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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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VII. Seide.

Die japanische Rohseide ist von vorzüglicher Güte und auf
den europäischen Märkten sehr gesucht. Eine der vorzüglichsten
Sorten, welche im Lande selbst theuerer ist als alle anderen, wird aus
dem Gespinnst des wilden Seidenwurmes Antheraea Yama-mayu
(Guerin Meneville) gewonnen, welche von Eichenblättern lebt. Die
erste Notiz von diesem Schmetterling findet sich in einer schon 1848
publicirten Abhandlung des Professor Hoffmann in Leyden über die
Zucht des Maulbeerseidenwurmes, aber erst im Jahre 1861 kamen
Eier davon nach Europa. Seitdem sind in mehreren europäischen
Ländern Zuchtversuche gemacht worden, welche mehr oder minder
günstig ausfielen und in hohem Grade die Aufmerksamkeit aller
Seidenzüchter erregten. Professor Hoffmann hat dem Gegenstande
ein besonderes Interesse zugewendet und ein japanisches Werkchen
übersetzt, das die Behandlung des Yama-mayu sehr genau und aus-
führlich beschreibt; daraus geht hervor dass man in denjenigen
Gegenden Japans, wo diese Zucht betrieben wird, die Eichbäume
rings um die Bauerhöfe und längs der Fusspfade auf den Feldern
pflanzt, um die Entwickelung des Insectes neben den gewöhnlichen
landwirthschaftlichen Beschäftigungen zu überwachen. In einigen
Landschaften soll der Yama-mayu auch wild in den Wäldern leben;
die Bewohner sammeln dort die Cocons von den Bäumen und machen
oft reiche Aernten. Bis jetzt haben die meisten Eiersendungen die
Seereise gut ertragen; die damit angestellten Versuche fielen aber
sehr verschieden aus. Grossen Nutzen hat den Züchtern die von
Professor Hoffmann übersetzte Abhandlung gebracht: von einer in
Holland ganz nach den japanischen Vorschriften behandelten Quan-
tität Raupen gingen nur zwei Procent verloren. Bei uns erzielte
Herr Hofgärtner Fintelmann auf der Pfaueninsel aus japanischen
Graines im Sommer 1864 die grosse Menge von 2602 Eiern; die
Campagne des folgenden Jahres war dagegen ungünstig. Man wird
noch viele Erfahrungen machen und vielleicht lange Zeit jahraus
jahrein Graines importiren müssen, wofür in mehreren Ländern
Europa's Sorge getragen wird. Die preussische Regierung hat durch
Vermittelung ihrer Consuln schon einige Sendungen kommen lassen,
auch theilte Professor Hoffmann den deutschen Züchtern von den
ihm übersandten sehr gut conservirten Eiern wiederholt ansehnliche
Quantitäten mit. Man erwartet günstige Resultate von der Kreuzung
solcher Schmetterlinge, die aus in Europa erzielten Eiern ausgekrochen
sind, mit solchen, die von importirten Graines herstammen. Da jetzt

