er doch hernach das Interim aufsezen: und bey der neumährischen Gemeine möchte eine Vor- sicht nöthig seyn, daß man ihm nicht, wie in dem einen, so in dem andern Stück ähnlich werde.
§ 137.
Der Ordinarius vergnügt sich bey seiner Harmonie mit gewissen Philosophis practicis. Darf er sie namhaft machen? was findet er an ihnen, und was kan er aufweisen, das nicht mit grösserem Vergnügen im Gesetze Got- tes zu finden wäre, welches die Israeliten vor allen Völkern zu weisen und verständigen Leuten und zu einem herrlichen Volk machte? 5 Mos. 4, 6. Solte unter den so genannten Sichtungen der Gemeine nicht eine göttliche Warnung vor der Verkleinerung des Gesez- zes verborgen seyn? Bey den vielen Untugen- den wurde nicht allein zum Leidens-Puncten, sondern auch zum Gesetz (wiewol vielmehr zu eigenen Geboten, Verboten, Recessen, Dro- hungen u. s. w. als zum Gesetze GOttes,) eine Zuflucht genommen.
§ 138.
Die Rechtfertigung aus dem Glauben al- leine behält der Ordinarius: aber neben die Rechtfertigung, darin der Mensch allein mit Christo, und nichts mit GOtt zu thun haben soll, setzet er alsogleich eine völlige Erneue- rung, als ob bey denen, die den Leidens-Pun-
cten
J 4
Vom Geſetz u. ſ. w.
er doch hernach das Interim aufſezen: und bey der neumaͤhriſchen Gemeine moͤchte eine Vor- ſicht noͤthig ſeyn, daß man ihm nicht, wie in dem einen, ſo in dem andern Stuͤck aͤhnlich werde.
§ 137.
Der Ordinarius vergnuͤgt ſich bey ſeiner Harmonie mit gewiſſen Philoſophis practicis. Darf er ſie namhaft machen? was findet er an ihnen, und was kan er aufweiſen, das nicht mit groͤſſerem Vergnuͤgen im Geſetze Got- tes zu finden waͤre, welches die Iſraeliten vor allen Voͤlkern zu weiſen und verſtaͤndigen Leuten und zu einem herrlichen Volk machte? 5 Moſ. 4, 6. Solte unter den ſo genannten Sichtungen der Gemeine nicht eine goͤttliche Warnung vor der Verkleinerung des Geſez- zes verborgen ſeyn? Bey den vielen Untugen- den wurde nicht allein zum Leidens-Puncten, ſondern auch zum Geſetz (wiewol vielmehr zu eigenen Geboten, Verboten, Receſſen, Dro- hungen u. ſ. w. als zum Geſetze GOttes,) eine Zuflucht genommen.
§ 138.
Die Rechtfertigung aus dem Glauben al- leine behaͤlt der Ordinarius: aber neben die Rechtfertigung, darin der Menſch allein mit Chriſto, und nichts mit GOtt zu thun haben ſoll, ſetzet er alſogleich eine voͤllige Erneue- rung, als ob bey denen, die den Leidens-Pun-
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Vom Geſetz u. ſ. w.
er doch hernach das Interim aufſezen: und bey
der neumaͤhriſchen Gemeine moͤchte eine Vor-
ſicht noͤthig ſeyn, daß man ihm nicht, wie in
dem einen, ſo in dem andern Stuͤck aͤhnlich
werde.
§ 137.
Der Ordinarius vergnuͤgt ſich bey ſeiner
Harmonie mit gewiſſen Philoſophis practicis.
Darf er ſie namhaft machen? was findet er
an ihnen, und was kan er aufweiſen, das
nicht mit groͤſſerem Vergnuͤgen im Geſetze Got-
tes zu finden waͤre, welches die Iſraeliten
vor allen Voͤlkern zu weiſen und verſtaͤndigen
Leuten und zu einem herrlichen Volk machte?
5 Moſ. 4, 6. Solte unter den ſo genannten
Sichtungen der Gemeine nicht eine goͤttliche
Warnung vor der Verkleinerung des Geſez-
zes verborgen ſeyn? Bey den vielen Untugen-
den wurde nicht allein zum Leidens-Puncten,
ſondern auch zum Geſetz (wiewol vielmehr zu
eigenen Geboten, Verboten, Receſſen, Dro-
hungen u. ſ. w. als zum Geſetze GOttes,) eine
Zuflucht genommen.
§ 138.
Die Rechtfertigung aus dem Glauben al-
leine behaͤlt der Ordinarius: aber neben die
Rechtfertigung, darin der Menſch allein mit
Chriſto, und nichts mit GOtt zu thun haben
ſoll, ſetzet er alſogleich eine voͤllige Erneue-
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Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751/155>, abgerufen am 15.08.2024.
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