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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Behandlung schiffbrüchiger Ausländer.
europäischer und amerikanischer Fahrzeuge in den früher so einsamen
japanischen Gewässern musste die Aufmerksamkeit der Regierung
erwecken. Hunderte amerikanischer Wallfischfänger trieben sich in
jenen Meeren herum, und immer öfter wurden Schiffbrüchige an
die Küste geworfen. Um die Absperrung aufrecht zu erhalten hatte
die Regierung angeordnet, dass alle Schiffbrüchigen von den Be-
hörden festgenommen und unter Bedeckung nach Nangasaki ge-
schickt werden sollten, wo man ihnen bis zur Auslieferung ge-
wöhnlich eingezäunte Tempelgründe zum Wohnorte anwies. Sie
wurden mit Kleidung, Nahrung, Arzneien und allen anderen Bedürf-
nissen reichlich versehen, aber freilich am freien Verkehr mit der
Bevölkerung verhindert. Wo Schiffbrüchige schlecht behandelt
worden sind scheinen sie es selbst verschuldet zu haben; die Ja-
paner sind eine gesittete Nation, in deren Wesen es nicht liegt,
ohne Veranlassung Unglückliche zu kränken. Wenn rohe Matrosen
aus Erbitterung über die von dem Gesetze vorgeschriebene Be-
schränkung brutal und gewaltsam gegen die japanischen Beamten auf-
traten, so blieb diesen wohl nichts übrig, als Zwang zu gebrauchen
und sie gefangen zu setzen 171). Die Gefängnisse in Japan bestehen
aber in mehr oder minder geräumigen vergitterten Zellen, unter
denen man die kleineren wohl Käfige nennen kann, und es mag
vorgekommen sein, dass unbändige Matrosen, deren man nicht
Meister werden konnte, in solchen eingesperrt und auch wohl
transportirt worden sind. Dass sie zuweilen die ärgsten Excesse
begangen haben ist unzweifelhaft; entweihten doch z. B. die in
den Tempeln eingeschlossenen amerikanischen Matrosen dort die

171) Der Handelsvorsteher Levyssohn, der von 1845 bis 1850 in Desima und bei
allen Verhören der schiffbrüchigen Amerikaner und Engländer während dieser Zeit
gegenwärtig war, sagt darüber Folgendes: "Während meines Aufenthaltes in Japan,
wurden mir 550 Schiffbrüchige von der japanischen Regierung übergeben, und durch
mich ausgeliefert. Sie waren alle von der japanischen Regierung mit Lebensmitteln,
Kleidung und selbst mit ärztlicher Hülfe versehen, und nur solche, die sich wider-
spänstig zeigten, mit Gefängniss bestraft worden. Die übrigen wurden in Tempeln,
gleich den Niederländern auf Desima eingeschlossen, die Tempelhöfe umpfählt, um
den Zulauf von Neugierigen abzuhalten und Ruhestörungen zu vermeiden. Ich kann
nicht glauben, und mir ist so etwas nicht bekannt geworden, dass japanische
Matrosen noch in Japan gefangen gehalten, noch weniger, dass solche in Käfigen
im Lande herumgeführt werden." S. Levyssohn: Bladen over Japan. Haag 1852. --
v. Siebold: Urkundliche Darstellung der Bestrebungen von Niederland und Russland
zur Eröffnung Japans. Bonn 1854.

Behandlung schiffbrüchiger Ausländer.
europäischer und amerikanischer Fahrzeuge in den früher so einsamen
japanischen Gewässern musste die Aufmerksamkeit der Regierung
erwecken. Hunderte amerikanischer Wallfischfänger trieben sich in
jenen Meeren herum, und immer öfter wurden Schiffbrüchige an
die Küste geworfen. Um die Absperrung aufrecht zu erhalten hatte
die Regierung angeordnet, dass alle Schiffbrüchigen von den Be-
hörden festgenommen und unter Bedeckung nach Naṅgasaki ge-
schickt werden sollten, wo man ihnen bis zur Auslieferung ge-
wöhnlich eingezäunte Tempelgründe zum Wohnorte anwies. Sie
wurden mit Kleidung, Nahrung, Arzneien und allen anderen Bedürf-
nissen reichlich versehen, aber freilich am freien Verkehr mit der
Bevölkerung verhindert. Wo Schiffbrüchige schlecht behandelt
worden sind scheinen sie es selbst verschuldet zu haben; die Ja-
paner sind eine gesittete Nation, in deren Wesen es nicht liegt,
ohne Veranlassung Unglückliche zu kränken. Wenn rohe Matrosen
aus Erbitterung über die von dem Gesetze vorgeschriebene Be-
schränkung brutal und gewaltsam gegen die japanischen Beamten auf-
traten, so blieb diesen wohl nichts übrig, als Zwang zu gebrauchen
und sie gefangen zu setzen 171). Die Gefängnisse in Japan bestehen
aber in mehr oder minder geräumigen vergitterten Zellen, unter
denen man die kleineren wohl Käfige nennen kann, und es mag
vorgekommen sein, dass unbändige Matrosen, deren man nicht
Meister werden konnte, in solchen eingesperrt und auch wohl
transportirt worden sind. Dass sie zuweilen die ärgsten Excesse
begangen haben ist unzweifelhaft; entweihten doch z. B. die in
den Tempeln eingeschlossenen amerikanischen Matrosen dort die

