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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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VII. Ausschreitungen der Ansiedler.
er sich von diesen getrennt hatte, auf dem Felde von Polizei-
beamten verhaftet. Man nahm ihm das Gewehr ab, band ihm die
Hände auf den Rücken und packte ihn in eine Sänfte, deren Träger
den Weg nach der Stadt einschlugen. Auf der Landstrasse be-
gegneten ihm aber zufällig seine Jagdgefährten, die sogleich über
die Häscher herfielen, ihn mit Gewalt aus deren Händen befreiten
und im Triumph nach Hause führten.

Deutsche hatten damals überhaupt kein Recht in Japan zu
wohnen und wurden von der Landesregierung nur bis auf Weiteres
geduldet; trotzdem benahmen sich einige -- und Kaufleute anderer
Nationen nicht minder -- fast wie ein übermüthiger Feind im eroberten
Lande; sie pflegten mit verhängtem Zügel durch die Strassen von
Yokuhama zu jagen als ob ihnen die Stadt gehörte, behandelten die
einheimischen Beamten mit vornehmer Verachtung, und brüsquirten
alle Sitten und Gewohnheiten des Landes. Natürlich sollten die
Consuln und Gesandten ihre eingebildeten Rechte überall gegen die
einheimischen Behörden vertreten, ihnen die angemaasste Stellung
mit Nachdruck vindiciren. -- Waren es auch nur wenige aus der
Zahl der Ansiedler, auf welche diese Beschreibung in allen Stücken
passt, so muss man doch leider gestehen, dass deren Betragen von
der grossen Mehrzahl contenancirt wurde; der hochfahrende Ton
war allgemein und unter den obwaltenden Umständen durchaus
unangemessen. Statt den aussergewöhnlichen Verhältnissen der
Erschliessung eines seit über zweihundert Jahren gesperrten Landes
Rechnung zu tragen, statt im Einverständniss mit den Diplomaten
durch kluges rücksichtsvolles Verhalten sich allmälich die richtige
Stellung zu verschaffen und den Verträgen eine sichere Zukunft zu
bereiten, sprach man den Gesetzen des Landes Hohn. Es war all-
gemein bekannt, dass die Jagd in einem Umkreise von zehn Li
um die Hauptstadt -- Kanagava und Yokuhama liegen in diesem
Rayon -- Regal des Taikun ist, und dass jeder Japaner, der dort
das Waidwerk triebe, ohne Umstände hingerichtet würde. Die
Fremden aber jagten weit und breit, ohne auch nur die Landbesitzer
um Erlaubniss zu fragen. Die japanischen Behörden richteten ihren
Einspruch zunächst an die Consuln, welche ihren Schutzbefohlenen
das Jagdverbot wiederholt bekannt machten; man fand das aber in
der Ansiedelung nur lächerlich und verspottete laut die Schwäche
der Diplomaten. Hatten diese nun kein wirksames Mittel gegen die
Willkür ihrer Landsleute in Händen, so musste die japanische

VII. Ausschreitungen der Ansiedler.
er sich von diesen getrennt hatte, auf dem Felde von Polizei-
beamten verhaftet. Man nahm ihm das Gewehr ab, band ihm die
Hände auf den Rücken und packte ihn in eine Sänfte, deren Träger
den Weg nach der Stadt einschlugen. Auf der Landstrasse be-
gegneten ihm aber zufällig seine Jagdgefährten, die sogleich über
die Häscher herfielen, ihn mit Gewalt aus deren Händen befreiten
und im Triumph nach Hause führten.

