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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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VII. Der 19. November. Feuer in To-dzen-dzi.
Hänge waren mit Zuschauern dicht besetzt. Der Zug gruppirte sich
innerhalb des das Denkmal einschliessenden Bretterzaunes um die
daneben aufgepflanzte russische Flagge, zunächst die Diplomaten
und Officiere, ringsherum die Mannschaften, in Linie aufgestellt.
Der Geistliche des preussischen Geschwaders, Prediger Kreyher,
hielt eine Ansprache an die Versammlung und gab dem Denkmal
die christliche Weihe; die Mannschaften präsentirten, und die Flaggen
wurden unter den Klängen der russischen Hymne über die Gräber
gesenkt. Darauf ermahnte noch Herr von Bellecourt in kurzer Anrede
die Ansiedler von Yokuhama zur Geduld und strengen Beobachtung
der Gesetze, damit man vom Vaterlande aus mit um so grösserem
Nachdruck gegen die hier verübten Unbilden auftreten könne, und
zum Schluss dankte Capitän Vyse für die allgemeine Theilnahme. --
Die ganze Feier verlief ernst und würdig und schien diesen Eindruck
auch auf die Japaner zu machen, die ihr in ruhiger angemessener
Haltung beiwohnten.

In Akabane wurde der 19. November, als Namenstag Ihrer
Majestät der Königin Elisabeth, durch ein festliches Mal gefeiert,
zu welchem der Gesandte alle in Yeddo anwesenden Mitglieder der
Expedition an seiner Tafel vereinigte. Während hier die Gläser auf
das Wohl der erhabenen Frau erklangen, war die englische Gesandt-
schaft ein Ort des Schreckens und der Verwirrung. Herr Alcock
hatte in seinem geräumigen Esszimmer einen mitgebrachten eisernen
Ofen setzen und dessen metallenen Rauchfang durch den hölzernen
Plafond und das Dach leiten lassen; die Hausdiener heizten über-
mässig, das Rohr gerieth in Gluth und entzündete die leichte Holz-
decke. Da niemand in das Zimmer kam, so ertönte der Alarmruf
erst, als gegen sechs Uhr der getäfelte Plafond und die Dachsparren
in hellen Flammen standen; das ganze aus dem brennbarsten Kiefern-
holz und Papierwänden bestehende Gebäude schien dem Untergange
geweiht. Aber die japanische Dienerschaft und die Yakunine der
Wache griffen rasch zu; auf den Klang der grossen Tempelglocke
kam auch der Ottona des Viertels mit den Löschmannschaften und
ein vom Gesandten vielfach in Nahrung gesetzter Tischler der Nach-
barschaft mit allen seinen Leuten herbei. Der Eifer war, nach Aussage
der Engländer, grösser als die Besonnenheit der Löschenden; es ging
wild durcheinander, man warf die Ziegel vom Dach und machte dem
Feuer Luft statt es zu ersticken. Zum Glück liegt neben dem Gebäude
ein Teich, so dass die Spritzen in Gang bleiben konnten; man be-

VII. Der 19. November. Feuer in To-džen-dži.
Hänge waren mit Zuschauern dicht besetzt. Der Zug gruppirte sich
innerhalb des das Denkmal einschliessenden Bretterzaunes um die
daneben aufgepflanzte russische Flagge, zunächst die Diplomaten
und Officiere, ringsherum die Mannschaften, in Linie aufgestellt.
Der Geistliche des preussischen Geschwaders, Prediger Kreyher,
hielt eine Ansprache an die Versammlung und gab dem Denkmal
die christliche Weihe; die Mannschaften präsentirten, und die Flaggen
wurden unter den Klängen der russischen Hymne über die Gräber
gesenkt. Darauf ermahnte noch Herr von Bellecourt in kurzer Anrede
die Ansiedler von Yokuhama zur Geduld und strengen Beobachtung
der Gesetze, damit man vom Vaterlande aus mit um so grösserem
Nachdruck gegen die hier verübten Unbilden auftreten könne, und
zum Schluss dankte Capitän Vyse für die allgemeine Theilnahme. —
Die ganze Feier verlief ernst und würdig und schien diesen Eindruck
auch auf die Japaner zu machen, die ihr in ruhiger angemessener
Haltung beiwohnten.

