[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.Das eigentliche Japan. hervorbringt. Die Küsten sind bergig und steil; unzählige Klippen,Felsen und Riffe, reissende Strömungen und Fluthen, ungestüme wechselnde Winde machen die Schiffahrt gefährlich. Das Binnen- meer3), welches die beiden grossen Heerstrassen von Kiusiu und Sikok nach der Hauptstadt queer durchschneiden, befahren tausende von Dschunken; bei Tage wimmeln diese Gewässer von Segeln, bei Nacht suchen alle Schutz in den gastlichen Häfen und Buchten, denn von den hohen Küsten und aus engen Thalschlünden stürzen oft heftige Böen verderbenbringend herab. Die Reisenden schildern die Schön- heit dieser Meere in glühenden Farben: hier ein stiller Landsee, dort schmale Sunde, durch welche sich die Gewässer in tosender Brandung drängen; die Ufer bald schroffe Felsen, von denen rauschende Giessbäche herabstürzen, bald angebaute sanfte Bergeshänge. Aus immergrünen Hainen ragen fürstliche Schlösser, und hohe Tempel krönen die Vorgebirge; landeinwärts aber gewahrt man mächtige Gebirgsmassen mit zackig zerrissenen Gipfeln und schneegefüllten Schluchten. Die grösste Insel des Binnenmeeres heisst Awadsi. Nord- 3) Das Binnenmeer wird eingetheilt in die Suwo-, Misima- und Farima-nada, Seen von Suwo u. s. w. Es enthält über tausend Inseln. 4) Der Klang der japanischen Sprache kann durch die Schrift nur annähernd aus-
gedrückt werden, weil sie manche Laute hat, welche das europäische Ohr nicht kennt. Die japanischen Silbenschriften selbst geben die Aussprache nur sehr unvollkommen: man muss bald Vocale verschlucken, bald Consonanten einschieben, um das Ge- schriebene richtig zu lesen. So schreibt der Japaner Sado, Firado, Nagasaki, Amakusa, und spricht Sando, Firando, Nangasaki, Amaksa. Der Grund liegt theils in der Unzulänglichkeit der Silbenalphabete, theils im Sprachgebrauch: oft wird eine ganze Silbe geschrieben, um nur einen Buchstaben auszudrücken, wie in dem Worte Ataksi (ich) das Wa-ta-ku-si buchstabirt wird. -- Dem Vorschlage des Herrn Professor Hoffmann in Leyden nachzukommen, die Worte so zu schreiben wie die japanische Silbenschrift sie ausdrückt, kann sich der Verfasser nicht ent- schliessen, so richtig dieser Grundsatz für wissenschaftliche philologische Werke auch ist. Der Leser würde sich aus dieser Schreibeweise keinen Begriff von dem Klang der japanischen Worte und Namen machen können. Diese sind daher möglichst genau so wiedergegeben, wie sie im Munde der Japaner lauten. -- Bei Ausdrücken, die er nicht selbst gehört hat, folgt der Verfasser der Autorität der Herren Professor Hoffmann in Leyden und Leon de Rosny in Paris, und den von Ersterem in seiner japanischen Grammatik gegebenen Regeln und Vorschriften. Die Japaner haben Das eigentliche Japan. hervorbringt. Die Küsten sind bergig und steil; unzählige Klippen,Felsen und Riffe, reissende Strömungen und Fluthen, ungestüme wechselnde Winde machen die Schiffahrt gefährlich. Das Binnen- meer3), welches die beiden grossen Heerstrassen von Kiusiu und Sikok nach der Hauptstadt queer durchschneiden, befahren tausende von Dschunken; bei Tage wimmeln diese Gewässer von Segeln, bei Nacht suchen alle Schutz in den gastlichen Häfen und Buchten, denn von den hohen Küsten und aus engen Thalschlünden stürzen oft heftige Böen verderbenbringend herab. Die Reisenden schildern die Schön- heit dieser Meere in glühenden Farben: hier ein stiller Landsee, dort schmale Sunde, durch welche sich die Gewässer in tosender Brandung drängen; die Ufer bald schroffe Felsen, von denen rauschende Giessbäche herabstürzen, bald angebaute sanfte Bergeshänge. Aus immergrünen Hainen ragen fürstliche Schlösser, und hohe Tempel krönen die Vorgebirge; landeinwärts aber gewahrt man mächtige Gebirgsmassen mit zackig zerrissenen Gipfeln und schneegefüllten Schluchten. Die grösste Insel des Binnenmeeres heisst Awadsi. Nord- 3) Das Binnenmeer wird eingetheilt in die Suwo-, Misima- und Farima-nada, Seen von Suwo u. s. w. Es enthält über tausend Inseln. 4) Der Klang der japanischen Sprache kann durch die Schrift nur annähernd aus-
