Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

Bild:
<< vorherige Seite

Unterredungen mit den Bunyo's. V.
ein Freundschaftsverhältniss mit jener fünften suchen wolle. Der
Antrag werde demgemäss gemacht, aber zurückgewiesen, -- ob das
nicht eine offenbare Kränkung, eine Beleidigung auch für die an-
deren Freunde sei? -- Die vier Personen stellten Amerika, Eng-
land
, Frankreich, Russland vor, die fünfte Japan, die sechste
Preussen u. s. w. Dieses Gleichniss nahmen die Bunyo's jetzt wieder
auf und behandelten es mit ausschweifender Breite während einer
ganzen Stunde. Sie gaben dem Gesandten Recht, so wie er es
hingestellt habe; wenn aber die fünfte Person krank sei und die
sechste wissen lasse, sie könne sie vor der Hand nicht empfangen,
ihr Besuch und nähere Bekanntschaft werde aber erwünscht und
angenehm sein, sobald sie wieder genesen, -- dann verlöre die
Zurückweisung alles Beleidigende, und die sechste Person würde
grausam sein, wenn sie die fünfte in ihrer Krankheit belästigte und
ihr Schaden brächte um sich Eingang zu verschaffen. Der Gesandte
erwiederte scherzhaft, die fünfte Person scheine nach ihrer Auffassung
durch den Umgang der vier anderen krank geworden, und ob ihm
wohl gestattet sei den Gesandten der Vertragsmächte mitzutheilen,
dass Japan sich durch ihre Berührung angesteckt glaube; dagegen
remonstrirten sie lebhaft, "die Krankheit Japans habe sich nicht
durch Ansteckung, sondern aus seinem Inneren entwickelt, sei aber
deshalb nicht minder bedenklich".

Die ganze Unterredung blieb ohne Resultat, und da die
Bunyo's nur des Ministers Werkzeuge und ihre Ueberzeugungen in
der Sache von gar keinem Gewicht waren, so beschloss der Ge-
sandte sich weiter keine Mühe mit ihnen zu geben, und erklärte,
zwar ihren Besuch zu jeder Zeit gern empfangen, über geschäftliche
Dinge aber nicht mehr mit ihnen reden zu wollen, bis sie mit Voll-
machten zu den Vertragsverhandlungen versehen wären; es sei eine
neue Besprechung mit dem Minister nothwendig. Die Bunyo's ver-
sprachen nach den gewöhnlichen Redensarten, -- dass ihr Chef
sehr beschäftigt und dass in den nächsten Tagen wieder ein Fest
sei, -- dem Minister Vortrag halten und die Botschaft des Gesandten
überbringen zu wollen. -- Sie griffen, sichtlich vergnügt dass die
geschäftliche Unterredung beendet war, zum Champagnerglase und
Gebäck, von welchem wieder ein Theil in ihre Aermel wanderte.
Besonders der gute Sakai strich sich behaglich den Bauch und
that viele neugierige Fragen nach unseren Vornamen, unserem Alter.
Den Namen Bunsen aussprechend meinten sie lachend, so hiessen

Unterredungen mit den Bunyo’s. V.
ein Freundschaftsverhältniss mit jener fünften suchen wolle. Der
Antrag werde demgemäss gemacht, aber zurückgewiesen, — ob das
nicht eine offenbare Kränkung, eine Beleidigung auch für die an-
deren Freunde sei? — Die vier Personen stellten Amerika, Eng-
land
, Frankreich, Russland vor, die fünfte Japan, die sechste
Preussen u. s. w. Dieses Gleichniss nahmen die Bunyo’s jetzt wieder
auf und behandelten es mit ausschweifender Breite während einer
ganzen Stunde. Sie gaben dem Gesandten Recht, so wie er es
hingestellt habe; wenn aber die fünfte Person krank sei und die
sechste wissen lasse, sie könne sie vor der Hand nicht empfangen,
ihr Besuch und nähere Bekanntschaft werde aber erwünscht und
angenehm sein, sobald sie wieder genesen, — dann verlöre die
Zurückweisung alles Beleidigende, und die sechste Person würde
grausam sein, wenn sie die fünfte in ihrer Krankheit belästigte und
ihr Schaden brächte um sich Eingang zu verschaffen. Der Gesandte
erwiederte scherzhaft, die fünfte Person scheine nach ihrer Auffassung
durch den Umgang der vier anderen krank geworden, und ob ihm
wohl gestattet sei den Gesandten der Vertragsmächte mitzutheilen,
dass Japan sich durch ihre Berührung angesteckt glaube; dagegen
remonstrirten sie lebhaft, »die Krankheit Japans habe sich nicht
durch Ansteckung, sondern aus seinem Inneren entwickelt, sei aber
deshalb nicht minder bedenklich«.