In Akabane wurde der 19. November, als Namenstag Ihrer
Majestät der Königin Elisabeth, durch ein festliches Mal gefeiert,
zu welchem der Gesandte alle in Yeddo anwesenden Mitglieder der
Expedition an seiner Tafel vereinigte. Während hier die Gläser auf
das Wohl der erhabenen Frau erklangen, war die englische Gesandt-
schaft ein Ort des Schreckens und der Verwirrung. Herr Alcock
hatte in seinem geräumigen Esszimmer einen mitgebrachten eisernen
Ofen setzen und dessen metallenen Rauchfang durch den hölzernen
Plafond und das Dach leiten lassen; die Hausdiener heizten über-
mässig, das Rohr gerieth in Gluth und entzündete die leichte Holz-
decke. Da niemand in das Zimmer kam, so ertönte der Alarmruf
erst, als gegen sechs Uhr der getäfelte Plafond und die Dachsparren
in hellen Flammen standen; das ganze aus dem brennbarsten Kiefern-
holz und Papierwänden bestehende Gebäude schien dem Untergange
geweiht. Aber die japanische Dienerschaft und die Yakunine der
Wache griffen rasch zu; auf den Klang der grossen Tempelglocke
kam auch der Ottona des Viertels mit den Löschmannschaften und
ein vom Gesandten vielfach in Nahrung gesetzter Tischler der Nach-
barschaft mit allen seinen Leuten herbei. Der Eifer war, nach Aussage
der Engländer, grösser als die Besonnenheit der Löschenden; es ging
wild durcheinander, man warf die Ziegel vom Dach und machte dem
Feuer Luft statt es zu ersticken. Zum Glück liegt neben dem Gebäude
ein Teich, so dass die Spritzen in Gang bleiben konnten; man be-

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[93/0113] VII. Der 19. November. Feuer in To-džen-dži. Hänge waren mit Zuschauern dicht besetzt. Der Zug gruppirte sich innerhalb des das Denkmal einschliessenden Bretterzaunes um die daneben aufgepflanzte russische Flagge, zunächst die Diplomaten und Officiere, ringsherum die Mannschaften, in Linie aufgestellt. Der Geistliche des preussischen Geschwaders, Prediger Kreyher, hielt eine Ansprache an die Versammlung und gab dem Denkmal die christliche Weihe; die Mannschaften präsentirten, und die Flaggen wurden unter den Klängen der russischen Hymne über die Gräber gesenkt. Darauf ermahnte noch Herr von Bellecourt in kurzer Anrede die Ansiedler von Yokuhama zur Geduld und strengen Beobachtung der Gesetze, damit man vom Vaterlande aus mit um so grösserem Nachdruck gegen die hier verübten Unbilden auftreten könne, und zum Schluss dankte Capitän Vyse für die allgemeine Theilnahme. — Die ganze Feier verlief ernst und würdig und schien diesen Eindruck auch auf die Japaner zu machen, die ihr in ruhiger angemessener Haltung beiwohnten. In Akabane wurde der 19. November, als Namenstag Ihrer Majestät der Königin Elisabeth, durch ein festliches Mal gefeiert, zu welchem der Gesandte alle in Yeddo anwesenden Mitglieder der Expedition an seiner Tafel vereinigte. Während hier die Gläser auf das Wohl der erhabenen Frau erklangen, war die englische Gesandt- schaft ein Ort des Schreckens und der Verwirrung. Herr Alcock hatte in seinem geräumigen Esszimmer einen mitgebrachten eisernen Ofen setzen und dessen metallenen Rauchfang durch den hölzernen Plafond und das Dach leiten lassen; die Hausdiener heizten über- mässig, das Rohr gerieth in Gluth und entzündete die leichte Holz- decke. Da niemand in das Zimmer kam, so ertönte der Alarmruf erst, als gegen sechs Uhr der getäfelte Plafond und die Dachsparren in hellen Flammen standen; das ganze aus dem brennbarsten Kiefern- holz und Papierwänden bestehende Gebäude schien dem Untergange geweiht. Aber die japanische Dienerschaft und die Yakunine der Wache griffen rasch zu; auf den Klang der grossen Tempelglocke kam auch der Ottona des Viertels mit den Löschmannschaften und ein vom Gesandten vielfach in Nahrung gesetzter Tischler der Nach- barschaft mit allen seinen Leuten herbei. Der Eifer war, nach Aussage der Engländer, grösser als die Besonnenheit der Löschenden; es ging wild durcheinander, man warf die Ziegel vom Dach und machte dem Feuer Luft statt es zu ersticken. Zum Glück liegt neben dem Gebäude ein Teich, so dass die Spritzen in Gang bleiben konnten; man be-

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/113>, abgerufen am 24.11.2024.