VII. Seide.

Die japanische Rohseide ist von vorzüglicher Güte und auf
den europäischen Märkten sehr gesucht. Eine der vorzüglichsten
Sorten, welche im Lande selbst theuerer ist als alle anderen, wird aus
dem Gespinnst des wilden Seidenwurmes Antheraea Yama-mayu
(Guérin Méneville) gewonnen, welche von Eichenblättern lebt. Die
erste Notiz von diesem Schmetterling findet sich in einer schon 1848
publicirten Abhandlung des Professor Hoffmann in Leyden über die
Zucht des Maulbeerseidenwurmes, aber erst im Jahre 1861 kamen
Eier davon nach Europa. Seitdem sind in mehreren europäischen
Ländern Zuchtversuche gemacht worden, welche mehr oder minder
günstig ausfielen und in hohem Grade die Aufmerksamkeit aller
Seidenzüchter erregten. Professor Hoffmann hat dem Gegenstande
ein besonderes Interesse zugewendet und ein japanisches Werkchen
übersetzt, das die Behandlung des Yama-mayu sehr genau und aus-
führlich beschreibt; daraus geht hervor dass man in denjenigen
Gegenden Japans, wo diese Zucht betrieben wird, die Eichbäume
rings um die Bauerhöfe und längs der Fusspfade auf den Feldern
pflanzt, um die Entwickelung des Insectes neben den gewöhnlichen
landwirthschaftlichen Beschäftigungen zu überwachen. In einigen
Landschaften soll der Yama-mayu auch wild in den Wäldern leben;
die Bewohner sammeln dort die Cocons von den Bäumen und machen
oft reiche Aernten. Bis jetzt haben die meisten Eiersendungen die
Seereise gut ertragen; die damit angestellten Versuche fielen aber
sehr verschieden aus. Grossen Nutzen hat den Züchtern die von
Professor Hoffmann übersetzte Abhandlung gebracht: von einer in
Holland ganz nach den japanischen Vorschriften behandelten Quan-
tität Raupen gingen nur zwei Procent verloren. Bei uns erzielte
Herr Hofgärtner Fintelmann auf der Pfaueninsel aus japanischen
Graines im Sommer 1864 die grosse Menge von 2602 Eiern; die
Campagne des folgenden Jahres war dagegen ungünstig. Man wird
noch viele Erfahrungen machen und vielleicht lange Zeit jahraus
jahrein Graines importiren müssen, wofür in mehreren Ländern
Europa’s Sorge getragen wird. Die preussische Regierung hat durch
Vermittelung ihrer Consuln schon einige Sendungen kommen lassen,
auch theilte Professor Hoffmann den deutschen Züchtern von den
ihm übersandten sehr gut conservirten Eiern wiederholt ansehnliche
Quantitäten mit. Man erwartet günstige Resultate von der Kreuzung
solcher Schmetterlinge, die aus in Europa erzielten Eiern ausgekrochen
sind, mit solchen, die von importirten Graines herstammen. Da jetzt

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[85/0105] VII. Seide. Die japanische Rohseide ist von vorzüglicher Güte und auf den europäischen Märkten sehr gesucht. Eine der vorzüglichsten Sorten, welche im Lande selbst theuerer ist als alle anderen, wird aus dem Gespinnst des wilden Seidenwurmes Antheraea Yama-mayu (Guérin Méneville) gewonnen, welche von Eichenblättern lebt. Die erste Notiz von diesem Schmetterling findet sich in einer schon 1848 publicirten Abhandlung des Professor Hoffmann in Leyden über die Zucht des Maulbeerseidenwurmes, aber erst im Jahre 1861 kamen Eier davon nach Europa. Seitdem sind in mehreren europäischen Ländern Zuchtversuche gemacht worden, welche mehr oder minder günstig ausfielen und in hohem Grade die Aufmerksamkeit aller Seidenzüchter erregten. Professor Hoffmann hat dem Gegenstande ein besonderes Interesse zugewendet und ein japanisches Werkchen übersetzt, das die Behandlung des Yama-mayu sehr genau und aus- führlich beschreibt; daraus geht hervor dass man in denjenigen Gegenden Japans, wo diese Zucht betrieben wird, die Eichbäume rings um die Bauerhöfe und längs der Fusspfade auf den Feldern pflanzt, um die Entwickelung des Insectes neben den gewöhnlichen landwirthschaftlichen Beschäftigungen zu überwachen. In einigen Landschaften soll der Yama-mayu auch wild in den Wäldern leben; die Bewohner sammeln dort die Cocons von den Bäumen und machen oft reiche Aernten. Bis jetzt haben die meisten Eiersendungen die Seereise gut ertragen; die damit angestellten Versuche fielen aber sehr verschieden aus. Grossen Nutzen hat den Züchtern die von Professor Hoffmann übersetzte Abhandlung gebracht: von einer in Holland ganz nach den japanischen Vorschriften behandelten Quan- tität Raupen gingen nur zwei Procent verloren. Bei uns erzielte Herr Hofgärtner Fintelmann auf der Pfaueninsel aus japanischen Graines im Sommer 1864 die grosse Menge von 2602 Eiern; die Campagne des folgenden Jahres war dagegen ungünstig. Man wird noch viele Erfahrungen machen und vielleicht lange Zeit jahraus jahrein Graines importiren müssen, wofür in mehreren Ländern Europa’s Sorge getragen wird. Die preussische Regierung hat durch Vermittelung ihrer Consuln schon einige Sendungen kommen lassen, auch theilte Professor Hoffmann den deutschen Züchtern von den ihm übersandten sehr gut conservirten Eiern wiederholt ansehnliche Quantitäten mit. Man erwartet günstige Resultate von der Kreuzung solcher Schmetterlinge, die aus in Europa erzielten Eiern ausgekrochen sind, mit solchen, die von importirten Graines herstammen. Da jetzt

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/105>, abgerufen am 24.11.2024.