Die ganze Unterredung blieb ohne Resultat, und da die
Bunyo’s nur des Ministers Werkzeuge und ihre Ueberzeugungen in
der Sache von gar keinem Gewicht waren, so beschloss der Ge-
sandte sich weiter keine Mühe mit ihnen zu geben, und erklärte,
zwar ihren Besuch zu jeder Zeit gern empfangen, über geschäftliche
Dinge aber nicht mehr mit ihnen reden zu wollen, bis sie mit Voll-
machten zu den Vertragsverhandlungen versehen wären; es sei eine
neue Besprechung mit dem Minister nothwendig. Die Bunyo’s ver-
sprachen nach den gewöhnlichen Redensarten, — dass ihr Chef
sehr beschäftigt und dass in den nächsten Tagen wieder ein Fest
sei, — dem Minister Vortrag halten und die Botschaft des Gesandten
überbringen zu wollen. — Sie griffen, sichtlich vergnügt dass die
geschäftliche Unterredung beendet war, zum Champagnerglase und
Gebäck, von welchem wieder ein Theil in ihre Aermel wanderte.
Besonders der gute Sakaï strich sich behaglich den Bauch und
that viele neugierige Fragen nach unseren Vornamen, unserem Alter.
Den Namen Bunsen aussprechend meinten sie lachend, so hiessen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0378" n="348"/><fw place="top" type="header">Unterredungen mit den <hi rendition="#k">Bunyo</hi>&#x2019;s. V.</fw><lb/>
ein Freundschaftsverhältniss mit jener fünften suchen wolle. Der<lb/>
Antrag werde demgemäss gemacht, aber zurückgewiesen, &#x2014; ob das<lb/>
nicht eine offenbare Kränkung, eine Beleidigung auch für die an-<lb/>
deren Freunde sei? &#x2014; Die vier Personen stellten <placeName>Amerika</placeName>, <placeName>Eng-<lb/>
land</placeName>, <placeName>Frankreich</placeName>, <placeName>Russland</placeName> vor, die fünfte <placeName>Japan</placeName>, die sechste<lb/><placeName>Preussen</placeName> u. s. w. Dieses Gleichniss nahmen die <hi rendition="#k">Bunyo</hi>&#x2019;s jetzt wieder<lb/>
auf und behandelten es mit ausschweifender Breite während einer<lb/>
ganzen Stunde. Sie gaben dem Gesandten Recht, so wie er es<lb/>
hingestellt habe; wenn aber die fünfte Person krank sei und die<lb/>
sechste wissen lasse, sie könne sie vor der Hand nicht empfangen,<lb/>
ihr Besuch und nähere Bekanntschaft werde aber erwünscht und<lb/>
angenehm sein, sobald sie wieder genesen, &#x2014; dann verlöre die<lb/>
Zurückweisung alles Beleidigende, und die sechste Person würde<lb/>
grausam sein, wenn sie die fünfte in ihrer Krankheit belästigte und<lb/>
ihr Schaden brächte um sich Eingang zu verschaffen. Der Gesandte<lb/>
erwiederte scherzhaft, die fünfte Person scheine nach ihrer Auffassung<lb/>
durch den Umgang der vier anderen krank geworden, und ob ihm<lb/>
wohl gestattet sei den Gesandten der Vertragsmächte mitzutheilen,<lb/>
dass <placeName>Japan</placeName> sich durch ihre Berührung angesteckt glaube; dagegen<lb/>
remonstrirten sie lebhaft, »die Krankheit <placeName>Japans</placeName> habe sich nicht<lb/>
durch Ansteckung, sondern aus seinem Inneren entwickelt, sei aber<lb/>
deshalb nicht minder bedenklich«.</p><lb/>
          <p>Die ganze Unterredung blieb ohne Resultat, und da die<lb/><hi rendition="#k">Bunyo</hi>&#x2019;s nur des Ministers Werkzeuge und ihre Ueberzeugungen in<lb/>
der Sache von gar keinem Gewicht waren, so beschloss der Ge-<lb/>
sandte sich weiter keine Mühe mit ihnen zu geben, und erklärte,<lb/>
zwar ihren Besuch zu jeder Zeit gern empfangen, über geschäftliche<lb/>
Dinge aber nicht mehr mit ihnen reden zu wollen, bis sie mit Voll-<lb/>
machten zu den Vertragsverhandlungen versehen wären; es sei eine<lb/>
