Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751.Von der Redens-Art. Volk Israel verglichen wird, die Unsauber-keit nicht so verdeckt ist, als bey Alten: 3. in den Propheten, da unter dem Bild der Hure- rey der Greuel der Abgötterey vorgestellet wird. Wie nun solches im N. T. voraus gesetzet wird, also ist im N. T. bey dem darin schei- nenden reinen Lichte die Rede von solchen Din- gen viel seltener. Die Glaubigen des N. T. sind durch das reiche Maas des Geistes weiter aus dem Fleisch herausgezogen, und also ist eine recht zarte Schamhaftigkeit ein Lineament von der neuen durch Christum geschaffenen Cre- atur. Da nun die so genannte Brüder-Ge- meine in andern Dingen vielmehr neu- als alt- testamentisch seyn will, so solte dieselbe vornem- lich solches beweisen, wann von Ehesachen und dergleichen zu reden vorfället. Aber sie wendet es um, und weil durch Christum die Menschheit geheiliget ist, so sollen bey den wah- ren Christen die Ursachen sich zu schämen auf- gehaben seyn. Zeyster Reden p. 7. etc. Wie vieles wäre zu sagen? Beschämen die Wege, wodurch die natürlichen Excretiones gehen, den Geist des Menschen nicht vor ihm selbs, geschweige vor andern? Stehen die Menschen nun alle in der neuen Schöpfung? sind alle die jenige, denen die Sünden vergeben sind, ein- ander in der Erneurung gleich? kan Aug und Hand und Fuß ihrer keinen mehr ärgern? haben sie den Spruch, daß Fleisch und Blut das Reich GOttes nicht ererben könne, schon zurükgeleget? Wann ein Pilger nur einen Blick K 5
Von der Redens-Art. Volk Iſrael verglichen wird, die Unſauber-keit nicht ſo verdeckt iſt, als bey Alten: 3. in den Propheten, da unter dem Bild der Hure- rey der Greuel der Abgoͤtterey vorgeſtellet wird. Wie nun ſolches im N. T. voraus geſetzet wird, alſo iſt im N. T. bey dem darin ſchei- nenden reinen Lichte die Rede von ſolchen Din- gen viel ſeltener. Die Glaubigen des N. T. ſind durch das reiche Maas des Geiſtes weiter aus dem Fleiſch herausgezogen, und alſo iſt eine recht zarte Schamhaftigkeit ein Lineament von der neuen durch Chriſtum geſchaffenen Cre- atur. Da nun die ſo genannte Bruͤder-Ge- meine in andern Dingen vielmehr neu- als alt- teſtamentiſch ſeyn will, ſo ſolte dieſelbe vornem- lich ſolches beweiſen, wann von Eheſachen und dergleichen zu reden vorfaͤllet. Aber ſie wendet es um, und weil durch Chriſtum die Menſchheit geheiliget iſt, ſo ſollen bey den wah- ren Chriſten die Urſachen ſich zu ſchaͤmen auf- gehaben ſeyn. Zeyſter Reden p. 7. ꝛc. Wie vieles waͤre zu ſagen? Beſchaͤmen die Wege, wodurch die natuͤrlichen Excretiones gehen, den Geiſt des Menſchen nicht vor ihm ſelbs, geſchweige vor andern? Stehen die Menſchen nun alle in der neuen Schoͤpfung? ſind alle die jenige, denen die Suͤnden vergeben ſind, ein- ander in der Erneurung gleich? kan Aug und Hand und Fuß ihrer keinen mehr aͤrgern? haben ſie den Spruch, daß Fleiſch und Blut das Reich GOttes nicht ererben koͤnne, ſchon zuruͤkgeleget? Wann ein Pilger nur einen Blick K 5
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Von der Redens-Art.
Volk Iſrael verglichen wird, die Unſauber-
keit nicht ſo verdeckt iſt, als bey Alten: 3. in
den Propheten, da unter dem Bild der Hure-
rey der Greuel der Abgoͤtterey vorgeſtellet wird.
Wie nun ſolches im N. T. voraus geſetzet
wird, alſo iſt im N. T. bey dem darin ſchei-
nenden reinen Lichte die Rede von ſolchen Din-
gen viel ſeltener. Die Glaubigen des N. T.
ſind durch das reiche Maas des Geiſtes weiter
aus dem Fleiſch herausgezogen, und alſo iſt
eine recht zarte Schamhaftigkeit ein Lineament
von der neuen durch Chriſtum geſchaffenen Cre-
atur. Da nun die ſo genannte Bruͤder-Ge-
meine in andern Dingen vielmehr neu- als alt-
teſtamentiſch ſeyn will, ſo ſolte dieſelbe vornem-
lich ſolches beweiſen, wann von Eheſachen
und dergleichen zu reden vorfaͤllet. Aber ſie
wendet es um, und weil durch Chriſtum die
Menſchheit geheiliget iſt, ſo ſollen bey den wah-
ren Chriſten die Urſachen ſich zu ſchaͤmen auf-
gehaben ſeyn. Zeyſter Reden p. 7. ꝛc. Wie
vieles waͤre zu ſagen? Beſchaͤmen die Wege,
wodurch die natuͤrlichen Excretiones gehen,
den Geiſt des Menſchen nicht vor ihm ſelbs,
geſchweige vor andern? Stehen die Menſchen
nun alle in der neuen Schoͤpfung? ſind alle die
jenige, denen die Suͤnden vergeben ſind, ein-
ander in der Erneurung gleich? kan Aug und
Hand und Fuß ihrer keinen mehr aͤrgern?
haben ſie den Spruch, daß Fleiſch und Blut
das Reich GOttes nicht ererben koͤnne, ſchon
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