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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Abstammung.
die staatliche Selbstständigkeit des Reiches dadurch gefährdet schien,
verbannten die Herrscher die schädlichen Gäste, rotteten die keimende
Saat ihrer Lehre mit eiserner Strenge bis auf den letzten Halm aus
und umgaben sich mit einer Mauer, die ein erneutes Eindringen
unmöglich machte. Während das chinesische Reich durch die tar-
tarische Invasion in den tiefsten Verfall gerieth, haben sich die
Japaner nicht nur volle politische Selbstständigkeit, sondern auch
ihre innere Lebenskraft bewahrt. Ihre Nationalität erlangte Festig-
keit und Kraft in mehrtausendjähriger ungestörter Fortbildung, wie
sie kaum ein anderes Volk gehabt hat; das japanische ist zur Race
geworden. Dass sie starr am Alten festhalten und sich in den
Verkehr mit den Westvölkern nicht schicken können, ist natürlich.
Der Japaner ist conservativ und patriotisch, nicht nur die herrschen-
den Stände, die Nachkommen derer, welche die japanische Geschichte
gemacht haben, sondern auch das Volk, das in der eisernen Zeit
der Bürgerkriege in das tiefste Elend versunken war und auch jetzt
noch, bei äusserem Wohlstande und sonst glücklichen Verhältnissen,
in engen Schranken gehalten wird. Japan ist ein durchgebildeter,
wenn auch ein sehr künstlicher Organismus.

Wie sich die erneute Berührung des wenig veränderten
Reiches mit dem im Laufe zweier Jahrhunderte durchaus umgewan-
delten Europa gestalten wird, ist das merkwürdige Problem der
nächsten Jahrzehnte.



Das japanische Volk ist wahrscheinlich ein ureingeborenes,
oder in vorhistorischen Zeiten, vor Bildung der Sprachen ein-
gewandertes. Der Punct ist controvers gewesen: sowohl unter
den europäischen Gelehrten als in Japan hat die Ansicht Anhänger
gefunden, dass die Bevölkerung in historischen Zeiten von China
eingewandert sei; aber die geschichtliche Ueberlieferung, die Sprache
und die Götterlehre liefern den stärksten Beweis für das Ge-
gentheil.

Der Ausgangspunct der japanischen Geschichte ist die Ver-
einigung des Reiches unter Dsin-Mu im Jahre 660 v. Chr. Dieses
Datum halten die Japaner für historisch sicher. Von Dsin-Mu leitet
sich die lange Reihe der Erbkaiser her, deren Geschlecht in ununter-
brochener Folge bis auf den heutigen Tag den Thron der Mikado's
inne gehabt hat. Nun ist selbst aus chinesischen Quellen bewiesen

Abstammung.
die staatliche Selbstständigkeit des Reiches dadurch gefährdet schien,
verbannten die Herrscher die schädlichen Gäste, rotteten die keimende
Saat ihrer Lehre mit eiserner Strenge bis auf den letzten Halm aus
und umgaben sich mit einer Mauer, die ein erneutes Eindringen
unmöglich machte. Während das chinesische Reich durch die tar-
tarische Invasion in den tiefsten Verfall gerieth, haben sich die
Japaner nicht nur volle politische Selbstständigkeit, sondern auch
ihre innere Lebenskraft bewahrt. Ihre Nationalität erlangte Festig-
keit und Kraft in mehrtausendjähriger ungestörter Fortbildung, wie
sie kaum ein anderes Volk gehabt hat; das japanische ist zur Race
geworden. Dass sie starr am Alten festhalten und sich in den
Verkehr mit den Westvölkern nicht schicken können, ist natürlich.
Der Japaner ist conservativ und patriotisch, nicht nur die herrschen-
den Stände, die Nachkommen derer, welche die japanische Geschichte
gemacht haben, sondern auch das Volk, das in der eisernen Zeit
der Bürgerkriege in das tiefste Elend versunken war und auch jetzt
noch, bei äusserem Wohlstande und sonst glücklichen Verhältnissen,
in engen Schranken gehalten wird. Japan ist ein durchgebildeter,
wenn auch ein sehr künstlicher Organismus.