neue Besprechung mit dem Minister nothwendig. Die <hi rendition="#k">Bunyo</hi>&#x2019;s ver-<lb/>
sprachen nach den gewöhnlichen Redensarten, &#x2014; dass ihr Chef<lb/>
sehr beschäftigt und dass in den nächsten Tagen wieder ein Fest<lb/>
sei, &#x2014; dem Minister Vortrag halten und die Botschaft des Gesandten<lb/>
überbringen zu wollen. &#x2014; Sie griffen, sichtlich vergnügt dass die<lb/>
geschäftliche Unterredung beendet war, zum Champagnerglase und<lb/>
Gebäck, von welchem wieder ein Theil in ihre Aermel wanderte.<lb/>
Besonders der gute <hi rendition="#k"><persName ref="nognd">Sakaï</persName></hi> strich sich behaglich den Bauch und<lb/>
that viele neugierige Fragen nach unseren Vornamen, unserem Alter.<lb/>
Den Namen <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118668005">Bunsen</persName> aussprechend meinten sie lachend, so hiessen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[348/0378] Unterredungen mit den Bunyo’s. V. ein Freundschaftsverhältniss mit jener fünften suchen wolle. Der Antrag werde demgemäss gemacht, aber zurückgewiesen, — ob das nicht eine offenbare Kränkung, eine Beleidigung auch für die an- deren Freunde sei? — Die vier Personen stellten Amerika, Eng- land, Frankreich, Russland vor, die fünfte Japan, die sechste Preussen u. s. w. Dieses Gleichniss nahmen die Bunyo’s jetzt wieder auf und behandelten es mit ausschweifender Breite während einer ganzen Stunde. Sie gaben dem Gesandten Recht, so wie er es hingestellt habe; wenn aber die fünfte Person krank sei und die sechste wissen lasse, sie könne sie vor der Hand nicht empfangen, ihr Besuch und nähere Bekanntschaft werde aber erwünscht und angenehm sein, sobald sie wieder genesen, — dann verlöre die Zurückweisung alles Beleidigende, und die sechste Person würde grausam sein, wenn sie die fünfte in ihrer Krankheit belästigte und ihr Schaden brächte um sich Eingang zu verschaffen. Der Gesandte erwiederte scherzhaft, die fünfte Person scheine nach ihrer Auffassung durch den Umgang der vier anderen krank geworden, und ob ihm wohl gestattet sei den Gesandten der Vertragsmächte mitzutheilen, dass Japan sich durch ihre Berührung angesteckt glaube; dagegen remonstrirten sie lebhaft, »die Krankheit Japans habe sich nicht durch Ansteckung, sondern aus seinem Inneren entwickelt, sei aber deshalb nicht minder bedenklich«. Die ganze Unterredung blieb ohne Resultat, und da die Bunyo’s nur des Ministers Werkzeuge und ihre Ueberzeugungen in der Sache von gar keinem Gewicht waren, so beschloss der Ge- sandte sich weiter keine Mühe mit ihnen zu geben, und erklärte, zwar ihren Besuch zu jeder Zeit gern empfangen, über geschäftliche Dinge aber nicht mehr mit ihnen reden zu wollen, bis sie mit Voll- machten zu den Vertragsverhandlungen versehen wären; es sei eine neue Besprechung mit dem Minister nothwendig. Die Bunyo’s ver- sprachen nach den gewöhnlichen Redensarten, — dass ihr Chef sehr beschäftigt und dass in den nächsten Tagen wieder ein Fest sei, — dem Minister Vortrag halten und die Botschaft des Gesandten überbringen zu wollen. — Sie griffen, sichtlich vergnügt dass die geschäftliche Unterredung beendet war, zum Champagnerglase und Gebäck, von welchem wieder ein Theil in ihre Aermel wanderte. Besonders der gute Sakaï strich sich behaglich den Bauch und that viele neugierige Fragen nach unseren Vornamen, unserem Alter. Den Namen Bunsen aussprechend meinten sie lachend, so hiessen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/378
Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/378>, abgerufen am 22.11.2024.