Deutsche hatten damals überhaupt kein Recht in Japan zu
wohnen und wurden von der Landesregierung nur bis auf Weiteres
geduldet; trotzdem benahmen sich einige — und Kaufleute anderer
Nationen nicht minder — fast wie ein übermüthiger Feind im eroberten
Lande; sie pflegten mit verhängtem Zügel durch die Strassen von
Yokuhama zu jagen als ob ihnen die Stadt gehörte, behandelten die
einheimischen Beamten mit vornehmer Verachtung, und brüsquirten
alle Sitten und Gewohnheiten des Landes. Natürlich sollten die
Consuln und Gesandten ihre eingebildeten Rechte überall gegen die
einheimischen Behörden vertreten, ihnen die angemaasste Stellung
mit Nachdruck vindiciren. — Waren es auch nur wenige aus der
Zahl der Ansiedler, auf welche diese Beschreibung in allen Stücken
passt, so muss man doch leider gestehen, dass deren Betragen von
der grossen Mehrzahl contenancirt wurde; der hochfahrende Ton
war allgemein und unter den obwaltenden Umständen durchaus
unangemessen. Statt den aussergewöhnlichen Verhältnissen der
Erschliessung eines seit über zweihundert Jahren gesperrten Landes
Rechnung zu tragen, statt im Einverständniss mit den Diplomaten
durch kluges rücksichtsvolles Verhalten sich allmälich die richtige
Stellung zu verschaffen und den Verträgen eine sichere Zukunft zu
bereiten, sprach man den Gesetzen des Landes Hohn. Es war all-
gemein bekannt, dass die Jagd in einem Umkreise von zehn Li
um die Hauptstadt — Kanagava und Yokuhama liegen in diesem
Rayon — Regal des Taïkūn ist, und dass jeder Japaner, der dort
das Waidwerk triebe, ohne Umstände hingerichtet würde. Die
Fremden aber jagten weit und breit, ohne auch nur die Landbesitzer
um Erlaubniss zu fragen. Die japanischen Behörden richteten ihren
Einspruch zunächst an die Consuln, welche ihren Schutzbefohlenen
das Jagdverbot wiederholt bekannt machten; man fand das aber in
der Ansiedelung nur lächerlich und verspottete laut die Schwäche
der Diplomaten. Hatten diese nun kein wirksames Mittel gegen die
Willkür ihrer Landsleute in Händen, so musste die japanische

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[95/0115] VII. Ausschreitungen der Ansiedler. er sich von diesen getrennt hatte, auf dem Felde von Polizei- beamten verhaftet. Man nahm ihm das Gewehr ab, band ihm die Hände auf den Rücken und packte ihn in eine Sänfte, deren Träger den Weg nach der Stadt einschlugen. Auf der Landstrasse be- gegneten ihm aber zufällig seine Jagdgefährten, die sogleich über die Häscher herfielen, ihn mit Gewalt aus deren Händen befreiten und im Triumph nach Hause führten. Deutsche hatten damals überhaupt kein Recht in Japan zu wohnen und wurden von der Landesregierung nur bis auf Weiteres geduldet; trotzdem benahmen sich einige — und Kaufleute anderer Nationen nicht minder — fast wie ein übermüthiger Feind im eroberten Lande; sie pflegten mit verhängtem Zügel durch die Strassen von Yokuhama zu jagen als ob ihnen die Stadt gehörte, behandelten die einheimischen Beamten mit vornehmer Verachtung, und brüsquirten alle Sitten und Gewohnheiten des Landes. Natürlich sollten die Consuln und Gesandten ihre eingebildeten Rechte überall gegen die einheimischen Behörden vertreten, ihnen die angemaasste Stellung mit Nachdruck vindiciren. — Waren es auch nur wenige aus der Zahl der Ansiedler, auf welche diese Beschreibung in allen Stücken passt, so muss man doch leider gestehen, dass deren Betragen von der grossen Mehrzahl contenancirt wurde; der hochfahrende Ton war allgemein und unter den obwaltenden Umständen durchaus unangemessen. Statt den aussergewöhnlichen Verhältnissen der Erschliessung eines seit über zweihundert Jahren gesperrten Landes Rechnung zu tragen, statt im Einverständniss mit den Diplomaten durch kluges rücksichtsvolles Verhalten sich allmälich die richtige Stellung zu verschaffen und den Verträgen eine sichere Zukunft zu bereiten, sprach man den Gesetzen des Landes Hohn. Es war all- gemein bekannt, dass die Jagd in einem Umkreise von zehn Li um die Hauptstadt — Kanagava und Yokuhama liegen in diesem Rayon — Regal des Taïkūn ist, und dass jeder Japaner, der dort das Waidwerk triebe, ohne Umstände hingerichtet würde. Die Fremden aber jagten weit und breit, ohne auch nur die Landbesitzer um Erlaubniss zu fragen. Die japanischen Behörden richteten ihren Einspruch zunächst an die Consuln, welche ihren Schutzbefohlenen das Jagdverbot wiederholt bekannt machten; man fand das aber in der Ansiedelung nur lächerlich und verspottete laut die Schwäche der Diplomaten. Hatten diese nun kein wirksames Mittel gegen die Willkür ihrer Landsleute in Händen, so musste die japanische

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/115>, abgerufen am 24.11.2024.