zum Feuern bereit sahen. -- Die anderen Dschunken gingen aus dem Wege, als sie ihre Täuschung bemerkten.
Die Aufregung im Schiffe hatte sich kaum gelegt und wir segelten bei leichter Brise im Angesicht des chinesischen Festlandes hin, als Nachmittags um zwei eine englische Brig bemerkt wurde, welche ihren Cours ändernd auf die Thetis loshielt, und durch Signale anfragte, ob man ihr etwas Pulver geben könne. Capitän Jachmann antwortete bejahend und liess die Fregatte beidrehen; binnen einer Stunde lag die Brig neben ihr, und der Steuermann kam an Bord. Er war am Morgen desselben Tages von vier Piratendschunken angegriffen worden, welche sich noch in Sicht befanden; zwei segelten ganz in der Nähe. Sie hatten ein Boot nach der Brig gesandt mit dem Vorgeben, Reis verkaufen zu wollen; einige Säcke werden an Bord gebracht, aber beim Oeffnen findet sich Sand darin. Unterdessen zünden die Chinesen Stinkkugeln an und dringen auf die Mannschaft ein, werden aber geworfen und verlieren mehrere Leute. Die Engländer hatten dabei ihr weniges Pulver verschossen und waren in grosser Verlegenheit, da die Strasse von Corsaren wimmelte. Capitän Jachmann gab ihnen ein Fässchen und liess, indem sie von Bord gingen, Generalmarsch schlagen. Die Brig nahm südlichen Cours; die Thetis aber wandte ihren Bug gegen die beiden nächsten Piraten und suchte ihnen auf- zulaufen. Der Wind stand aus Osten. Die Dschunken lagen in Lee südwestlich auf die Küste von China los; ihre Verdecke wim- melten von Menschen, bis die erste Kugel über ihre Köpfe sauste. Von dem Augenblick an war keine Seele mehr an Bord zu sehen, selbst die Steuerleute müssen versteckt gesessen haben. Leider war die Entfernung zu gross und der Zielpunct zu klein um sicher schiessen zu können, -- die Kugeln schlugen meistens dicht davor oder dahinter in das Meer, nur eine, die Lieutenant Butterlin rich- tete, fuhr durch das Hauptsegel der einen Dschunke, ohne sie sonst zu beschädigen.
Die Fortsetzung dieser Jagd hätte die Thetis allzuweit aus ihrem Course gebracht, und da wir bei der schwachen Brise wenig Raum gewannen, so beschloss der Commandant, diese Beute auf- zugeben und den beiden grösseren Piratendschunken nachzusetzen, die freilich entfernter, aber nördlich in der Richtung unseres Courses segelten. Der Wind war in dem Augenblicke günstig und schien frischer werden zu wollen, doch lief die Fregatte den Dschunken,
II. Piratenjagd.
zum Feuern bereit sahen. — Die anderen Dschunken gingen aus dem Wege, als sie ihre Täuschung bemerkten.
Die Aufregung im Schiffe hatte sich kaum gelegt und wir segelten bei leichter Brise im Angesicht des chinesischen Festlandes hin, als Nachmittags um zwei eine englische Brig bemerkt wurde, welche ihren Cours ändernd auf die Thetis loshielt, und durch Signale anfragte, ob man ihr etwas Pulver geben könne. Capitän Jachmann antwortete bejahend und liess die Fregatte beidrehen; binnen einer Stunde lag die Brig neben ihr, und der Steuermann kam an Bord. Er war am Morgen desselben Tages von vier Piratendschunken angegriffen worden, welche sich noch in Sicht befanden; zwei segelten ganz in der Nähe. Sie hatten ein Boot nach der Brig gesandt mit dem Vorgeben, Reis verkaufen zu wollen; einige Säcke werden an Bord gebracht, aber beim Oeffnen findet sich Sand darin. Unterdessen zünden die Chinesen Stinkkugeln an und dringen auf die Mannschaft ein, werden aber geworfen und verlieren mehrere Leute. Die Engländer hatten dabei ihr weniges Pulver verschossen und waren in grosser Verlegenheit, da die Strasse von Corsaren wimmelte. Capitän Jachmann gab ihnen ein Fässchen und liess, indem sie von Bord gingen, Generalmarsch schlagen. Die Brig nahm südlichen Cours; die Thetis aber wandte ihren Bug gegen die beiden nächsten Piraten und suchte ihnen auf- zulaufen. Der Wind stand aus Osten. Die Dschunken lagen in Lee südwestlich auf die Küste von China los; ihre Verdecke wim- melten von Menschen, bis die erste Kugel über ihre Köpfe sauste. Von dem Augenblick an war keine Seele mehr an Bord zu sehen, selbst die Steuerleute müssen versteckt gesessen haben. Leider war die Entfernung zu gross und der Zielpunct zu klein um sicher schiessen zu können, — die Kugeln schlugen meistens dicht davor oder dahinter in das Meer, nur eine, die Lieutenant Butterlin rich- tete, fuhr durch das Hauptsegel der einen Dschunke, ohne sie sonst zu beschädigen.
