen? Unter den Peñ- ſylvaniſchen Reden handelt eine von der Zu- kunft unſers Koͤnigs: II Th. ſ. 70. und nach- dem dieſelbe vor andern lehrreich ausgefallen, ſagte der Prediger im Beſchluß ſ. 93: Aber iſt das ſo die ordinaire Art recht zu predi- gen, wie ichs heute mache? O nein. Ich habe euch einmal viel geſagt, meine Freun- de! Solte ich euch immer ſo viel ſagen, da behuͤte mich GOtt vor! Und doch war die- ſes der Bewegung ſo gar nicht hinterlich, daß es vielmehr zunaͤchſt darauf p. 94 auf dem Rand heiſſet: Da (bey den Hoffnungs-Wor- ten: Sein Augen, ſeinen Mund, den Leib, fuͤr mich verwundt, da ich ſo feſt auftraue, das werd ich ein mal ſchauen und innig herz- lich gruͤſſen die Maal an Haͤnd und Fuͤſ- ſen: Darauf freuer ſich meine Seele; und ich kan nichts mehr thun, als Ihn bitten, daß ihr ſie auch gruͤſſen duͤrft:) da ſetzte es ſo viel H 5
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Vom Blut und Wunden.
des Leidens kein Woͤrtlein abbrechen, und koͤñte
doch, nach der Weiſe der heiligen Schrift, die
uͤbrigen Stuͤcke mitnehmen. Ja bis der Ordi-
narius, den Leidens-Puncten zu erhoͤhen, die
andere verringert, koͤnnte er die andere eben ſo
wol preiſen. Es iſt mit der geiſtlichen, wie
mit der leiblichen Nahrung, da man nicht lau-
ter Mark, ſondern auch andere Speiſen zur Ge-
ſundheit iſſet, und dazu machet im Geiſtlichen
das Leiden allein das Mark nicht aus. Wird
aber durch den Leidens-Puncten allein etwas
zu wege gebracht: wie viel wuͤrde durch einen
voͤlligen Vortrag gewonnen? Unter den Peñ-
ſylvaniſchen Reden handelt eine von der Zu-
kunft unſers Koͤnigs: II Th. ſ. 70. und nach-
dem dieſelbe vor andern lehrreich ausgefallen,
ſagte der Prediger im Beſchluß ſ. 93: Aber
iſt das ſo die ordinaire Art recht zu predi-
gen, wie ichs heute mache? O nein. Ich
habe euch einmal viel geſagt, meine Freun-
de! Solte ich euch immer ſo viel ſagen, da
behuͤte mich GOtt vor! Und doch war die-
ſes der Bewegung ſo gar nicht hinterlich, daß
es vielmehr zunaͤchſt darauf p. 94 auf dem
Rand heiſſet: Da (bey den Hoffnungs-Wor-
ten: Sein Augen, ſeinen Mund, den Leib,
fuͤr mich verwundt, da ich ſo feſt auftraue,
das werd ich ein mal ſchauen und innig herz-
lich gruͤſſen die Maal an Haͤnd und Fuͤſ-
ſen: Darauf freuer ſich meine Seele; und ich
kan nichts mehr thun, als Ihn bitten, daß
ihr ſie auch gruͤſſen duͤrft:) da ſetzte es ſo
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