171) Der Handelsvorsteher Levyssohn, der von 1845 bis 1850 in Desima und bei
allen Verhören der schiffbrüchigen Amerikaner und Engländer während dieser Zeit
gegenwärtig war, sagt darüber Folgendes: »Während meines Aufenthaltes in Japan,
wurden mir 550 Schiffbrüchige von der japanischen Regierung übergeben, und durch
mich ausgeliefert. Sie waren alle von der japanischen Regierung mit Lebensmitteln,
Kleidung und selbst mit ärztlicher Hülfe versehen, und nur solche, die sich wider-
spänstig zeigten, mit Gefängniss bestraft worden. Die übrigen wurden in Tempeln,
gleich den Niederländern auf Desima eingeschlossen, die Tempelhöfe umpfählt, um
den Zulauf von Neugierigen abzuhalten und Ruhestörungen zu vermeiden. Ich kann
nicht glauben, und mir ist so etwas nicht bekannt geworden, dass japanische
Matrosen noch in Japan gefangen gehalten, noch weniger, dass solche in Käfigen
im Lande herumgeführt werden.« S. Levyssohn: Bladen over Japan. Haag 1852. —
v. Siebold: Urkundliche Darstellung der Bestrebungen von Niederland und Russland
zur Eröffnung Japans. Bonn 1854.
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[169/0199] Behandlung schiffbrüchiger Ausländer. europäischer und amerikanischer Fahrzeuge in den früher so einsamen japanischen Gewässern musste die Aufmerksamkeit der Regierung erwecken. Hunderte amerikanischer Wallfischfänger trieben sich in jenen Meeren herum, und immer öfter wurden Schiffbrüchige an die Küste geworfen. Um die Absperrung aufrecht zu erhalten hatte die Regierung angeordnet, dass alle Schiffbrüchigen von den Be- hörden festgenommen und unter Bedeckung nach Naṅgasaki ge- schickt werden sollten, wo man ihnen bis zur Auslieferung ge- wöhnlich eingezäunte Tempelgründe zum Wohnorte anwies. Sie wurden mit Kleidung, Nahrung, Arzneien und allen anderen Bedürf- nissen reichlich versehen, aber freilich am freien Verkehr mit der Bevölkerung verhindert. Wo Schiffbrüchige schlecht behandelt worden sind scheinen sie es selbst verschuldet zu haben; die Ja- paner sind eine gesittete Nation, in deren Wesen es nicht liegt, ohne Veranlassung Unglückliche zu kränken. Wenn rohe Matrosen aus Erbitterung über die von dem Gesetze vorgeschriebene Be- schränkung brutal und gewaltsam gegen die japanischen Beamten auf- traten, so blieb diesen wohl nichts übrig, als Zwang zu gebrauchen und sie gefangen zu setzen 171). Die Gefängnisse in Japan bestehen aber in mehr oder minder geräumigen vergitterten Zellen, unter denen man die kleineren wohl Käfige nennen kann, und es mag vorgekommen sein, dass unbändige Matrosen, deren man nicht Meister werden konnte, in solchen eingesperrt und auch wohl transportirt worden sind. Dass sie zuweilen die ärgsten Excesse begangen haben ist unzweifelhaft; entweihten doch z. B. die in den Tempeln eingeschlossenen amerikanischen Matrosen dort die 171) Der Handelsvorsteher Levyssohn, der von 1845 bis 1850 in Desima und bei allen Verhören der schiffbrüchigen Amerikaner und Engländer während dieser Zeit gegenwärtig war, sagt darüber Folgendes: »Während meines Aufenthaltes in Japan, wurden mir 550 Schiffbrüchige von der japanischen Regierung übergeben, und durch mich ausgeliefert. Sie waren alle von der japanischen Regierung mit Lebensmitteln, Kleidung und selbst mit ärztlicher Hülfe versehen, und nur solche, die sich wider- spänstig zeigten, mit Gefängniss bestraft worden. Die übrigen wurden in Tempeln, gleich den Niederländern auf Desima eingeschlossen, die Tempelhöfe umpfählt, um den Zulauf von Neugierigen abzuhalten und Ruhestörungen zu vermeiden. Ich kann nicht glauben, und mir ist so etwas nicht bekannt geworden, dass japanische Matrosen noch in Japan gefangen gehalten, noch weniger, dass solche in Käfigen im Lande herumgeführt werden.« S. Levyssohn: Bladen over Japan. Haag 1852. — v. Siebold: Urkundliche Darstellung der Bestrebungen von Niederland und Russland zur Eröffnung Japans. Bonn 1854.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/199>, abgerufen am 27.11.2024.