Die Fortsetzung dieser Jagd hätte die Thetis allzuweit aus ihrem Course gebracht, und da wir bei der schwachen Brise wenig Raum gewannen, so beschloss der Commandant, diese Beute auf- zugeben und den beiden grösseren Piratendschunken nachzusetzen, die freilich entfernter, aber nördlich in der Richtung unseres Courses segelten. Der Wind war in dem Augenblicke günstig und schien frischer werden zu wollen, doch lief die Fregatte den Dschunken,
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II. Piratenjagd.
zum Feuern bereit sahen. — Die anderen Dschunken gingen aus dem
Wege, als sie ihre Täuschung bemerkten.
Die Aufregung im Schiffe hatte sich kaum gelegt und wir
segelten bei leichter Brise im Angesicht des chinesischen Festlandes
hin, als Nachmittags um zwei eine englische Brig bemerkt wurde,
welche ihren Cours ändernd auf die Thetis loshielt, und durch
Signale anfragte, ob man ihr etwas Pulver geben könne. Capitän
Jachmann antwortete bejahend und liess die Fregatte beidrehen;
binnen einer Stunde lag die Brig neben ihr, und der Steuermann
kam an Bord. Er war am Morgen desselben Tages von vier
Piratendschunken angegriffen worden, welche sich noch in Sicht
befanden; zwei segelten ganz in der Nähe. Sie hatten ein Boot
nach der Brig gesandt mit dem Vorgeben, Reis verkaufen zu wollen;
einige Säcke werden an Bord gebracht, aber beim Oeffnen findet
sich Sand darin. Unterdessen zünden die Chinesen Stinkkugeln an
und dringen auf die Mannschaft ein, werden aber geworfen und
verlieren mehrere Leute. Die Engländer hatten dabei ihr weniges
Pulver verschossen und waren in grosser Verlegenheit, da die
Strasse von Corsaren wimmelte. Capitän Jachmann gab ihnen ein
Fässchen und liess, indem sie von Bord gingen, Generalmarsch
schlagen. Die Brig nahm südlichen Cours; die Thetis aber wandte
ihren Bug gegen die beiden nächsten Piraten und suchte ihnen auf-
zulaufen. Der Wind stand aus Osten. Die Dschunken lagen in
Lee südwestlich auf die Küste von China los; ihre Verdecke wim-
melten von Menschen, bis die erste Kugel über ihre Köpfe sauste.
Von dem Augenblick an war keine Seele mehr an Bord zu sehen,
selbst die Steuerleute müssen versteckt gesessen haben. Leider
war die Entfernung zu gross und der Zielpunct zu klein um sicher
schiessen zu können, — die Kugeln schlugen meistens dicht davor
oder dahinter in das Meer, nur eine, die Lieutenant Butterlin rich-
tete, fuhr durch das Hauptsegel der einen Dschunke, ohne sie sonst
zu beschädigen.
Die Fortsetzung dieser Jagd hätte die Thetis allzuweit aus
ihrem Course gebracht, und da wir bei der schwachen Brise wenig
Raum gewannen, so beschloss der Commandant, diese Beute auf-
zugeben und den beiden grösseren Piratendschunken nachzusetzen,
die freilich entfernter, aber nördlich in der Richtung unseres Courses
segelten. Der Wind war in dem Augenblicke günstig und schien
frischer werden zu wollen, doch lief die Fregatte den Dschunken,
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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/267>, abgerufen am 24.11.2024.
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