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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Gemeinden in Miako und Sakai. Die christlichen Fürsten. Nobu-nanga.
so brachten die politischen Wirren diesen oft die bittersten Leiden.
Ihre Häuser und Kirchen wurden zerstört oder gingen in Flammen
auf, und wo der Feind den Sieg behielt, mussten sie den Bonzen
das Feld räumen und retteten oft mit Noth das nackte Leben. --

Nach Miako, wo Franz Xaver vergebens das Christenthum
zu predigen versucht hatte, sandten die Jesuiten auf wiederholtes
Ersuchen eines berühmten alten Buddatheologen im Jahre 1560 den
Pater Gaspar Villela. Seine Reise wurde durch vielfaches Miss-
geschick verzögert und jener gelehrte Priester war unterdess ge-
storben, doch gelang es dem Sendling trotz der Ungunst der übrigen
Bonzen, in Miako und Sakai 66) Gemeinden zu stiften, die schnell
zu grosser Blüthe heranwuchsen. Schon 1564 gab es sieben Kirchen1564.
und Kapellen in den Vorstädten von Miako. -- Das Christenthum
hatte sich um diese Zeit in fast allen Landschaften von Kiusiu
verbreitet; ausser dem Fürsten von Bungo nahmen auch die Herren
von Arima und Omura den Glauben an und wurden eifrige Werk-
zeuge der Bekehrung. Sie verfolgten die Bonzen mit Feuer und
Schwert und befahlen den Bewohnerschaften ganzer Landstriche, bei
Strafe der Verbannung, sich taufen zu lassen; so wurden wiederholt
Massen von Zwanzig- und Dreissigtausenden der Kirche zugeführt.
Auch die nichtchristlichen Landesherren von Kiusiu buhlten förmlich
um die Gunst der Missionare und suchten durch sie den portugie-
sischen Handel in ihre Häfen zu ziehen. Damals gewann Nangasaki,
das, im Gebiete des Fürsten von Omura gelegen, bisher ein elendes
Fischerdorf gewesen war, zuerst Bedeutung, da die Portugiesen es
wegen seines sicheren Hafens zum Hauptstapelplatz ihres Handels
machten. Unter Begünstigung des Landesherrn wuchs diese Stadt
zu blühendem Wohlstande heran und wurde bald auch der Hauptsitz
und Mittelpunct der Jesuitenmission.

Als Nobunanga im Reiche die Oberhand gewann, unterwarfen
sich ihm auch die drei christlichen Fürsten. Ein grausamer Feind
der einheimischen Bonzen, war er den Jesuiten sehr günstig und
beförderte die Verbreitung ihrer Lehre unter dem Volke, ohne sie
selbst annehmen zu wollen, weil, sagen die Missionare, das Christen-
thum der Vergötterung der Herrscher entgegen war, die er für sich
selbst anstrebte. Mehrere von den Grossen seines Hofes liessen
sich taufen; die Missionare konnten jetzt ihre Thätigkeit auch auf

66) Von dieser Stadt, damals einer der grössten und reichsten von Japan, sagt
Villela, sie sei eine Republik und ihre Verfassung ganz der von Venedig ähnlich.

Gemeinden in Miako und Sakaï. Die christlichen Fürsten. Nobu-naṅga.
so brachten die politischen Wirren diesen oft die bittersten Leiden.
Ihre Häuser und Kirchen wurden zerstört oder gingen in Flammen
auf, und wo der Feind den Sieg behielt, mussten sie den Bonzen
das Feld räumen und retteten oft mit Noth das nackte Leben. —

Nach Miako, wo Franz Xaver vergebens das Christenthum
zu predigen versucht hatte, sandten die Jesuiten auf wiederholtes
Ersuchen eines berühmten alten Buddatheologen im Jahre 1560 den
Pater Gaspar Villela. Seine Reise wurde durch vielfaches Miss-
geschick verzögert und jener gelehrte Priester war unterdess ge-
storben, doch gelang es dem Sendling trotz der Ungunst der übrigen
Bonzen, in Miako und Sakaï 66) Gemeinden zu stiften, die schnell
zu grosser Blüthe heranwuchsen. Schon 1564 gab es sieben Kirchen1564.
und Kapellen in den Vorstädten von Miako. — Das Christenthum
hatte sich um diese Zeit in fast allen Landschaften von Kiusiu
verbreitet; ausser dem Fürsten von Buṅgo nahmen auch die Herren
von Arima und Omŭra den Glauben an und wurden eifrige Werk-
zeuge der Bekehrung. Sie verfolgten die Bonzen mit Feuer und
Schwert und befahlen den Bewohnerschaften ganzer Landstriche, bei
Strafe der Verbannung, sich taufen zu lassen; so wurden wiederholt
Massen von Zwanzig- und Dreissigtausenden der Kirche zugeführt.
Auch die nichtchristlichen Landesherren von Kiusiu buhlten förmlich
um die Gunst der Missionare und suchten durch sie den portugie-
sischen Handel in ihre Häfen zu ziehen. Damals gewann Naṅgasaki,
das, im Gebiete des Fürsten von Omŭra gelegen, bisher ein elendes
Fischerdorf gewesen war, zuerst Bedeutung, da die Portugiesen es
wegen seines sicheren Hafens zum Hauptstapelplatz ihres Handels
machten. Unter Begünstigung des Landesherrn wuchs diese Stadt
zu blühendem Wohlstande heran und wurde bald auch der Hauptsitz
und Mittelpunct der Jesuitenmission.

