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Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751.

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Theil I. Cap. III. Satz 26.
zween Christen bey sammen sind, beede dieses
ihres Namens würdig, ein neumährischer Bru-
der und einer von den evangelischen Religions-
Leuten, da wird man bald sehen, daß dieser
die allgemeine und auch die brüderliche Liebe
(welches leztere die Bedeutung ist des Namens
Philadelphia,) viel freyer, ungezwungener,
verträglicher ausübet, als jener. Was ein
neumährischer Bruder nicht mit seinem eige-
nen Model reimen kan, das hält er nicht für
christlich. So lang er meynt, einen auf seine
Seite zu bringen, gibt er unvergleichlich nach:
lässt einer sich nicht fangen, so hat die Liebe ein
Ende. (3) Wie Philadelphia und Laodicea
nebeneinander sind, (welches der Ordinarius
zwar nur zu dem Ende sagt, damit er seine Geg-
ner zu Laodiceern machen, und sein Philadel-
phiam bis an die Zukunft des Heilandes er-
strecken möge,) so sind alle sieben Gemeinen
nebeneinander, indem man das Gute oder das
Böse bey einer jeden derselben durch eine Ac-
commodation
zu einem Muster oder Spie-
gel für alle andere Gemeinen, Vorsteher und
Seelen nehmen kan. Zum Exempel, welche
Menschen heut zu tage dem Engel der Ge-
meine zu Laodicea ähnlich seyen, der da sagte:
Ich bin reich u. s. w. das zeigen die Werke.
(4) Was für den Engel der Gemeine zu Phi-
ladelphia wol lautet, findet sich bey der neu-
mährischen Gemeine nicht. Manchmal schien
eine Thüre vor sie offen zu stehen, die ihr (ich
insultire nicht) zugeschlossen worden ist. Wer

weiß,

Theil I. Cap. III. Satz 26.
zween Chriſten bey ſammen ſind, beede dieſes
ihres Namens wuͤrdig, ein neumaͤhriſcher Bru-
der und einer von den evangeliſchen Religions-
Leuten, da wird man bald ſehen, daß dieſer
die allgemeine und auch die bruͤderliche Liebe
(welches leztere die Bedeutung iſt des Namens
Philadelphia,) viel freyer, ungezwungener,
vertraͤglicher ausuͤbet, als jener. Was ein
neumaͤhriſcher Bruder nicht mit ſeinem eige-
nen Model reimen kan, das haͤlt er nicht fuͤr
chriſtlich. So lang er meynt, einen auf ſeine
Seite zu bringen, gibt er unvergleichlich nach:
laͤſſt einer ſich nicht fangen, ſo hat die Liebe ein
Ende. (3) Wie Philadelphia und Laodicea
nebeneinander ſind, (welches der Ordinarius
zwar nur zu dem Ende ſagt, damit er ſeine Geg-
ner zu Laodiceern machen, und ſein Philadel-
phiam bis an die Zukunft des Heilandes er-
ſtrecken moͤge,) ſo ſind alle ſieben Gemeinen
nebeneinander, indem man das Gute oder das
Boͤſe bey einer jeden derſelben durch eine Ac-
commodation
zu einem Muſter oder Spie-
gel fuͤr alle andere Gemeinen, Vorſteher und
Seelen nehmen kan. Zum Exempel, welche
Menſchen heut zu tage dem Engel der Ge-
meine zu Laodicea aͤhnlich ſeyen, der da ſagte:
Ich bin reich u. ſ. w. das zeigen die Werke.
(4) Was fuͤr den Engel der Gemeine zu Phi-
ladelphia wol lautet, findet ſich bey der neu-
maͤhriſchen Gemeine nicht. Manchmal ſchien
eine Thuͤre vor ſie offen zu ſtehen, die ihr (ich
inſultire nicht) zugeſchloſſen worden iſt. Wer

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[222/0242] Theil I. Cap. III. Satz 26. zween Chriſten bey ſammen ſind, beede dieſes ihres Namens wuͤrdig, ein neumaͤhriſcher Bru- der und einer von den evangeliſchen Religions- Leuten, da wird man bald ſehen, daß dieſer die allgemeine und auch die bruͤderliche Liebe (welches leztere die Bedeutung iſt des Namens Philadelphia,) viel freyer, ungezwungener, vertraͤglicher ausuͤbet, als jener. Was ein neumaͤhriſcher Bruder nicht mit ſeinem eige- nen Model reimen kan, das haͤlt er nicht fuͤr chriſtlich. So lang er meynt, einen auf ſeine Seite zu bringen, gibt er unvergleichlich nach: laͤſſt einer ſich nicht fangen, ſo hat die Liebe ein Ende. (3) Wie Philadelphia und Laodicea nebeneinander ſind, (welches der Ordinarius zwar nur zu dem Ende ſagt, damit er ſeine Geg- ner zu Laodiceern machen, und ſein Philadel- phiam bis an die Zukunft des Heilandes er- ſtrecken moͤge,) ſo ſind alle ſieben Gemeinen nebeneinander, indem man das Gute oder das Boͤſe bey einer jeden derſelben durch eine Ac- commodation zu einem Muſter oder Spie- gel fuͤr alle andere Gemeinen, Vorſteher und Seelen nehmen kan. Zum Exempel, welche Menſchen heut zu tage dem Engel der Ge- meine zu Laodicea aͤhnlich ſeyen, der da ſagte: Ich bin reich u. ſ. w. das zeigen die Werke. (4) Was fuͤr den Engel der Gemeine zu Phi- ladelphia wol lautet, findet ſich bey der neu- maͤhriſchen Gemeine nicht. Manchmal ſchien eine Thuͤre vor ſie offen zu ſtehen, die ihr (ich inſultire nicht) zugeſchloſſen worden iſt. Wer weiß,

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Zitationshilfe: Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751/242>, abgerufen am 21.11.2024.