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Benner, Johann Hermann: Die Herrnhuterey in ihrer Schalkheit. Bd. 2. Gießen, 1747.

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Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
noch niemal geäuserte Verwegenheit. Sie se-
tzen voraus, und nehmen vor bekant an, das
weltliche Reich Christi seye nun vest gestellet,
durch die Auferstehung und den Triumph ihres
Oberherren. Aber sie begehren nun nähere Nach-
richt davon. Sie wollen auch die Zeit und Stun-
de
wissen, wann es mit allen feierlichen Ceremo-
nien eintreten solle? Dieses kan der Heiland nicht
unbeantwortet lassen. Ihre Frage hat zwei
Stüke in sich. Die Zeit des Reichs, und das
Reich selber. Beides fertiget die Weisheit JE-
su, kurtz und nachdrücklich ab. Erstlich begeg-
net er den neuen Fürwitz, den sie dermahlen mit
der alten Blindheit verknüpfen. Sodann der
blinden Einbildung, die er schon manchesmal
mit Wehmuth bemerket hatte.

§. 22.

Demnach ist dieses der Inhalt seiner verweis-
lichen Antwort: "Daß ihr die Unbesonnenheit
"so weit gehen lasset, und sogar Zeit und Stunde
"bestimmet haben wollet; das ist bei dem Uber-
"bleibsel eurer jüdischen Blindheit vollends un-
"erträglich. Dann von solchen grosen Werken,
"wie ihr euch das erträumte Reich Israels einbil-
"det, gebührete allenfals keinem Menschen die
"Zeit und Stunde zu forschen: weil überhaupt
"die Ausführung groser Anstalten, dem göttli-
"chen Rath vorbehalten, und solange den Men-
"schen ein Geheimnis bleibet, als der alweise
"Vater es in sich selbst verborgen hält. Joh.
"2, 4. Am allerwenigsten schikt sich dieses Zeit-

"forschen

Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
noch niemal geaͤuſerte Verwegenheit. Sie ſe-
tzen voraus, und nehmen vor bekant an, das
weltliche Reich Chriſti ſeye nun veſt geſtellet,
durch die Auferſtehung und den Triumph ihres
Oberherren. Aber ſie begehren nun naͤhere Nach-
richt davon. Sie wollen auch die Zeit und Stun-
de
wiſſen, wann es mit allen feierlichen Ceremo-
nien eintreten ſolle? Dieſes kan der Heiland nicht
unbeantwortet laſſen. Ihre Frage hat zwei
Stuͤke in ſich. Die Zeit des Reichs, und das
Reich ſelber. Beides fertiget die Weisheit JE-
ſu, kurtz und nachdruͤcklich ab. Erſtlich begeg-
net er den neuen Fuͤrwitz, den ſie dermahlen mit
der alten Blindheit verknuͤpfen. Sodann der
blinden Einbildung, die er ſchon manchesmal
mit Wehmuth bemerket hatte.

§. 22.

Demnach iſt dieſes der Inhalt ſeiner verweis-
lichen Antwort: „Daß ihr die Unbeſonnenheit
„ſo weit gehen laſſet, und ſogar Zeit und Stunde
„beſtimmet haben wollet; das iſt bei dem Uber-
„bleibſel eurer juͤdiſchen Blindheit vollends un-
„ertraͤglich. Dann von ſolchen groſen Werken,
„wie ihr euch das ertraͤumte Reich Iſraels einbil-
„det, gebuͤhrete allenfals keinem Menſchen die
„Zeit und Stunde zu forſchen: weil uͤberhaupt
„die Ausfuͤhrung groſer Anſtalten, dem goͤttli-
„chen Rath vorbehalten, und ſolange den Men-
„ſchen ein Geheimnis bleibet, als der alweiſe
„Vater es in ſich ſelbſt verborgen haͤlt. Joh.
„2, 4. Am allerwenigſten ſchikt ſich dieſes Zeit-

„forſchen
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[26/0036] Herrnhuterey in ihrer Schalkheit noch niemal geaͤuſerte Verwegenheit. Sie ſe- tzen voraus, und nehmen vor bekant an, das weltliche Reich Chriſti ſeye nun veſt geſtellet, durch die Auferſtehung und den Triumph ihres Oberherren. Aber ſie begehren nun naͤhere Nach- richt davon. Sie wollen auch die Zeit und Stun- de wiſſen, wann es mit allen feierlichen Ceremo- nien eintreten ſolle? Dieſes kan der Heiland nicht unbeantwortet laſſen. Ihre Frage hat zwei Stuͤke in ſich. Die Zeit des Reichs, und das Reich ſelber. Beides fertiget die Weisheit JE- ſu, kurtz und nachdruͤcklich ab. Erſtlich begeg- net er den neuen Fuͤrwitz, den ſie dermahlen mit der alten Blindheit verknuͤpfen. Sodann der blinden Einbildung, die er ſchon manchesmal mit Wehmuth bemerket hatte. §. 22. Demnach iſt dieſes der Inhalt ſeiner verweis- lichen Antwort: „Daß ihr die Unbeſonnenheit „ſo weit gehen laſſet, und ſogar Zeit und Stunde „beſtimmet haben wollet; das iſt bei dem Uber- „bleibſel eurer juͤdiſchen Blindheit vollends un- „ertraͤglich. Dann von ſolchen groſen Werken, „wie ihr euch das ertraͤumte Reich Iſraels einbil- „det, gebuͤhrete allenfals keinem Menſchen die „Zeit und Stunde zu forſchen: weil uͤberhaupt „die Ausfuͤhrung groſer Anſtalten, dem goͤttli- „chen Rath vorbehalten, und ſolange den Men- „ſchen ein Geheimnis bleibet, als der alweiſe „Vater es in ſich ſelbſt verborgen haͤlt. Joh. „2, 4. Am allerwenigſten ſchikt ſich dieſes Zeit- „forſchen

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Zitationshilfe: Benner, Johann Hermann: Die Herrnhuterey in ihrer Schalkheit. Bd. 2. Gießen, 1747, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/benner_herrnhuterey02_1747/36>, abgerufen am 21.11.2024.