Als Nobunaṅga im Reiche die Oberhand gewann, unterwarfen
sich ihm auch die drei christlichen Fürsten. Ein grausamer Feind
der einheimischen Bonzen, war er den Jesuiten sehr günstig und
beförderte die Verbreitung ihrer Lehre unter dem Volke, ohne sie
selbst annehmen zu wollen, weil, sagen die Missionare, das Christen-
thum der Vergötterung der Herrscher entgegen war, die er für sich
selbst anstrebte. Mehrere von den Grossen seines Hofes liessen
sich taufen; die Missionare konnten jetzt ihre Thätigkeit auch auf

66) Von dieser Stadt, damals einer der grössten und reichsten von Japan, sagt
Villela, sie sei eine Republik und ihre Verfassung ganz der von Venedig ähnlich.
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[57/0087] Gemeinden in Miako und Sakaï. Die christlichen Fürsten. Nobu-naṅga. so brachten die politischen Wirren diesen oft die bittersten Leiden. Ihre Häuser und Kirchen wurden zerstört oder gingen in Flammen auf, und wo der Feind den Sieg behielt, mussten sie den Bonzen das Feld räumen und retteten oft mit Noth das nackte Leben. — Nach Miako, wo Franz Xaver vergebens das Christenthum zu predigen versucht hatte, sandten die Jesuiten auf wiederholtes Ersuchen eines berühmten alten Buddatheologen im Jahre 1560 den Pater Gaspar Villela. Seine Reise wurde durch vielfaches Miss- geschick verzögert und jener gelehrte Priester war unterdess ge- storben, doch gelang es dem Sendling trotz der Ungunst der übrigen Bonzen, in Miako und Sakaï 66) Gemeinden zu stiften, die schnell zu grosser Blüthe heranwuchsen. Schon 1564 gab es sieben Kirchen und Kapellen in den Vorstädten von Miako. — Das Christenthum hatte sich um diese Zeit in fast allen Landschaften von Kiusiu verbreitet; ausser dem Fürsten von Buṅgo nahmen auch die Herren von Arima und Omŭra den Glauben an und wurden eifrige Werk- zeuge der Bekehrung. Sie verfolgten die Bonzen mit Feuer und Schwert und befahlen den Bewohnerschaften ganzer Landstriche, bei Strafe der Verbannung, sich taufen zu lassen; so wurden wiederholt Massen von Zwanzig- und Dreissigtausenden der Kirche zugeführt. Auch die nichtchristlichen Landesherren von Kiusiu buhlten förmlich um die Gunst der Missionare und suchten durch sie den portugie- sischen Handel in ihre Häfen zu ziehen. Damals gewann Naṅgasaki, das, im Gebiete des Fürsten von Omŭra gelegen, bisher ein elendes Fischerdorf gewesen war, zuerst Bedeutung, da die Portugiesen es wegen seines sicheren Hafens zum Hauptstapelplatz ihres Handels machten. Unter Begünstigung des Landesherrn wuchs diese Stadt zu blühendem Wohlstande heran und wurde bald auch der Hauptsitz und Mittelpunct der Jesuitenmission. 1564. Als Nobunaṅga im Reiche die Oberhand gewann, unterwarfen sich ihm auch die drei christlichen Fürsten. Ein grausamer Feind der einheimischen Bonzen, war er den Jesuiten sehr günstig und beförderte die Verbreitung ihrer Lehre unter dem Volke, ohne sie selbst annehmen zu wollen, weil, sagen die Missionare, das Christen- thum der Vergötterung der Herrscher entgegen war, die er für sich selbst anstrebte. Mehrere von den Grossen seines Hofes liessen sich taufen; die Missionare konnten jetzt ihre Thätigkeit auch auf 66) Von dieser Stadt, damals einer der grössten und reichsten von Japan, sagt Villela, sie sei eine Republik und ihre Verfassung ganz der von Venedig ähnlich.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/87>, abgerufen am 18.05.2024.