gedrückt werden, weil sie manche Laute hat, welche das europäische Ohr nicht kennt. Die japanischen Silbenschriften selbst geben die Aussprache nur sehr unvollkommen: man muss bald Vocale verschlucken, bald Consonanten einschieben, um das Ge- schriebene richtig zu lesen. So schreibt der Japaner Sado, Firado, Nagasaki, Amakusa, und spricht Sando, Firando, Nangasaki, Amaksa. Der Grund liegt theils in der Unzulänglichkeit der Silbenalphabete, theils im Sprachgebrauch: oft wird eine ganze Silbe geschrieben, um nur einen Buchstaben auszudrücken, wie in dem Worte Ataksi (ich) das Wa-ta-kŭ-si buchstabirt wird. — Dem Vorschlage des Herrn Professor Hoffmann in Leyden nachzukommen, die Worte so zu schreiben wie die japanische Silbenschrift sie ausdrückt, kann sich der Verfasser nicht ent- schliessen, so richtig dieser Grundsatz für wissenschaftliche philologische Werke auch ist. Der Leser würde sich aus dieser Schreibeweise keinen Begriff von dem Klang der japanischen Worte und Namen machen können. Diese sind daher möglichst genau so wiedergegeben, wie sie im Munde der Japaner lauten. — Bei Ausdrücken, die er nicht selbst gehört hat, folgt der Verfasser der Autorität der Herren Professor Hoffmann in Leyden und Léon de Rosny in Paris, und den von Ersterem in seiner japanischen Grammatik gegebenen Regeln und Vorschriften. Die Japaner haben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0036" n="6"/><fw place="top" type="header">Das eigentliche <placeName>Japan</placeName>.</fw><lb/> hervorbringt. Die Küsten sind bergig und steil; unzählige Klippen,<lb/> Felsen und Riffe, reissende Strömungen und Fluthen, ungestüme<lb/> wechselnde Winde machen die Schiffahrt gefährlich. 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Das eigentliche Japan.
hervorbringt. Die Küsten sind bergig und steil; unzählige Klippen,
Felsen und Riffe, reissende Strömungen und Fluthen, ungestüme
wechselnde Winde machen die Schiffahrt gefährlich. Das Binnen-
meer 3), welches die beiden grossen Heerstrassen von Kiusiu und Sikok
nach der Hauptstadt queer durchschneiden, befahren tausende von
Dschunken; bei Tage wimmeln diese Gewässer von Segeln, bei Nacht
suchen alle Schutz in den gastlichen Häfen und Buchten, denn von
den hohen Küsten und aus engen Thalschlünden stürzen oft heftige
Böen verderbenbringend herab. Die Reisenden schildern die Schön-
heit dieser Meere in glühenden Farben: hier ein stiller Landsee, dort
schmale Sunde, durch welche sich die Gewässer in tosender Brandung
drängen; die Ufer bald schroffe Felsen, von denen rauschende
Giessbäche herabstürzen, bald angebaute sanfte Bergeshänge. Aus
immergrünen Hainen ragen fürstliche Schlösser, und hohe Tempel
krönen die Vorgebirge; landeinwärts aber gewahrt man mächtige
Gebirgsmassen mit zackig zerrissenen Gipfeln und schneegefüllten
Schluchten.
Die grösste Insel des Binnenmeeres heisst Awadsi. Nord-
westlich von Nippon liegen Sando und Oki, westlich und süd-
lich von Kiusiu die Gruppe der Gotto-Inseln, Firando, Amaksa,
Tanegasima 4); viele kleinere sind rings um die Küsten zerstreut.
3) Das Binnenmeer wird eingetheilt in die Suwo-, Misima- und Farima-nada,
Seen von Suwo u. s. w. Es enthält über tausend Inseln.
4) Der Klang der japanischen Sprache kann durch die Schrift nur annähernd aus-
gedrückt werden, weil sie manche Laute hat, welche das europäische Ohr nicht kennt.
Die japanischen Silbenschriften selbst geben die Aussprache nur sehr unvollkommen:
man muss bald Vocale verschlucken, bald Consonanten einschieben, um das Ge-
schriebene richtig zu lesen. So schreibt der Japaner Sado, Firado, Nagasaki,
Amakusa, und spricht Sando, Firando, Nangasaki, Amaksa. Der Grund liegt
theils in der Unzulänglichkeit der Silbenalphabete, theils im Sprachgebrauch: oft
wird eine ganze Silbe geschrieben, um nur einen Buchstaben auszudrücken, wie in
dem Worte Ataksi (ich) das Wa-ta-kŭ-si buchstabirt wird. — Dem Vorschlage
des Herrn Professor Hoffmann in Leyden nachzukommen, die Worte so zu schreiben
wie die japanische Silbenschrift sie ausdrückt, kann sich der Verfasser nicht ent-
schliessen, so richtig dieser Grundsatz für wissenschaftliche philologische Werke
auch ist. Der Leser würde sich aus dieser Schreibeweise keinen Begriff von dem
Klang der japanischen Worte und Namen machen können. Diese sind daher möglichst
genau so wiedergegeben, wie sie im Munde der Japaner lauten. — Bei Ausdrücken,
die er nicht selbst gehört hat, folgt der Verfasser der Autorität der Herren Professor
Hoffmann in Leyden und Léon de Rosny in Paris, und den von Ersterem in seiner
japanischen Grammatik gegebenen Regeln und Vorschriften. Die Japaner haben
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