Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite
Von der Lehre.
§ 3.

Was die Lehre bey der so genannten Brü-
dergemeine sey, erhellet genugsam aus den
Schriften ihres Ordinarii. Dieser ist ihr
Stifter, ihr Lehrer, ihr Meister, ihr Vater,
ihr Cantor, ihr Prediger, ihr Ausleger, ihr
Bevollmächtigter. Er hat ein unermeßlich
hohes Ansehen bey seinem Hauffen: seine in-
nere Gestalt hat er seinen Mitarbeitern und
den Gliedern seiner Gemeine an ihren Haupt-
Orten bey einem unmittelbaren Umgang ein-
gedrücket und eingepräget: nach seiner Vor-
schrift muß sich alles richten: auf ihn kommt
alles an: von ihm rühret her, was an der
Gemeine neues und eigenes ist. Mündlich
führen zwar auch viele andere Lehrer bey ihnen
das Wort: aber keiner darf ihm widerspre-
chen, noch seine Irrthümer widerlegen. Die
gemeinesten Leute, die nur des Ordinarii
Schriften lesen, oder auch die neumährische
Gemeine etwa besuchen, saugen alle, auch die
besonderste Lehren, von ihm begierig ein.

§ 4.

Ich nähme gern einen Umgang, daß ich
dieser vornehmen Person nicht gedenken möch-
te: aber dieser weltbekannte Arbeiter und sei-
ne Arbeit selbs hangen unzertrennlich zusam-
men. Er selbs ist gezwungen, so viel von sich
zu reden: diejenigen, die sich der so genann-
ten Brüdergemeine annehmen, müssen auch
viel von ihm reden: so kan denn ein anderer

es
A 2
Von der Lehre.
§ 3.

Was die Lehre bey der ſo genannten Bruͤ-
dergemeine ſey, erhellet genugſam aus den
Schriften ihres Ordinarii. Dieſer iſt ihr
Stifter, ihr Lehrer, ihr Meiſter, ihr Vater,
ihr Cantor, ihr Prediger, ihr Ausleger, ihr
Bevollmaͤchtigter. Er hat ein unermeßlich
hohes Anſehen bey ſeinem Hauffen: ſeine in-
nere Geſtalt hat er ſeinen Mitarbeitern und
den Gliedern ſeiner Gemeine an ihren Haupt-
Orten bey einem unmittelbaren Umgang ein-
gedruͤcket und eingepraͤget: nach ſeiner Vor-
ſchrift muß ſich alles richten: auf ihn kommt
alles an: von ihm ruͤhret her, was an der
Gemeine neues und eigenes iſt. Muͤndlich
fuͤhren zwar auch viele andere Lehrer bey ihnen
das Wort: aber keiner darf ihm widerſpre-
chen, noch ſeine Irrthuͤmer widerlegen. Die
gemeineſten Leute, die nur des Ordinarii
Schriften leſen, oder auch die neumaͤhriſche
Gemeine etwa beſuchen, ſaugen alle, auch die
beſonderſte Lehren, von ihm begierig ein.

§ 4.

Ich naͤhme gern einen Umgang, daß ich
dieſer vornehmen Perſon nicht gedenken moͤch-
te: aber dieſer weltbekannte Arbeiter und ſei-
ne Arbeit ſelbs hangen unzertrennlich zuſam-
men. Er ſelbs iſt gezwungen, ſo viel von ſich
zu reden: diejenigen, die ſich der ſo genann-
ten Bruͤdergemeine annehmen, muͤſſen auch
viel von ihm reden: ſo kan denn ein anderer

