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Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751.

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Vom Blut und Wunden.
gelium verschmähen würden, so habe er bey
seiner allgemeinen Predig diesen Articul so viel
möglich verstecket. Wird man eine Ursache,
die völliger zureichet, eröffnen, so will ich mir
sagen lassen. Indessen wird mein Einfall be-
kräftiget durch das, was mir ehedessen (unten,
* 18.) zur Antwort gegeben worden ist.

§ 123.

Wer die Art des menschlichen Gemüths
kennet, der kan es unmöglich gut befinden,
wann man in Gedanken und Reden von dem
ganzen Schatz der heilsamen Lehre einen einigen
Articul zur steten Betrachtung, entweder für
sich, oder auch andern zufolge, aussondert.
Es gibt eine Battologie, ein leeres mattes Ge-
schwäze, welches nicht nur mit dem Munde,
sondern auch in Gedanken vorgehen kan: und
mit einer eigenwillig-erzwungenen und über-
triebenen Blut-Andacht möchte einer mitten
in die blosse Natur hinein versenken. Es ist
sicherer, man beschäftige sich dazwischen mit
allerley Geschichten und Umständen, die in der
heiligen Schrift nacheinander vorkommen,
und einem, der ehrerbietig damit umgehet,
immer von der Hauptsache selbs einen guten
Genuß, Geruch und Geschmack geben, als
daß man den edelsten Saft unaufhörlich um-
herrühre und ihn gleichsam verriechen lasse,
welches denn bey einem Pilger die Kraft, son-
derlich zur Zeit der Noth, vielmehr verrin-
gert, als vermehret. Jedoch bedürfen die

neumährische

Vom Blut und Wunden.
gelium verſchmaͤhen wuͤrden, ſo habe er bey
ſeiner allgemeinen Predig dieſen Articul ſo viel
moͤglich verſtecket. Wird man eine Urſache,
die voͤlliger zureichet, eroͤffnen, ſo will ich mir
ſagen laſſen. Indeſſen wird mein Einfall be-
kraͤftiget durch das, was mir ehedeſſen (unten,
* 18.) zur Antwort gegeben worden iſt.

§ 123.

Wer die Art des menſchlichen Gemuͤths
kennet, der kan es unmoͤglich gut befinden,
wann man in Gedanken und Reden von dem
ganzen Schatz der heilſamen Lehre einen einigen
Articul zur ſteten Betrachtung, entweder fuͤr
ſich, oder auch andern zufolge, ausſondert.
Es gibt eine Battologie, ein leeres mattes Ge-
ſchwaͤze, welches nicht nur mit dem Munde,
ſondern auch in Gedanken vorgehen kan: und
mit einer eigenwillig-erzwungenen und uͤber-
triebenen Blut-Andacht moͤchte einer mitten
in die bloſſe Natur hinein verſenken. Es iſt
ſicherer, man beſchaͤftige ſich dazwiſchen mit
allerley Geſchichten und Umſtaͤnden, die in der
heiligen Schrift nacheinander vorkommen,
und einem, der ehrerbietig damit umgehet,
immer von der Hauptſache ſelbs einen guten
Genuß, Geruch und Geſchmack geben, als
daß man den edelſten Saft unaufhoͤrlich um-
herruͤhre und ihn gleichſam verriechen laſſe,
welches denn bey einem Pilger die Kraft, ſon-
derlich zur Zeit der Noth, vielmehr verrin-
gert, als vermehret. Jedoch beduͤrfen die

neumaͤhriſche
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[123/0143] Vom Blut und Wunden. gelium verſchmaͤhen wuͤrden, ſo habe er bey ſeiner allgemeinen Predig dieſen Articul ſo viel moͤglich verſtecket. Wird man eine Urſache, die voͤlliger zureichet, eroͤffnen, ſo will ich mir ſagen laſſen. Indeſſen wird mein Einfall be- kraͤftiget durch das, was mir ehedeſſen (unten, * 18.) zur Antwort gegeben worden iſt. § 123. Wer die Art des menſchlichen Gemuͤths kennet, der kan es unmoͤglich gut befinden, wann man in Gedanken und Reden von dem ganzen Schatz der heilſamen Lehre einen einigen Articul zur ſteten Betrachtung, entweder fuͤr ſich, oder auch andern zufolge, ausſondert. Es gibt eine Battologie, ein leeres mattes Ge- ſchwaͤze, welches nicht nur mit dem Munde, ſondern auch in Gedanken vorgehen kan: und mit einer eigenwillig-erzwungenen und uͤber- triebenen Blut-Andacht moͤchte einer mitten in die bloſſe Natur hinein verſenken. Es iſt ſicherer, man beſchaͤftige ſich dazwiſchen mit allerley Geſchichten und Umſtaͤnden, die in der heiligen Schrift nacheinander vorkommen, und einem, der ehrerbietig damit umgehet, immer von der Hauptſache ſelbs einen guten Genuß, Geruch und Geſchmack geben, als daß man den edelſten Saft unaufhoͤrlich um- herruͤhre und ihn gleichſam verriechen laſſe, welches denn bey einem Pilger die Kraft, ſon- derlich zur Zeit der Noth, vielmehr verrin- gert, als vermehret. Jedoch beduͤrfen die neumaͤhriſche

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Zitationshilfe: Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751/143>, abgerufen am 23.11.2024.