Wie sich die erneute Berührung des wenig veränderten
Reiches mit dem im Laufe zweier Jahrhunderte durchaus umgewan-
delten Europa gestalten wird, ist das merkwürdige Problem der
nächsten Jahrzehnte.



Das japanische Volk ist wahrscheinlich ein ureingeborenes,
oder in vorhistorischen Zeiten, vor Bildung der Sprachen ein-
gewandertes. Der Punct ist controvers gewesen: sowohl unter
den europäischen Gelehrten als in Japan hat die Ansicht Anhänger
gefunden, dass die Bevölkerung in historischen Zeiten von China
eingewandert sei; aber die geschichtliche Ueberlieferung, die Sprache
und die Götterlehre liefern den stärksten Beweis für das Ge-
gentheil.

Der Ausgangspunct der japanischen Geschichte ist die Ver-
einigung des Reiches unter Dsin-Mu im Jahre 660 v. Chr. Dieses
Datum halten die Japaner für historisch sicher. Von Dsin-Mu leitet
sich die lange Reihe der Erbkaiser her, deren Geschlecht in ununter-
brochener Folge bis auf den heutigen Tag den Thron der Mikado’s
inne gehabt hat. Nun ist selbst aus chinesischen Quellen bewiesen

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[11/0041] Abstammung. die staatliche Selbstständigkeit des Reiches dadurch gefährdet schien, verbannten die Herrscher die schädlichen Gäste, rotteten die keimende Saat ihrer Lehre mit eiserner Strenge bis auf den letzten Halm aus und umgaben sich mit einer Mauer, die ein erneutes Eindringen unmöglich machte. Während das chinesische Reich durch die tar- tarische Invasion in den tiefsten Verfall gerieth, haben sich die Japaner nicht nur volle politische Selbstständigkeit, sondern auch ihre innere Lebenskraft bewahrt. Ihre Nationalität erlangte Festig- keit und Kraft in mehrtausendjähriger ungestörter Fortbildung, wie sie kaum ein anderes Volk gehabt hat; das japanische ist zur Race geworden. Dass sie starr am Alten festhalten und sich in den Verkehr mit den Westvölkern nicht schicken können, ist natürlich. Der Japaner ist conservativ und patriotisch, nicht nur die herrschen- den Stände, die Nachkommen derer, welche die japanische Geschichte gemacht haben, sondern auch das Volk, das in der eisernen Zeit der Bürgerkriege in das tiefste Elend versunken war und auch jetzt noch, bei äusserem Wohlstande und sonst glücklichen Verhältnissen, in engen Schranken gehalten wird. Japan ist ein durchgebildeter, wenn auch ein sehr künstlicher Organismus. Wie sich die erneute Berührung des wenig veränderten Reiches mit dem im Laufe zweier Jahrhunderte durchaus umgewan- delten Europa gestalten wird, ist das merkwürdige Problem der nächsten Jahrzehnte. Das japanische Volk ist wahrscheinlich ein ureingeborenes, oder in vorhistorischen Zeiten, vor Bildung der Sprachen ein- gewandertes. Der Punct ist controvers gewesen: sowohl unter den europäischen Gelehrten als in Japan hat die Ansicht Anhänger gefunden, dass die Bevölkerung in historischen Zeiten von China eingewandert sei; aber die geschichtliche Ueberlieferung, die Sprache und die Götterlehre liefern den stärksten Beweis für das Ge- gentheil. Der Ausgangspunct der japanischen Geschichte ist die Ver- einigung des Reiches unter Dsin-Mu im Jahre 660 v. Chr. Dieses Datum halten die Japaner für historisch sicher. Von Dsin-Mu leitet sich die lange Reihe der Erbkaiser her, deren Geschlecht in ununter- brochener Folge bis auf den heutigen Tag den Thron der Mikado’s inne gehabt hat. Nun ist selbst aus chinesischen Quellen bewiesen

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/41>, abgerufen am 21.11.2024.