es
A 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0023" n="3"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Von der Lehre.</hi> </fw><lb/>
              <div n="5">
                <head>§ 3.</head><lb/>
                <p>Was die Lehre bey der &#x017F;o genannten Bru&#x0364;-<lb/>
dergemeine &#x017F;ey, erhellet genug&#x017F;am aus den<lb/>
Schriften ihres <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Ordinarii.</hi></hi> Die&#x017F;er i&#x017F;t ihr<lb/>
Stifter, ihr Lehrer, ihr Mei&#x017F;ter, ihr Vater,<lb/>
ihr <hi rendition="#aq">Cantor,</hi> ihr Prediger, ihr Ausleger, ihr<lb/>
Bevollma&#x0364;chtigter. Er hat ein unermeßlich<lb/>
hohes An&#x017F;ehen bey &#x017F;einem Hauffen: &#x017F;eine in-<lb/>
nere Ge&#x017F;talt hat er &#x017F;einen Mitarbeitern und<lb/>
den Gliedern &#x017F;einer Gemeine an ihren Haupt-<lb/>
Orten bey einem unmittelbaren Umgang ein-<lb/>
gedru&#x0364;cket und eingepra&#x0364;get: nach &#x017F;einer Vor-<lb/>
&#x017F;chrift muß &#x017F;ich alles richten: auf ihn kommt<lb/>
alles an: von ihm ru&#x0364;hret her, was an der<lb/>
Gemeine neues und eigenes i&#x017F;t. Mu&#x0364;ndlich<lb/>
fu&#x0364;hren zwar auch viele andere Lehrer bey ihnen<lb/>
das Wort: aber keiner darf ihm wider&#x017F;pre-<lb/>
chen, noch &#x017F;eine Irrthu&#x0364;mer widerlegen. Die<lb/>
gemeine&#x017F;ten Leute, die nur des <hi rendition="#aq">Ordinarii</hi><lb/>
Schriften le&#x017F;en, oder auch die neuma&#x0364;hri&#x017F;che<lb/>
Gemeine etwa be&#x017F;uchen, &#x017F;augen alle, auch die<lb/>
be&#x017F;onder&#x017F;te Lehren, von ihm begierig ein.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>§ 4.</head><lb/>
                <p>Ich na&#x0364;hme gern einen Umgang, daß ich<lb/>
die&#x017F;er vornehmen Per&#x017F;on nicht gedenken mo&#x0364;ch-<lb/>
te: aber die&#x017F;er weltbekannte Arbeiter und &#x017F;ei-<lb/>
ne Arbeit &#x017F;elbs hangen unzertrennlich zu&#x017F;am-<lb/>
men. Er &#x017F;elbs i&#x017F;t gezwungen, &#x017F;o viel von &#x017F;ich<lb/>
zu reden: diejenigen, die &#x017F;ich der &#x017F;o genann-<lb/>
ten Bru&#x0364;dergemeine annehmen, mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en auch<lb/>
viel von ihm reden: &#x017F;o kan denn ein anderer<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 2</fw><fw place="bottom" type="catch">es</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[3/0023] Von der Lehre. § 3. Was die Lehre bey der ſo genannten Bruͤ- dergemeine ſey, erhellet genugſam aus den Schriften ihres Ordinarii. Dieſer iſt ihr Stifter, ihr Lehrer, ihr Meiſter, ihr Vater, ihr Cantor, ihr Prediger, ihr Ausleger, ihr Bevollmaͤchtigter. Er hat ein unermeßlich hohes Anſehen bey ſeinem Hauffen: ſeine in- nere Geſtalt hat er ſeinen Mitarbeitern und den Gliedern ſeiner Gemeine an ihren Haupt- Orten bey einem unmittelbaren Umgang ein- gedruͤcket und eingepraͤget: nach ſeiner Vor- ſchrift muß ſich alles richten: auf ihn kommt alles an: von ihm ruͤhret her, was an der Gemeine neues und eigenes iſt. Muͤndlich fuͤhren zwar auch viele andere Lehrer bey ihnen das Wort: aber keiner darf ihm widerſpre- chen, noch ſeine Irrthuͤmer widerlegen. Die gemeineſten Leute, die nur des Ordinarii Schriften leſen, oder auch die neumaͤhriſche Gemeine etwa beſuchen, ſaugen alle, auch die beſonderſte Lehren, von ihm begierig ein. § 4. Ich naͤhme gern einen Umgang, daß ich dieſer vornehmen Perſon nicht gedenken moͤch- te: aber dieſer weltbekannte Arbeiter und ſei- ne Arbeit ſelbs hangen unzertrennlich zuſam- men. Er ſelbs iſt gezwungen, ſo viel von ſich zu reden: diejenigen, die ſich der ſo genann- ten Bruͤdergemeine annehmen, muͤſſen auch viel von ihm reden: ſo kan denn ein anderer es A 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751/23
Zitationshilfe: Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751/23>, abgerufen am 03.12.2024.